Trotz der Herausforderungen aufgrund der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Massnahmen sind Schweizer KMU-Exporteure überraschend positiv eingestellt. Dies zeigt eine Umfrage von swiss export. Man muss hier aber erstens zwischen den Branchen differenzieren. Zweitens zeigt die Studie jedoch auch eine von den Befragten deutlich wahrgenommene Zunahme des Wettbewerbs- und Innovationsdrucks auf. Es gilt, sich im Herbst wärmer anzuziehen.
Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sind nach einem intensiven Jahr 2020 auch im ersten Halbjahr 2021 noch deutlich spürbar. Insbesondere exportorientierte Schweizer KMU sind von den Veränderungen der wirtschaftlichen Lage betroffen. An einer Umfrage, die swiss export und die Managementberatung Kearney im April 2021 gemeinsam mit Raiffeisen, dem Raiffeisen Unternehmerzentrum (RUZ) und der Business Broker AG durchgeführt haben, nahmen rund 120 exportorientierte Schweizer KMU teil. Trotz der grossen Herausforderungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie zeigte sich, dass die Stimmung bei den befragten Schweizer KMU im Vergleich zum Vorjahr insgesamt positiver ist. Dabei gaben 75 Prozent der Befragten an, dass sie ihre mittelfristige wirtschaftliche Lage als gut bis sehr gut einschätzen.
Resilienz gefragt
Die zentrale Ursache liegt vermutlich darin, dass viele Branchen die COVID-19-Krise ohne grössere Schäden überstanden haben. In der aktuellen Studie gaben lediglich 35 Prozent der Unternehmer an, nach wie vor stark unter den Auswirkungen der Krise zu leiden. Zudem gelang es 50 Prozent der befragten Schweizer KMU, ihren Umsatz in den letzten zwölf Monaten zu steigern. Dabei bleibt jedoch festzuhalten, dass die Umfrage vor dem Scheitern des Rahmenabkommens mit der EU durchgeführt wurde. Es ist nicht auszuschliessen, dass die Umfrageergebnisse aufgrund dieser politischen Entwicklung im Nachhinein leicht eingetrübt wären. Langfristig dürfte das eher noch schwieriger werden. Es stellt sich die Frage, ob sich die Resilienz der Schweizer KMU ähnlich gefestigt zeigt wie in der Hochwährungsphase. Auch dort mussten Schweizer KMU durch ein Stahlbad.
Ein Blick auf die Auswirkungen der COVID-19-Krise bezüglich der Exporttätigkeiten von Schweizer KMU ergibt aber alles andere als ein rosarotes Bild. Bei rund zwei Dritteln der befragten KMU ist der Umsatz im Ausland im vergangenen Jahr erneut zurückgegangen, bei fast einem Viertel krisenbedingt gar um mehr als 20 Prozent.
Neben diesem nach den vielen negativen Voraussagen positiven Ergebnis wird jedoch auch deutlich, dass die Belastung der Krise nach wie vor spürbar ist. Insbesondere zeigt sich diese gemäss den Befragten durch zunehmenden Wettbewerbs- und Innovationsdruck, die unsicheren politischen Entwicklungen der bilateralen Beziehungen mit der EU, die ich gerade thematisiert habe, aber auch durch die verstärkten Herausforderungen betreffend der Digitalisierung und der Entwicklung digitaler Technologien.
Zusätzliche Themen
Zudem werden laut der befragten KMU auch die gesteigerten Anforderungen an die Agilität und Effizienz von Unternehmen sowie Veränderungen in der Unternehmenskultur deutlich. Dazu gehören veränderte Mitarbeiterbedürfnisse und neue Arbeitsformen. Auch dieser auf den ersten Blick nicht gerade wichtigste Punkt im Rahmen des Exportthemas gewinnt an Bedeutung. Die Studie zeigt deutlich, dass Unternehmen ihre Kultur als Erfolgsfaktor sehen. Knapp 80 Prozent der befragten KMU sehen die Unternehmenskultur als Chance und über zwei Drittel erachten den Beitrag der Unternehmenskultur zum Erfolg als hoch oder sehr hoch. Lediglich acht Prozent schätzen den Beitrag als gering ein. Fragt man die Schweizer KMU nach dem konkreten Beitrag der Unternehmenskultur, dann dominieren qualitative Effekte. Zwischen 85 und 90 Prozent der Unternehmen heben Effekte wie verbesserte Aussenwahrnehmung, erhöhte Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit sowie Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb hervor.
Beziehungen zur EU
Diese eindeutigen Resultate zur Unternehmenskultur beeindrucken Matthias Weibel, den Geschäftsführer des RUZ, der Unternehmensberatung der Raiffeisen Gruppe: «Die befragten Unternehmerinnen und Unternehmer sind sich der grossen Bedeutung der Unternehmenskultur bewusst: Bei der erfolgreichen Bewältigung von Krisen kann sie den entscheidenden Unterschied ausmachen.»
«Um die durch die Krise gesteigerten Anforderungen weiterhin meistern zu können, ist es nötig, klare Rahmenbedingungen bezüglich der Digitalisierung und ein solides Fundament für die Beziehung mit der EU zu schaffen», sagt Claudia Moerker, Geschäftsleiterin von swiss export. «Digitalisierung und technologische Entwicklung sind zentral für den Unternehmenserfolg – die Politik ist hier gefragt, um die Rahmenbedingungen zu verbessern», bestätigt Fabian Siegrist, Principal bei Kearney. Nur so können der langfristige Erfolg unserer KMU und die Anbindung der Schweiz an den internationalen Handel gesichert werden.
In den wichtigsten Themen spiegelt sich auch dieses Jahr wider, wie bedeutend der Export für die Schweiz ist und wie zentral die Digitalisierung die künftige wirtschaftliche Lage der Schweizer KMU beeinflusst. Die Beziehung mit der EU endlich auf ein solides Fundament zu stellen, insbesondere nach dem Scheitern des Rahmenabkommens, ist auch in der vierten Ausgabe der Studie das Dauerbrennerthema und steht ganz oben auf der Prioritätenliste für die Politik. Das Thema hat gegenüber letztem Jahr nochmals an Bedeutung gewonnen. Hier sind Bundesrat und Parlament angehalten, eine Lösung zu formulieren, nachdem die Verhandlungen mit der EU vorerst gescheitert sind.
Kompetenz für Aussenwirtschaft
swiss export ist ein Kompetenzzentrum für die Schweizer Aussenwirtschaft. Schwerpunkte des Serviceangebots bilden die breite Palette an Seminaren und Fachveranstaltungen, die individuelle Exportberatung sowie das vom Verband herausgegebene Fachmagazin der Aussenwirtschaft, das «swiss export Journal». Der rein privatwirtschaftlich organisierte Verband schafft Marktvorteile für seine Mitglieder und stellt die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sowie der Rahmenbedingungen für international tätige Unternehmen ins Zentrum seines Handelns. Neben der Geschäftsstelle in Zürich bietet swiss export ein weltweites Spezialistennetzwerk an.