Das seit 1964 geltende Rohrleitungsgesetz beinhaltet in Artikel 13 eine rudimentäre gesetzliche Regelung, die Schweizer Erdgasnetzbetreiber verpflichtet, gegen ein angemessenes Entgelt Erdgastransporte für Dritte zu übernehmen, sofern dies technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist. Seit dem 1. Oktober 2012 wird der Zugang zum Erdgasnetz ausserdem durch eine privatrechtliche Verbändevereinbarung zwischen Erdgaslieferanten und Grossverbrauchern geregelt. Die trotz dieser Regelungen weiterhin bestehenden Rechtsunsicherheiten im Gasmarkt sollen nun in einem Gasversorgungsgesetz geklärt werden. Das Bundesamt für Energie (BFE) will bis Ende 2017 eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage erarbeiten. Heute publiziert das BFE erste Grundlagenstudien zu diesem Dossier.
Erdgas-Grossverbraucher vergleichen immer häufiger die Angebote von alternativen Anbietern. Da das Rohrleistungsgesetz die Durchleitung von Erdgas durch Dritte nur rudimentär regelt, hat die Gasbranche im Oktober 2012 mit den grösseren Industriekunden eine Vereinbarung über den Netzzugang Dritter zur Versorgung von industriellen Grossverbrauchern geschlossen. Die Gasbranche liess diese Verbändevereinbarung von der Wettbewerbskommission (WEKO) überprüfen. In ihrem Schlussbericht vom 16. Dezember 2013 verzichtete die WEKO zwar darauf, eine Untersuchung einzuleiten. Sie behielt sich aber ausdrücklich vor, bei einem allfälligen Verstoss gegen das Kartellrecht eine entsprechende Einzelfallprüfung vorzunehmen. Deshalb bestehen weiterhin Rechtsunsicherheiten, so bleibt unter anderem die Frage möglicher Sanktionen offen.
Das BFE erarbeitet deshalb derzeit eine spezialgesetzliche Regelung. Als Basis für das neue Gasversorgungsgesetzes, das 2017 in die Vernehmlassung geschickt werden soll, dienen die aktuelle Verbändevereinbarung und deren Weiterentwicklung sowie Grundlagenberichte und Begleitstudien. Zudem soll die Gesetzesvorlage nach Möglichkeit mit den Normen des EU-Rechts konform sein.
Vier Grundlagenstudien
Im Auftrag des BFE wurden bisher Studien zu den Themen Marktöffnung, Netzzugang, Bilanzierung sowie Netzkosten und -tarife erstellt, die das BFE heute veröffentlicht:
Studie Gasnetzzugang Schweiz: Es wurde untersucht, welche Grundbedingungen das Netzzugangsmodell für Gas, ein sogenanntes Entry-Exit-Modell, erfüllen sollte. Dazu gehören beispielsweise die Fragen, wie Kapazitäten ermittelt und vergeben werden oder wie ein liquider wettbewerblicher Handel in der Schweiz sichergestellt werden kann. Bedeutend ist zudem die Frage, wie der Gastransit durch die Schweiz gehandhabt werden soll.
Studie betreffend Netzkosten und Netztarife: Es wurde untersucht, welche regulatorischen Grundsätze gelten könnten, um die Kosten und anschliessende -Tarifierung beim Gasnetz zu ermitteln.
Studie Grundsatzfragen zum zukünftigen Gasbilanzierungsmodell in der Schweiz: Die Studie untersucht mögliche Optionen zur Ausgestaltung der Gasbilanzierung. Insbesondere wird die Machbarkeit einer Tagesbilanzierung analysiert.
Studie betreffend möglicher Vorgehensweisen bei einer Öffnung des Schweizer Gasmarktes: Es wurden verschieden Marktöffnungsvarianten analysiert, neben der vollständigen Öffnung auch Varianten mit zeitlicher Staffelung oder mit einer Differenzierung der Öffnung nach Kundenmerkmalen, beispielsweise einem Ausschluss des Marktzugangs für Haushalte. Diskutiert wird weiter die Frage, ob eine Grundversorgung notwendig ist. Die Studie gibt zudem eine Beurteilung der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und umweltseitigen Auswirkungen einer weitergehenden Marktöffnung.
Die Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Autoren geben deren Ansichten wider, diese müssen nicht mit denjenigen des BFE übereinstimmen.
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Marianne Zünd, Leiterin Kommunikation BFE
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