Neue Unternehmen auf meist etablierten Märkten sind alles andere als auf Rosen gebettet. Es geht immer wieder um die gleichen Hürden: Es fehlen die passenden Vertriebskanäle für das Geschäftsmodell, und das nötige Kapital fehlt fast immer auch. Die grossen Player sind oft nicht der richtige Anker. Warum kann man nicht bei KMU-Verantwortlichen an die Türe klopfen? Jetzt gibt es eine Plattform, die beide Parteien zusammenbringt.
Wenn man hier in der Schweiz sich umschaut, wer gerade im Start-up-Bereich bei Wettbewerben ganz vorne ist, dann sind dort oft Fintechs, Biotechs und ICT zu
finden. Wo werden aus Ihrer Sicht Start-ups in erster Linie gegründet und wie sieht aktuell die Situation in den unterschiedlichen Branchen aus?
Zunächst gilt es zu betonen, dass die Corona-Krise es nicht unbedingt einfacher gemacht hat, eine Gründung zu vollziehen. Meistens fehlt schon das Geld zur Grundsteinlegung
der Gründung, sprich in der ersten Phase. Hier finanzielle Mittel zu akquirieren, ist schon sehr schwierig geworden. Das Bild ist aber sehr unterschiedlich. Es kommt darauf an, in welche Branche man schaut. Da gibt es verschiedene Kernbereiche mit teilweise drastischen Veränderungen, die wir auch verfolgen. Die klassische Versicherungswirtschaft
kämpft. Demgegenüber gibt es einige erfolgreiche Fintechs. Die Automobilbranche steht vor disruptiven Veränderungen. Der klassische Verbrennungsmotor mit seinen Zulieferern verliert in den nächsten Jahren drastisch an Bedeutung. Demgegenüber werden Antriebslösungen mit Biotreibstoffen und Wasserstoff auf den Markt kommen. Die E-Mobilität gewinnt auch mit staatlichen Subventionen an Bedeutung. Wenn man jetzt mit dem richtigen Produkt auf den Markt kommt, welches die dringend notwendige Ladestation-Infrastruktur fördert, kann es mit einer Neugründung funktionieren. Allgemein bilden diese Bereiche einen grossen Prozentsatz der Startups ab, die bei uns auf der Plattform zu finden sind. Bei den Themen Food oder Lifestyle sieht es eher düster aus. Da war vieles geplant und vieles ist gescheitert – leider. Wenn man sich auf den Start-up-
Monitor 2020 für Deutschland bezieht, liegen wir bei den Themen Information und
Kommunikation bei 31,8 Prozent, dagegen stehen Ernährung und Konsum bei 10,7 Prozent, mit abnehmender Tendenz. Corona wirkt ja wie ein Brennglas und verstärkt schon vorhandene Tendenzen und Strukturbrüche. Es gibt aber auch positive Überraschungen. So steigen die Zahlen bei der Logistik.
welchem Rahmen finden die Neugründungen statt? In der Schweiz kommen die erfolgreichen Neugründungen aus Spin-offs von renommierten Universitäten – wie etwa der ETH Zürich.
Dazu kommen die Gründerzentren im Rahmen einer Standortförderung, die von staatlicher Seite forciert werden. Um eben ganz bewusst junge Menschen schnell in die Selbstständigkeit reinzubekommen, damit sie dann auch auf eigenen Beinen stehen können. Wir können solche staatlichen «Speed»-Förderungen in jeder grösseren Stadt beobachten. Daneben halten sich grosse Unternehmen auch Start-up-Zentren auf ihrem eigenen Firmengelände. Die Commerzbank in Frankfurt ist hier ein Beispiel. Trotzdem haben wir an Kraft verloren. Vor 20 Jahren waren wir in der DACHRegion Innovationstreiber und weltweite Spitze im Erlangen von Patenten. Heute sind wir im Ranking drastisch zurückgefallen. In der Automobilbranche kann man dies beobachten. Tesla steht wie ein Menetekel an der Wand. Jetzt reagiert die Branche. Alles, was beim Thema Start-ups
wichtig ist, gilt es irgendwie, in die Automobilbranche zu integrieren, damit Tesla oder die chinesischen Akteure hier nicht mehr zum Zug kommen. Aus diesem Grund finde ich es durchaus spannend, was sich da in den nächsten Jahren tun wird.
