Im Businessalltag geht es meist immer noch um das Ich und nicht das Wir. Das Thema löst bei Führungspersönlichkeiten immer noch ein Kopfschütteln aus. Es geht aber auch ganz anders. Das aktuelle Buch unserer Autorin Ulrike Stahl belegt dies.
Jedes aktuelle HR-Seminar ist mit Stichworten wie flache Hierarchien oder gemeinsames Arbeiten gespickt. Trotzdem arbeiten wir oft immer noch im Rahmen des klassischen Silodenkens. Es ist so, als würde immer noch das klassische Fliessband und das Grossraumbüro mit der starren tayloristischen Arbeitsorganisation unser Leben bestimmen. Dabei sind wir mitten in einer erneuten industriellen Revolution und digitalen Transformation. Einfache Arbeiten, wo wir nur Befehle des Chefs umzusetzen haben, nehmen immer mehr ab. Das können Roboter übernehmen und das ist auch gut so.
Zukünftige Arbeitsgenerationen brauchen komplexe Werkzeuge, mit denen sie sich auf immer neue Herausforderungen einstellen können. Dabei spielen Teams, die sich gegenseitig befähigen, die Herausforderungen zu lösen, eine immer grössere Rolle.
Trotzdem gibt es weiter Guerillakämpfe zwischen den Abteilungen, Boykott zwischen CEO und Abteilungsleitern, schnelle Gewinnmitnahmen statt nachhaltiger Win-win-Lösungen. Das Ich-Gen ist gerade in Businesswelten weiter schwer verankert. Es wird ja auch trotz anderslautender Kommentare von Pädagoginnen und Pädagogen in Schulen und Universitäten weiter gehätschelt.
Mehr «Vita activa»
Aus theoretischer Sicht ist Arbeit zunächst auch ein weites Feld. Hannah Arendt unterscheidet zwischen drei unterschiedlichen Typen. Zuerst geht es um Arbeiten, die nur die Reproduktion ermöglicht. Das «Animal laborans» ist an die Maschine gekettet. Im Gegensatz dazu geht der «Homo faber» einer produktiven Tätigkeit nach. Es sind Werkstücke mit Nutzergewinn. Die höchste menschliche Tätigkeit ist für Arendt die «Vita activa». Es geht hier um das gleichberechtigte Handeln und Sprechen. Es schafft keine weltlichen Gegenstände wie das Herstellen, sondern stiftet Beziehungen zwischen den Menschen.
Warum können wir nicht gerade heute in Richtung «Homo faber» und «Vita activa» gehen? Dazu muss aber das Wir-Gen gestärkt werden. Und hier kann uns Ulrike Stahl mit ihrem neuen Buch So geht WIRtschaft! weiterhelfen.
An dieser Stelle mit diesen Thesen ist das Stirnrunzeln von vielen Unternehmensverantwortlichen förmlich zu spüren. Es kann doch nicht nur Chefs geben, es braucht doch auch die vielen Indianer. Solche Sätze, die in diese Richtung gehen, kommen als skeptische Argumentationsfigur immer wieder auf den Tisch. Doch das bringt uns in der heutigen Wissensgesellschaft nicht weiter. Es ist an der Zeit umzudenken.
Das Wir gewinnt
Kooperation eröffnet neue geschäftliche Spielräume: Komplexe Aufgaben werden in kürzester Zeit kollaborativ über Abteilungs-, Länder- und Unternehmensgrenzen hinweg gelöst, kokreativ entstehen zukunftsweisende Innovationen. So geht WIRTSCHAFT heute!
Dies sind zunächst auch nur Schlagworte. Doch Ulrike Stahl, die auch schon in kmuRUNDSCHAU publiziert hat, nimmt uns mit auf die Wir-Reise. Dazu gibt es ohne Fragen auch viele Fragen. Zum Beispiel: Was ist eine Mindset-Kooperation? Und wie sind wir auch weiterhin erfolgreich? Ulrike Stahl ist dem kooperativen Denken und Handeln auf der Spur und illustriert gekonnt, was den Unterschied macht. Kooperationsfähigkeit ist nicht irgendein netter Softskill, sondern im Gegenteil der Erfolgsturbo im Wissenszeitalter.
Es geht dabei nicht um «die Wirtschaft». Es geht um die Praxis. In plastischer Sprache plädiert die studierte Verwaltungswirtin für eine neue Zeit des Kooperierens und für ein Umdenken im Führen und Leiten von Unternehmen.
Ulrike Stahl macht die Wandlung vom Ich- zum Wir-Gen an ihrem eigenen Werdegang fest. Sie kommt aus einer Familie mit fünf Kindern … da meint man, ich sollte das im Blut haben. Aber zunächst war der Wunsch, etwas Besonderes zu sein, übermächtig und kulturell prägend. Sie wurde Einzelkämpferin. Das Mantra lautete Leistung, Leistung und Leistung. Sie kam so schnell in eine Führungsposition in der Verwaltung. Aber sie spürte, dass es an etwas fehlt. Sie konnte es aber nicht klar benennen. Als sie ein Hilfsprojekt auf einem Kongress der Vereinten Nationen auf Kuba vorstellte, kam es zum Umdenken. Sie faszinierte der offene, unterstützende und vor allem miteinander-orientierte Umgang der Teilnehmer. Das liess sie nicht mehr los.
Heute hilft sie Unternehmensverantwortlichen bei der Umorientierung in Richtung WIRTSCHAFT.