Auch die Immobilienbranche steht vor Umbrüchen wie die Transformation durch die Digitalisierung, bei denen Verantwortliche schnell handeln müssen. Sonst ist der Mitbewerber einen Schritt voraus.
Beim Thema Nachfolge setzen beide Generationen der DHG Unternehmensgruppe auf das Stichwort Slow.
Herr Antic, Sie haben in der Schweiz eine beeindruckende Karriereleiter erklommen. Ohne irgendwelche Unterstützung kamen Sie in die Schweiz und heute blicken wir auf ein führendes Bau- und Immobilienunternehmen in diesem Land. Welche zentrale Erklärung gibt es dafür? Die Schweiz ist ja nicht wie beispielsweise die USA ein klassisches Einwandererland.
Blagoje Antic: Die Schweiz ist ein multikulturelles Land und voll von Opportunitäten. Wer mit Fleiss, Wille und Ausdauer ans Werk geht, der kann sich über die Jahre etwas aufbauen. Die Schweiz steht für Kontinuität, Berechenbarkeit und glänzt durch politische und wirtschaftliche Stabilität – die idealen Voraussetzungen für den Aufbau eines Unternehmens. Selbstverständlich ist unser Erfolg nicht nur mein Verdienst; ohne den unermüdlichen Einsatz zahlloser Handwerker, Bau- und Sanierungsarbeiter und weiterer loyaler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wäre es nicht möglich gewesen. In unserer Firmengeschichte sind diese Menschen immer schon unser wichtigstes Kapital gewesen und werden es auch in Zukunft sein.
Ihr Markt ist hart umkämpft. Wie konnten Sie hier einen Platz finden?
Blagoje Antic: Wir haben uns auf unsere Stärken fokussiert. Vor 25 Jahren hat es
mit der Gründung einer Handwerks- und Sanierungsfirma angefangen. Daraus entstanden ist ein Unternehmen, das sich seit 2017 als eine finanzstarke Bau- und
Immobiliengruppe präsentiert, welche umfassende Dienstleistungen anbietet – von der Planung und Finanzierung über den Bau, Umbau und Sanierung von Liegenschaften. Dank unserer jahrzehntelangen Erfahrung, hoher fachlicher und handwerklicher Kompetenz sind wir in der Lage, Bauvorhaben unterschiedlicher Grössenordnung hinsichtlich Budgettreue, Qualitäts- und Zeitvorgaben effizient und zur vollen Zufriedenheit der Kunden zu realisieren. Um nur zwei Projekte zu nennen: Im Zeitraum von 2017 bis 2019 wurde die DHG Gruppe nach vorgegebenem Konzept mit der kompletten Innensanierung des renommierten
Alden Suite Hotel Splügenschloss im Herzen von Zürich beauftragt, die in enger Zusammenarbeit mit dem Projektleiter und Handwerkern erfolgte. Anfang
November dieses Jahres feierten wir den Spatenstich für ein Bauprojekt an der
Bahnhofstrasse in Bülach, wo wir einen Neubau mit zwölf Wohnungen und einen
Gewerberaum realisieren.
Heute stehen Unternehmensverantwortliche vor vielfältigen Herausforderungen. Ich greife mal zwei heraus. Im Zeichen von Covid-19 fahren wir auf Sicht. Das ist für Unternehmen eigentlich Gift. Sie brauchen Planungssicherheit. Haben Sie mit Ihrem spezifischen Hintergrund Tipps für die Kolleginnen und Kollegen?
Blagoje Antic: Die Pandemie hat uns aufgezeigt, dass manche Vermögenswerte
an Wert verlieren, andere wiederum Bestand haben oder sogar ihren Stellenwert
ausbauen. Zu Letzteren gehören Teile des Immobiliensektors. Während der stationäre Handel in Form von Shopping-Centers weiter an Boden verliert und der Markt für Büroimmobilien wegen des Trends hin zu Home Office zunehmend unter Druck gerät, bleibt der Markt für Wohnimmobilien intakt und die Nachfrage nach Wohneigentum boomt. Die Menschen brauchen immer ein Dach über dem Kopf, und in Corona-Zeiten verbringen sie wesentlich mehr Zeit zu Hause.
Der Megatrend Digitalisierung bewegt die Köpfe und Unternehmen.
Der Bau- und Immobilienbranche wird von verschiedenen Seiten attestiert, im Vergleich zu anderen Branchen hier noch viel Luft nach oben zu haben1. Wie bewerten Sie die Situation für Ihre Branche?
Milos Antic: Den Megatrend der Digitalisierung muss man zweifellos in die Wertschöpfung und die Prozesse im Zusammenhang mit allen Parteien miteinbinden. Digitale Lösungen können zukünftig sicherlich bei der Planung und der Instandhaltung von Liegenschaften Sinn machen. Künstliche Intelligenz und Internet of Things werden an Bedeutung gewinnen. Die Digitalisierung bringt aber nicht per se einen Mehrwert. Digitale Lösungen sollten aber die Arbeit und das Leben der Menschen aufwerten, ihren Bedürfnissen entsprechend konzipiert sein und sie nicht überfordern. Als Unternehmen muss man seine Mitarbeiter wie auch externe Stakeholder mit auf die digitale Reise nehmen.
Und für Ihr Haus?
Milos Antic: Wir vollziehen die digitale Transformation Schritt für Schritt unter
oben genannter Prämisse. Über mobile Kommunikationslösungen stehen wir im
Kontakt mit den Handwerkern auf den Baustellen. In der Marketing-
Kommunikation setzen wir auf Internet und soziale Medien und halten unsere Kunden und Partner somit über neue Entwicklungen unseres Unternehmens informiert.