Wir sind ja in unterschiedlichen Branchen oft in der Situation, Märkte vorzufinden, die nach dem Strickmuster «The Winner takes it all» aufgestellt
sind. Das Gerede von der Marktwirtschaft, bei der jeder zum Zug kommen kann, wenn er sich anstrengt, ist für mich Ideologie. Ja, es gibt oft ein paar neue Unternehmen und ein paar fallen raus, aber im Grunde genommen ist das eine sehr eingefahrene Struktur. Oftmals ist es ja so, dass es auf das Kapital ankommt, um überhaupt Vertriebskanäle bedienen zu können. Es braucht starke Partner, die man am Anfang oft nicht hat.
Ja, die Situation ist alles andere als einfach. Selbst wenn die eigene Idee innovativ ist und gut umgesetzt wird, muss noch der erste Prototyp und jede darauffolgende Testschleife finanziert werden. Und um erfolgreich zu verkaufen, benötigen Start-ups Kontakte in den Markt und Absatzmöglichkeiten. Als junges Unternehmen oder gar als Einzelunternehmer fehlen häufig die Ressourcen und das Wissen, um eine solide Vertriebs-Pipeline aufzubauen.
Start-ups sind auf starke Partner angewiesen, um an Wagniskapital zu gelangen und um möglichst bald profitabel zu werden. Meistens fällt der Blick dann auf die grossen deutschen Börsen-Unternehmen. Hohe Budgets und die vielen Kontakte der Konzerne versprechen einen schnellen Erfolg. Dennoch beklagen zwei Drittel aller Start-ups, dass zu wenig Venture Capital für sie vorhanden sei. In der Schweiz dürfte das nicht viel anders sein.
Start-ups suchen händeringend Sales, Netzwerke und Kapital. Doch warten viele Gründer lieber jahrelang, bis sie bei einem Konzern pitchen dürfen, als dass sie sich mit KMU- Verantwortlichen zusammentun, der den Löwenanteil der Wirtschaft in der DACH-Region aus ausmacht.
Und jetzt kommt Ihre Lösung zum Zug. Wie kommen eigentlich bei Ihnen KMU-Verantwortungsträger und Start-ups zusammen?
Auf der SalsUp-Plattform finden Start-ups Lösungen für ihre beiden grössten Herausforderungen: Vertrieb und Kapitalbeschaffung. Mittelständler und Start-ups
durchlaufen ein Onboarding mit Fragen, um sich auf der Plattform anzumelden. Danach besitzen beide Parteien ein Profil auf SalsUp und können einander sehen. Um immer den richtigen Gegenpart zu finden, ermöglichen Selektionen das schnelle Finden eines passenden Treffers. Neben dem Start-up-Profil gibt es auch die Möglichkeit, ein Produkt direkt als Angebot einzustellen. Unternehmen können so auch gezielt nach einem Produkt
suchen oder – sollten sie nicht fündig werden – ein Produkt-Gesuch einstellen. Etablierte KMU und Start-ups finden auf einem digitalen Marktplatz zusammen, um innovative Ideen schnell und nachhaltig an den Markt zu bringen. Wir holen den Unternehmensverantwortlichen direkt, schnell und mit klarem Mehrwert ab. Das ist unsere Aufgabe.
Was heisst hier schnell und direkt?
Lassen Sie uns konkret auf Ihre Plattform springen. Ich kann zum Beispiel per App von meinem Sofa aus agieren und schauen, was es für neue Start-ups gibt. Dann achten wir zum Beispiel auf einen vollständigen Onboarding-Prozess. Wer sein Profil gut füllt, steht
im Suchprozess auf der anderen Seite gut da. Aus. Das ist dann wie ein Live-Pitch über 24 Stunden, jeden Tag. Dazwischen stehen nicht irgendwelche Consultants oder Plattformen, die teuer sind. Zudem können sich Start-ups bei uns auch untereinander austauschen und netzwerken.
Können Sie uns das bitte an einem konkreteren Beispiel verdeutlichen?
