Warum ist es wichtig, dass Mitarbeiter und Führungskräfte begeistert sind? ganz einfach, da keiner den Job wechselt, wenn er begeistert bei der arbeit ist. Umgekehrt droht die innere immigration, wenn die angestellten frustriert sind. es herrscht folglich handlungsbedarf.
Wer begeistert ist, macht keinen Dienst nach Vorschrift. Stattdessen arbeitet er länger, liefert bessere Leistungen und Ergebnisse ab, empfiehlt das Unternehmen im Bekanntenkreis, hat weniger Fehltage und ist bereit, sich auch über die eigentliche Arbeit hinaus fürs Unternehmen zu engagieren. Das ist kein Wunschdenken, das ist Empirie. Die impactWunder Strategieberatung und die Hochschule Darmstadt, konnten das auf Basis einer repräsentativen Marktforschungsstudie in Deutschland nachweisen.
Inhalt der Studie
In einer repräsentativen Studie wurde herausgefunden, wie hoch die Mitarbeiterbegeisterung, quer durch alle Branchen und Unternehmensgrössen tatsächlich ist. Die im Frühjahr 2019 durchgeführte Marktforschungsstudie umfasste 1 200 Teilnehmer, die per Online-Fragebogen befragt wurden – darunter Mitarbeiter wie Führungskräfte. Dabei stellte sich heraus, dass es keine Glaubensfrage mehr ist, ob man Mitarbeiter begeistert oder nicht. Es konnte vielmehr der ökonomische Nutzen der Mitarbeiterbegeisterung nachgewiesen werden. Wer als Arbeitgeber nicht in der Lage ist, seine Belegschaft zu begeistern, verzichtet auf Wertschöpfung. Zusätzlich wurde die Herangehensweise bei der Studie in eine praxisnahe Methode (EEG – Employee Excitement Grid) übersetzt, mit der jedes Unternehmen herausfinden kann, welche konkreten Hebel es bedienen sollte, um seine Mitarbeiter stärker zu begeistern, und welchen Return diese bringen.
triste Realität
Wie sich bei der Studie herausstellte, sind die Belegschaften lediglich mittelmässig begeistert: Die Begeisterung liegt im Schnitt bei 64 Prozent. Ein schwacher Wert, vor allem angesichts der Tatsache, dass zwölf Prozent der befragten Führungskräfte und neun Prozent der befragten Mitarbeiter angaben, in nächster Zukunft über einen Jobwechsel nachzudenken. Warum bleiben, wenn einen der aktuelle Job nur mittelmässig begeistert? Viele Verantwortliche für HR spüren die harte Realität hinter den Zahlen und wollen Begeisterungsmangel, innere Emigration und Abwanderungsgedanken eindämmen – allerdings bleibt bei den typischen Engagement-Surveys unklar, wo man ansetzen sollte. Denn diese Befragungen errechnen keine Wichtigkeiten, sodass eine Priorisierung der Massnahmen unmöglich ist. Stattdessen greift der eine oder andere Personaler auf die in Fachzeitschriften heiss diskutierten Mythen zurück.
Mythen der Begeisterung
Stark gehypt wird in Fachkreisen das sogenannte konzeptionelle Arbeiten: Mitarbeiter sollen sich in fast ungebremster Kreativität konzeptionell in ihre Arbeit einbringen dürfen und unbegrenzt an Produktideen feilen. Leider stellte sich dieser Hebel in der oben genannten Studie als der am wenigsten wichtige Faktor der Begeisterung heraus. Dasselbe gilt für die Marke des Unternehmens. In der Studie zeigte sich, dass für Bewerber die Unternehmensmarke wichtig ist. Jeder bewirbt sich lieber bei einem Unternehmen mit bekanntem Namen und gutem Image. Doch hat der Bewerber den Job erst einmal ergattert, verliert die Marke ihre Wirkung auf die Begeisterung. Auch der «Chef als Coach» begeistert nicht, obwohl der Begriff lange Zeit schwer in Mode war. Mitarbeiter erwarten ganz bestimmte Dinge von ihrem Vorgesetzten – Coaching ist nicht darunter. Dasselbe gilt für aktuell stark propagierte Schlagwörter wie «Fehlerkultur», «Offenheit» und «Toleranz». Keines davon begeistert, weil man das Vorhandensein derselben an Arbeitsplätzen im Jahr 2020 als selbstverständlich voraussetzt. Erst wenn diese Faktoren nicht erfüllt sind, werden sie relevant – als Frustfaktoren. Wenn all diese Modekonzepte des viel beschworenen «New Work» nicht begeistern, was begeistert dann?
