Massnahmen des Bundesrats gegen Kostenwachstum im Gesundheitswesen: Sozialdemokrat Berset brüskiert Patienten mit unsozialer Forderung nach Referenzpreisen für Medikamente.
Nachdem sich der Bundesrat sehr viel Zeit für Vorschläge zur Eindämmung des Kostenwachstums im Gesundheitswesen gelassen hatte, präsentierte in den letzten Märztagen ein 12 Punkte-Programm. «Wir begrüssen es, dass nun ein Vorschlag auf dem Tisch liegt, kritisieren jedoch aufs Schärfste, dass in diesem Massnahmenkatalog ein Referenzpreissystem in dieser inakzeptablen Ausgestaltung enthalten ist» moniert Dr. Axel Müller, Schirmherr der Allianz «Nein zu Referenzpreisen bei Medikamenten.» «Nachdem wir die letzten Monate hinweg in Fachgruppen auf Fakten und Erfahrungen aus dem Ausland basierte Argumente eingebracht hatten, fühlen wir uns angesichts dieses Resultats vom Bundesrat über- und hinsichtlich der Vorgehensweise hintergangen. Der Bundesrat scheint beratungsresistent zu sein und die Konsultationen waren wohl nur Alibiübungen. Ein weiterer Beweis für die Unzulänglichkeit des Programms ist, dass beispielsweise mögliche Einsparungen mit Biosimilars als Substitute zu teuren biologischen Arzneimitteln in Höhe von 400 Mio. Franken keine Erwähnung finden.»
Patienten bezahlen die Zeche
Dabei sind die Leidtragenden eines Systemwechsels ausgerechnet die Patienten und die sozial schwächeren Bevölkerungsgruppen. Wählen nämlich in diesem Referenzpreissystem Arzt und Patient ein teureres Medikament, zahlt der Patient den Differenzbetrag aus eigener Tasche. Während Gesunde, wenn überhaupt, bei den Krankenkassenprämien marginal entlastet würden, werden Kranke in einem sozial nicht vertretbaren Masse belastet, da sie die Mehrkosten aus der eigenen Tasche berappen müssten. «Die Schweiz ist bei „Out-of-Pocket“-Ausgaben schon heute weltweit spitze und weitere Zuzahlungen in der Apotheke würden die Patienten noch mehr belasten», kritisiert der promovierte Apotheker Axel Müller. „Wir dürfen Reformen nicht auf dem Buckel der sozial Schwachen und Kranken durchführen. Das darf nicht das Vermächtnis eines Sozialdemokraten sein.“
Bestehendes System leistet signifikanten Sparbeitrag
Die Interessensgemeinschaft «Nein zu Referenzpreisen bei Medikamenten» lehnt deshalb einen Systemwechsel kategorisch ab. So belegt eine aktuelle Studie von bwa consulting in Bern den wachsenden Sparbeitrag von Generika in der Schweiz. In 2017 betrugen die direkten mit Generika realisierten Einsparungen 415 Mio. Franken, was eine Zunahme von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Würden dort wo möglich Generika eingesetzt werden, könnten weitere 222 Mio. Franken jährlich gespart werden. Weitere Einsparpotenziale liegen brach, weil die Zulassungsbehörde swissmedic generische Asthmasprays, die in der EU schon zugelassen sind, für die Schweiz nicht zulassen will. Dadurch entgehen uns weitere 25 Millionen Franken. Zusammen mit den Biosimilars liegt somit gesamthaft ein Einsparpotenzial von ca. 650 Mio. Franken brach. Direkte und indirekte Einsparungen zusammengenommen leisten die patentabgelaufenen Qualitätsarzneimittel einen jährlichen Sparbeitrag von über 1 Mrd. Franken. «Diese Entwicklung belegt eindrücklich, dass das aktuelle Preisfestsetzungssystem nachhaltig funktioniert. Ein Referenzpreissystem ist deshalb eine absolut falsche und unnötige Massnahme» sagt Axel Müller und warnt vor nachhaltigen Schäden für das Gesundheitssystem. Gerade weil Patienten bei einem Referenzpreissystem gezwungen werden, immer wieder auf das billigste Präparat zu wechseln, sind unerwünschte Wirkungen und eine beeinträchtige Therapietreue zu erwarten. Nicht immer ist das billigste Arzneimittel das beste Medikament für den Patienten. Erfahrungen aus der EU zeigen zudem, dass Referenzpreise die Versorgungssicherheit massiv gefährden. Schon heute beklagen Ärzte und Apotheker, dass bei mehr als 200 Medikamenten in der Schweiz ein signifikanter Versorgungsengpass besteht.
Nicht bei Generika sparen, sondern mit Generika sparen
«Wir lehnen ein Referenzpreissystem bei Medikamenten auf Schärfste ab und werden im Sinne der Patienten alle Kräfte und Gegner mobilisieren, um dessen Einführung zu verhindern» sagt Axel Müller. «Statt dem Preisüberwacher gefallen zu wollen, sollte der Bundesrat lieber auf das Wohl der Patienten in der Schweiz schauen. Einmal mehr bekräftigen wir den Willen zum Sparen und zur Kooperation. Um den Sparbeitrag von Generika und Biosimilars weiter zu fördern, fordern wir jedoch gleichlange Spiesse bei der Vertriebsmarge. Ärzte und Apotheker dürfen bei der Verschreibung beziehungsweise Abgabe von Generika und Biosimilars nicht mehr benachteiligt werden, wie dies heute der Fall ist. Mit anderen Worten – wäre die Vertriebsmarge gleich, würden wesentlich mehr Generika verordnet und deren Sparpotenzial ausgeschöpft werden. Der Bundesrat muss grundlegend nochmals über die Bücher gehen.»
Die Interessensgemeinschaft „NEIN ZU REFERENZPREISEN BEI MEDIKAMENTEN“ vereint Vertreter und Organisationen zentraler Organisationen im Schweizerischen Gesundheitssystem auf freiwilliger Basis im Widerstand gegen die Einführung eines Referenzpreissystems. Die Interessensgemeinschaft agiert gesamtschweizerisch.