Ein Unternehmen registriert sich, gibt auch ein paar Informationen von sich preis, der
Verantwortliche hat dann viele Möglichkeiten zu filtern, nach was er sucht, er hat aber auch die Möglichkeit, sich einfach inspirieren zu lassen. Zusätzlich gibt es noch eine dritte Möglichkeit, falls er nicht fündig werden sollte, kann er ein Gesuch einstellen. Er kann also nach Unternehmen oder auch nach Produkten suchen, das ist sehr wichtig, da ja das Produkt den zentralen Punkt darstellt. Wenn er fündig wird, kann er eine Kontaktanfrage senden – in die andere Richtung ist das nicht möglich. Das heisst, bei uns hat das Start-up lediglich die Aufgabe, sich bestmöglich zu präsentieren. Es bekommt dann automatisch Anfragen und muss nicht so wie üblich viel pitchen und Anrufe tätigen. Wir drehen die Situation um, eben auch um den Unternehmer zu schützen. Ansonsten sind die Start-ups sehr aktiv und das KMU vielleicht schnell überfordert. Es geht folglich exklusiv um den Unternehmer. Das Start-up hat dann die Möglichkeit, die Kontaktanfrage anzunehmen
oder auch abzulehnen. Dann treten die beiden das erste Mal in Kontakt. Ab diesem Zeitpunkt klinken wir uns aus dem Prozess aus. Jetzt können beide Parteien ihre Zusammenarbeit völlig frei definieren. Wir begleiten die Unternehmer gerne, wir sind ein
Ansprechpartner, aber in dem, was sie tun, sind sie völlig freigestellt.
Wie sieht dann eigentlich Ihr Businessmodell aus? Mit was verdienen Sie dabei
Geld?
Wir bekommen das Geld über die Mitgliedschaften. Wir wollten bewusst keine Plattform
mit irgendwelchen Provisionen oder Sonderdeals betreiben. Der KMU-Verantwortliche bezahlt einen spezifischen Beitrag. Das funktioniert gestaffelt je nach Umsatz des Unternehmens. Alternativ bieten wir auch ein Bezahlmodell pro Login für Unternehmen an. Wir bezeichnen uns gerne als externe Innovationsabteilung. Die Verantwortungsträger können so den Aufbau und Ausbau der eigenen Innovationsabteilung unterstützen und vorantreiben. Die Dienstleistung ist ganz einfach, man muss nicht lange suchen. Es gibt die Möglichkeit, dass der KMU-Verantwortliche einen SalsUp Scout bucht und dieser Scout steuert für den KMU-Verantwortlichen beispielsweise spezielle Suchanfragen oder Themen nochmal ein. Das sind alles Themengebiete, die werden von den KMU-Verantwortlichen bezahlt und daher ist dann auch unsere finanzielle Grundlage gegeben.
Wie sehen Sie denn bei Ihrer Plattform die Differenzierung?
Was uns differenziert, ist die rein digitale Aufstellung. Man muss keinen Kontakt zu uns
haben, wenn man das nicht will. Bei anderen Plattformen ist das Thema Daten und Suche
oft im Hintergrund und man bekommt erst wirklich Einblicke, wenn man einen Vertrag
abgeschlossen hat. Bei uns stehen Daten im Vordergrund, inzwischen sind über
156’000 Start-ups mit detaillierten Angaben auf der Plattform gelistet. Viele andere sind
eben stark auf das klassische Consulting ausgelegt. Es gibt auch diejenigen, die sehr auf Events fokussiert sind, aber der persönliche Kontakt bringt eben auch immer Einschränkungen mit sich. Man muss zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort
sein oder irgendwo teilnehmen. Bei uns funktioniert das alles digital, gerade während der Corona-Pandemie ein grosser Vorteil. Zudem haben wir ein breites Netzwerk an Partnern aufgebaut, zu denen unter anderem Verbände, Gründerzentren, Hochschulen und andere Institutionen zählen. Diesen Partnern stellen wir SalsUp als White-Label-Lösung zur Verfügung. Sie profitieren damit von einem exklusiven Netzwerk für ihre Mitglieder,
Unternehmen, Start-ups und Alumni und haben dennoch Zugriff auf die gesamte SalsUp-Datenbank. Dadurch können sie ihren Wirkungskreis deutlich ausweiten. Natürlich bringt dieses breite Netzwerk auch wiederum jedem KMU, das SalsUp nutzt, entscheidende Vorteile.
Sie sind aber momentan sozusagen selbst noch ein Start-up, die Gründung
war Anfang des Jahres, richtig?
Ja, wir sind ein reines Start-up, gegründet Mitte Februar, mit dem Go Live am 3. Juni
diesen Jahres. Wir definieren uns als Startup nur mit der Idee, Unternehmen optimal
zusammenzubringen. Inzwischen wurden wir mit 3.8 Millionen Euro bewertet, darauf
sind wir sehr stolz – so kurz nach der Gründung und trotz der Corona-Krise.