Die top-4-Faktoren
Dieses Ergebnis der Studie ist so überraschend, dass die wenigsten darauf tippen. Die so schlichte wie revolutionäre Antwort betrifft die eigentliche Kerntätigkeit – möglichst ungehindert das tun zu können, worin man gut ist. So arbeiten zu können, dass man die eigene Arbeit als erfüllend empfindet. Der zweite starke Hebel der Mitarbeiterbegeisterung ist die authentische Führung. Ein Chef, der zu den eigenen Werten steht und sie nicht bloss von seinen Leuten einfordert, sondern selber vorlebt, wird als authentisch führend und damit begeisternd wahrgenommen. Dritter starker Hebel der Mitarbeiterbegeisterung ist die Fürsorge. Sie zeigt sich unter anderem darin, dass im Unternehmen (Job-)Zusagen eingehalten werden und die Belegschaft Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt bekommt. Vierter Faktor ist die Sicherheit, hauptsächlich im Sinne von Arbeitsplatzsicherheit.
dIe top-8-Faktoren
Insgesamt ermittelte die Studie mittels einer Faktor- und einer Regressionsanalyse 22 Faktoren, die eine starke Wirkung auf die Mitarbeiterbegeisterung ausüben, allerdings wirken nachweislich acht Faktoren überproportional stark. Die Ränge fünf bis acht belegen: Selbstverwirklichung im Job, ermunternde Führung, eine klare Unternehmensstrategie und die eigene Potenzialentfaltung bei der Arbeit. Auffallend an den Top 8 ist, dass vier der Faktoren mit Führung zu tun haben: authentische und ermunternde Führung, Fürsorge und Strategie. Es besteht folglich eine starke Nachfrage nach etwas, was wir zusammengefasst «solide Führung» nennen. Zum automatischen Reflex mancher Führungskräfte («Aber wir führen doch solide!») kann gesagt werden: aber ganz offensichtlich nicht im Urteil der Geführten – was die lediglich 64 Prozent Mitarbeiterbegeisterung erklärt. Erfüllt ein Job jedoch die Erfordernisse der Top8-Faktoren, begeistert er auch. Durch die Regressionsanalyse konnte nachgewiesen werden, dass eine Veränderung dieser acht Hebel den höchsten Zuwachs an Begeisterung bringt. Wie bewegt man diese Hebel?
Katalog der Maßnahmen
Für alle Top-8-Faktoren wurde ein Katalog an direkt umsetzbaren Massnahmen entwickelt, deren grosser Vorteil ist: Sie sind allen wohlbekannt. Sie werden nur nicht flächendeckend angewandt. So sorgt eine verbesserte Diagnostik von Stärken und Schwächen der Bewerber, wie auch Mitarbeiter dafür, dass die eigene Arbeit als erfüllender empfunden wird, weil damit das Stärken- und Schwächen-Profil des Mitarbeiters besser zum Anforderungsprofil seines Jobs passt. Auch regelmässige (im Unterschied zu den zweimal pro Jahr geführten Mitarbeitergesprächen) Puls-Checks in Form eines direkten, kurzen Austauschs zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter begeistern: Was läuft gut? Was frustriert (und dämpft damit automatisch Erfüllung und Begeisterung)? Was verhindert eine erfüllende Beschäftigung und sollte daher beseitigt werden? Auch das Empowerment mit mehr Entscheidungsfreiraum für die eigene Tätigkeit, Job Enrichment und Job Rotation begeistern Mitarbeiter.
Was Personalarbeit wirklich bringt
Mit den Top-8-Faktoren hat jeder Personalverantwortliche empirisch ermittelte (im Gegensatz zu modisch postulierten) Hebel in der Hand, um damit die Mitarbeiterbegeisterung zu steigern. Natürlich variieren die Top 8 von Unternehmen zu Unternehmen einmal mehr, einmal weniger. Gerade deshalb wird die in der Studie zugrunde liegende Methodik des Employee Excitement Grid (EEG) in der Beratung auch auf jedes einzelne Unternehmen gesondert angewandt. Mit dem EEG kann jedes Unternehmen nicht nur seine eigenen Top8-Faktoren der Begeisterung ermitteln, sondern auch unternehmensspezifische Massnahmen daraus entwickeln und sowohl den Zuwachs der Begeisterung als auch deren ökonomischen Nutzen ermitteln. Das ist eine Rarität für die HR-Arbeit, die normalerweise darunter leidet, dass ihr Nutzen kaum je oder auch nur annähernd quantifiziert werden kann. Was ist der Nutzen der Begeisterung?
Die Frage nach der Bewertung
Stellt man diese Frage und steigert den durchschnittlichen Begeisterungsgrad von aktuell nur 64 Prozent um einen Prozentpunkt auf lediglich 65 Prozent, dann entspräche das (konservativ gerechnet) bereits einem gesamtwirtschaftlichen Nutzen von elf Milliarden Euro. Anders gesagt: Bislang lassen wir diese Milliarden unnötigerweise auf der Strasse liegen. Gelänge es sogar, den Durchschnittswert an den höchsten in der Studie gemessenen Begeisterungsgrad von 88 Prozent heranzuführen, dann entspräche das einem ökonomischen Gegenwert von 275 Milliarden Euro. So viel ist Begeisterung wert, so viel beträgt sozusagen der ROE (Return on Excitement). Wann ernten Sie Ihre Begeisterungsrendite?