Wegen der Corona-Pandemie mussten in der Schweiz zahlreiche Messe-Veranstaltungen abgesagt oder verschoben werden. Die Krise dauert an und es ist nicht absehbar, ob es klassische Messen in der bisherigen Form künftig noch geben wird. Eine Revolution der
Messe- und Konferenzlandschaft ist zu erwarten. Für mich ist absehbar, dass 2020 wohl als das Jahr ohne Messen in die Geschichte eingehen wird. Vielleicht ist es aber auch das erste Jahr ohne Messen. Denn ob und wie die internationalen Branchentreffen 2021 zurückkommen werden, ist für mich fraglich.
Ein Messeauftritt erfordert enorme finanzielle und personelle Ressourcen, aktuell müssen jedoch krisenbedingte Umsatzeinbussen kompensiert werden: Gemäss unserer jüngsten Umfrage mit 150 Führungskräften von Schweizer KMU plant fast jedes vierte Unternehmen (20.7 Prozent) für das kommende Jahr mit weniger Marketingbudget. Das schlägt sich unweigerlich in der Bereitschaft zur Messeteilnahme nieder: Ein Drittel (31 Prozent)
derjenigen, die bisher dort vertreten waren, planen im kommenden Jahr keine Messeauftritte oder -besuche mehr. Nur 15 Prozent sehen einen Messeauftritt generell
noch als wichtiges Vertriebstool.
Meine Prognose lautet daher: Jede vierte Messe wird die nächsten zwei Jahre nicht überleben. Schon vor Corona gab es Diskussionen um ihre Zweckmässigkeit. Die Besucherzahlen stagnieren seit Jahren und sind teilweise rückläufig. Auch ist es in Zeiten der Digitalisierung weder zeitgemäss noch ökologisch und ökonomisch sinnvoll, komplexe Güter wie Maschinen um die Welt zu transportieren, um sie für eine oder zwei Wochen auf einer Leitmesse auszustellen. Hinzu kommt der enorme Reiseaufwand von Ausstellern und Besuchern, der in keinem Verhältnis zum Nutzen steht.
Alternativen bietet die Digitalisierung in Form von E-Sourcing und Online-Marketing: 55.9 Prozent der befragten Unternehmen wollen im kommenden Jahr vermehrt auf Werbung im
Web setzen. Für jeden fünften Befragten (19.6 Prozent) sind virtuelle Messen eine Option. Die Vorteile sind offenkundig: Reichweite und Inhalte können gezielt gesteuert, Leads via
Plattformen einfach und flexibel generiert werden.
Das Bedürfnis nach persönlichen Treffen, zwischenmenschlichem Austausch und Networking – für viele zentrale Gründe für einen Messebesuch – wird auch nach Corona bestehen. Auch jenseits des digitalen Raums sind Alternativen jedoch längst etabliert. Fachkonferenzen vor Ort und Summits beispielsweise kommen ganz ohne den gewohnten Druck aus, möglichst viele Leads oder Abschlüsse generieren zu müssen, es müssen keine
Produkte um die halbe Welt transportiert werden. Sie bieten einen echten Mehrwert und werden deutlich stärker nachgefragt werden.
Diese Krise ist die Herausforderung unseres Jahrhunderts und verlangt besonders von traditionellen Branchen eine enorme Flexibilität und die Offenheit, neue Dinge auszuprobieren, wenn bewährte Kanäle zusammenbrechen. Ich bin davon überzeugt, dass die Digitalisierung von Marketing und Vertrieb sich mittelfristig als Wachstumsmotor gerade für industriell tätige KMU erweisen wird – insbesondere dann, wenn sie exportieren. Und in der Schweiz wird bekanntlich jeder zweiten Franken im Ausland verdient.