Umfrage von Niggi Freundlieb
Im Februar, im ersten kompletten Monat seit Aufhebung des Euro-Mindestkurses, sanken die Detailhandelsumsätze in der Schweiz laut Bundesamt für Statistik um gesamthaft 2,7 Prozent. Die Schweizer Detailhändler hatten damit den stärksten Umsatzrückgang seit zwölf Jahren zu beklagen. Einer der Hauptgründe für diesen Rückgang soll auch der Einkaufstourismus sein.
Seit 2003 hat es keinen so starken Einbruch im Vorjahresvergleich mehr gegeben. Besonders schlecht lief das Geschäft mit den Non-Food-Artikeln mit einem Minus von sogar 3,7 Prozent. Allerdings sei die Entwicklung in den letzten Wochen abgeflacht, wie zum Beispiel aus Kreisen des süddeutschen Detailhandels zu hören ist.
Nichtsdestotrotz fordert der SVP-Nationalrat Roland Borer aus dem solothurnischen Kleinlützel, der schätzt, dass 2015 für über elf Milliarden Franken Waren im Ausland eingekauft werden, in einer Motion einen Stopp der fiskalpolitischen Förderung des Einkaufstourismus im Ausland durch das Finanzdepartement. Demnach soll die Wertfreigrenze reisenden Personen nur für Gegenstände gewährt werden, welche sie zu ihrem privaten Gebrauch oder zum Verschenken einführen und für welche nicht aktiv die ausländische Mehrwertsteuer zurückgefordert wird.
Dass besagter Nationalrat aus dem solothurnischen Kleinlützel übrigens auf einem mit einer Handykamera aufgenommenen Bild in der Basler Zeitung genüsslich vor einem Baumarkt in Lörrach gezeigt wurde, wie er sein Auto mit mehreren Kartonkisten belud, beantwortete er in einer Replik damit, dass er damals bloss einem Freund beim Wareneinkauf und beim Verladen geholfen hätte und besagter Wareneinkauf am deutschen Zoll als ausgeführte Ware dokumentiert, am Schweizer Zoll angemeldet und die dafür notwendigen Abgaben vor Ort korrekt entrichtet wurden. Was der Fotograf besagter Szene vor dem Lörracher Baumarkt zu suchen hatte, ist übrigens nicht überliefert!
Überliefert hingegen ist in der aktuellen GESCHÄFTSFÜRER-Umfrage die Meinung der befragten Personen, wie sie es denn mit dem Einkaufen im grenznahen Ausland halten.
Christophe Haller
Präsident Verwaltungsrat TCS beider Basel; Generalagent Vaudoise Versicherungen; Grossrat FDP
Ich kaufe selten in Deutschland oder Frankreich ein. Wenn, ist es nicht wegen des Preises, sondern wegen des reichhaltigen regionalen Angebots, wie man es zum Beispiel auf dem Lörracher Markt oder dem Bauernmarkt in St. Louis findet. Ich bin überzeugt, dass sich gerade die Kunden unserer Grossverteiler freuen würden, wenn sie solche Produkte vermehrt auch in den Regalen hier finden würden. So gesehen könnte die Situation des starken Frankens auch ein Impuls für unseren Detailhandel sein, entsprechende Produkte kundenfreundlich auch hier anzubieten.
Josette Haas
Inhaberin, Geschäftsführerin Modeboutique «c’est-moi» Basel, Rheinfelden
Ich gehe eigentlich prinzipiell nicht ins grenznahe Ausland einkaufen. Ja, ich nutze dort nicht einmal Wellness-Angebote. Als Detailhandelsunternehmen spüren wir den Einkaufstourismus sehr stark. Und dies schon seit Jahren – nicht erst seit Aufhebung des Euro-Mindestkurses. Als Inhaberin eines Geschäfts erachte ich die Situation als zunehmend schwierig und kritisch. Deshalb nutze ich auch als Konsumentin ausschliesslich die Angebote schweizerischer Unternehmen.
Jérôme Thiriet
Geschäftsleiter KurierZentrale GmbH
Ich kaufe nicht im Ausland ein, weil ich in der glücklichen Lage bin, nicht so sparen zu müssen. Ausserdem ist ja der Aufwand zeitlich und unter dem Aspekt der Ökologie nicht ganz unbeträchtlich, wenn man über die Grenze fahren muss. Der starke Franken ist für unsere Wirtschaft natürlich ein grosses Problem, aber ich denke, dass sich unser Gewerbe oder der Detailhandel dieser Herausforderung stellen und innovative Lösungen suchen muss.
Bernhard Madörin
Geschäftsführer, Inhaber und Präsident des Verwaltungsrates der artax Fide Consult AG
Ich wohne hier in der Stadt und profitiere von deren Lebensqualität, wozu auch ein gesundes Gewerbe und ein konkurrenzfähiger Detailhandel gehören. Deshalb kaufe ich für meinen täglichen und wöchentlichen Bedarf ausschliesslich in der Schweiz ein. Das schliesst natürlich nicht aus, dass ich auf Reisen im Ausland hin und wieder Einkäufe tätige.
Roland Vögtli
Inhaber, Geschäftsführer VÖGTLI MODE
Nein, ich kaufe nicht im Ausland ein. Das Geld, das wir hier verdienen, sollten wir auch hier ausgeben. Als Unternehmer und Politiker, der sich immer für das lokale Gewerbe eingesetzt hat, sollte ich natürlich auch diesbezüglich mit dem guten Beispiel vorangehen!
Tino Krattiger
Initiant, Leiter «Im Fluss»; Kulturveranstalter; Architekt
Ich kaufe nicht im grenznahen Ausland ein. Ich habe allerdings bis zu einem gewissen Grad Verständnis, wenn dies gering Verdienende tun. Ich tue es nicht, weil ich es mir leisten kann und weil ich solidarisch zum lokalen Gewerbe bin.
Jndia Erbacher
Drag Racerin; Praktikantin
Ich bin noch in der Ausbildung und verdiene dementsprechend nicht so viel. Deshalb kaufe ich hin und wieder im Ausland ein. Ich würde mich allerdings als gemässigte Einkaufstouristin bezeichnen, tätige keine Grosseinkäufe oder kaufe kein Fleisch im Ausland.
Heinz Oertle
Inhaber, Geschäftsführer Phönix Basel AG
Ich kaufe praktisch nichts im Ausland ein. Als lokaler Unternehmer weiss ich natürlich um die Problematik des Einkaufstourismus. Ich räume allerdings ein, dass ich nicht davor zurückschrecken würde, eine Anschaffung nicht in der Schweiz zu tätigen, wenn der Preisunterschied im Vergleich zum Ausland unverschämt hoch ist.
Fredi Zwahlen
Selbstständiger Unternehmer; Dozent; Präsident Verwaltungsrat der Raiffeisenbank Liestal-Oberbaselbiet
Obwohl ich selbst auch Mandanten im Ausland habe, kaufe ich konsequent nicht im grenznahen Ausland ein. Ich halte es für meine Pflicht, mit meinem Einkaufsverhalten das einheimische Gewerbe zu unterstützen und damit zu stärken.