Kommen wir zum zentralen Thema dieses Interviews der Nachfolgeregelung in familiengeführten Unternehmen, die auch bei Ihnen zum Thema werden wird. Es fällt auf, dass viele Übergänge scheitern. Wo liegen die zentralen Gründe?
Blagoje Antic: Jeder Fall ist wohl für sich einzigartig, aufgrund der jeweiligen Unternehmensgeschichte und der Familienkonstellation. Generell müssen für eine optimale und reibungslose Nachfolge einige zentrale Punkte stimmen. Erstens muss der Patron die Nachfolge von langer Hand planen, die nächste Generation darauf vorbereiten und Schritt für Schritt die Zügel übergeben. Zweitens müssen die Kinder wirklich auch die Nachfolge antreten und das Familienunternehmen auf eine nächste Entwicklungsstufe bringen wollen. Sie müssen bereit sein anzupacken, sich jeden Tag zu beweisen und zu entwickeln. Zwang bringt hier gar nichts. Natürlich hat man sich als Unternehmensgründer und «Mann der ersten Stunde» in jedes Detail eingebracht – es gab ja keine Alternative dazu. Wer aber das Unternehmen zukunftssicher aufstellen will, muss lernen, Schritt für Schritt loszulassen und zu vertrauen. Wir gehen Schritt für Schritt voran. Schon sehr früh binde ich unsere Kinder in das Unternehmen mit ein und gestalte den Nachfolgeprozess von langer Hand. Wir arbeiten wunderbar zusammen und stehen in keiner Weise unter Zeitdruck.
Jetzt gibt es aber viele professionelle Begleiter. Das Spektrum reicht von
Grossbanken bis hin zu kleinen HR-Unternehmen. Welche Bedeutung haben sie?
Blagoje Antic: Diese Begleiter haben sicherlich ihre Berechtigung in Teilbereichen,
insbesondere bei grösseren und komplexeren Unternehmen und Familienkonstellationen. Wir führen den Nachfolgeprozess ohne externe Unterstützung durch und setzen auf die internen Kräfte innerhalb der Familie und des Unternehmens. Entscheidend ist die Übereinstimmung der Werte zwischen den Generationen, welche wiederum die Basis für die Fortschreibung der Unternehmenskultur bildet. Und hier herrscht bei uns Einigkeit.
Klassischerweise hätte man Sie früher als Patron bezeichnet und die konnten meist nicht loslassen. Wie ist das bei Ihnen?
Blagoje Antic: Ich bin gerade mal 50 Jahre alt und noch weit davon entfernt, mich zur Ruhe zu setzen. Nach wie vor bin ich voll engagiert im Unternehmen, gleichzeitig übertrage ich immer mehr Verantwortung und Aufgaben an die nächste Generation. Bei dem Wort «Patron» schwingt einerseits das Wort Respekt mit, andererseits darf der Respekt nicht so weit gehen, dass sich das Umfeld unkritisch gegenüber ihm verhält. Im Gegenteil, ich fördere und fordere aktiv kritische Stimmen im Haus. Die Menschen müssen sich aneinander reiben können und die beste Idee soll sich durchsetzen.
Gab es in dem von langer Hand geplanten Nachfolgeprozess strategische
Meilensteine und wie sehen diese aus?
Blagoje Antic: Seit ein paar Jahren ist mein Sohn Milos, der sich davor die Sporen abverdienen musste, Mitglied der Geschäftsleitung und im Verwaltungsrat. Ich lasse ihn seine Erfahrungen sammeln und Projekte bis zur Entscheidungsreife entwickeln und stehe ihm mit Rat und Tat zur Seite. Auch unsere Töchter sind im Unternehmen beschäftigt: Marketing und Unternehmenskommunikation wird von unserer Tochter Milena, die mit ihrer Familie in Belgrad lebt, geleitet und Blagica
leitet am Hauptsitz in Zürich den Bereich Facility Services. Für das Group Management konnten wir vor einem Jahr mit Marco Versamento einen Top-Profi für die Funktion des CFO gewinnen. Schon in jungen Jahren blickt er auf eine eindrückliche Karriere in der Finanz- und Bankbranche zurück. Diese Erfahrung
ist für uns sehr wertvoll. Die Rekrutierung von Talenten von ausserhalb des Unternehmens wird im Zuge des Unternehmenswachstums zunehmend wichtiger.
Wie sind Sie heute organisatorisch aufgestellt?
Blagoje Antic: Mit unseren Geschäftsbereichen decken wir die zentralen Dienstleistungen ab. Unser Group Management ist für die diversen Bereiche zuständig – die Sparten Immobilien und Immobilienfinanzierung, Generalunternehmen, die Handwerker und Facility Services. Im Sinne einer vertikalen Integration decken wir die zentralen Felder unseres Geschäfts ab. Diese Bereiche werden wir weiterausbauen und mit erfahrenen und kompetenten Kräften weiterentwickeln.
Wie gestalten Sie Ihre Rolle in der Zukunft?
Blagoje Antic: Wie seit Anfang engagiere ich mich voll und ganz für unser Unternehmen. Durch die Verstärkung im Unternehmen kann ich mich zusätzlich neuen Aufgaben widmen und die Geschäftsentwicklung vorantreiben. Es gibt viele neue Bereiche und Projekte zu entwickeln und Beziehungen zu Partnern und Kunden zu pflegen.