Kleine und mittlere Unternehmen erleben aktuell den Big Shift. Damit ist die Verschiebung des IT-Betriebes zu externen Dienstleistern gemeint. Das zeigt sich auch in den Budgets: Während die Ausgaben für den traditionellen ICT-Betrieb um zehn Prozent sinken, steigen externe Managed- und Cloud-Services um rund 17 Prozent. Das ergab die Budget-Umfrage von MSM Research. Die Zahlen belegen: Der ICT-Eigenbetrieb verliert an Bedeutung, die Zukunft ist Cloud Computing. Doch wie kam es zu dem Big Shift und wie können KMU Business Software wie Enterprise Ressource Planning (ERP) nutzen, um ihr eigenes Geschäft zu pushen?
In den letzten Jahren hat sich in der Schweiz einiges getan. Bestes Beispiel ist die Einstellung zur Cloud. Sie wird positiver. Kein Wunder, immerhin sind die Erfahrungen
gewachsen, die Beratung hat sich verbessert und die Anbieterzahl ist gestiegen.
In der Vergangenheit scheiterte eine Vielzahl an Cloud-Implementierungen. Der Grund: Oft
gelingt es Firmen nicht, klare Anforderungen an die Software zu formulieren. Folglich gibt es Anpassungen, welche die Kosten explodieren lassen. Fehlinvestitionen sind die Folge.
Aus diesen Erfahrungen haben Unternehmen gelernt. Sie setzen öfter und früher auf externe Hilfe. Unabhängige Berater können durch ihren Erfahrungsschatz sowohl bei
der Ermittlung der Anforderungen unterstützen als auch bei der Recherche nach der passenden Lösung. Zudem bleiben Externe neutral und vermitteln bei politischen Themen zwischen den Parteien.
Aber auch die Anbieter und Hersteller haben dazugelernt. Sie stellen die richtigen Fragen,
optimieren ihr Projektmanagement und verbessern die Kundenkommunikation. Letzteres
ist auch für die Weiterentwicklung der Lösung wichtig: Nur wer bei den Herausforderungen
genau hinhört, kann neue Funktionen entwickeln, die das Business der KMU vorantreiben.
Berater sind Partner
Neben mangelnder Erfahrung war auch die fehlende Kommunikation ein Grund für das
schlechte Cloud-Image. Viele Anbieter und Hersteller gingen nur auf die Vorteile ihrer
Lösung ein – anstatt umfassend Aufklärungsarbeit zu leisten. Erst wer die Vorteile der Technologie erkannt hat, ist empfänglich für die Lösung an sich.
Hinzu kommt die Art der Beratung, die heute wesentlich umfassender ist. Denn die Berater
begreifen sich mehr als Partner, denn als Verkäufer. Sie lösen in Gesprächen viel schneller
Bedenken und finden passende Programme. Auch Systemhäuser sind heute besser aufgestellt. Sie bieten KMU genau die Kompetenzen, die momentan beim Thema Cloud
und Digitalisierung fehlen. Durch ihr Produkt und Projektmanagement-Wissen, zum Beispiel
bei der ERP-Einführung, können sie Anwenderunternehmen breit unterstützen.
Schweizer Anbieter
Cloud Computing kommt aus den USA – so
auch wie die meisten Anbieter. Da in den Vereinigten Staaten andere Datenschutzgesetze
gelten und es immer wieder zu Problemen kam, war für viele Schweizer der Weg in die Cloud am Anfang zu gefährlich.
Heute hingegen gibt es zahlreiche Schweizer Anbieter – ein Faktor, der extrem wichtig ist.
Denn er entscheidet darüber, ob die Cloud zum Einsatz kommt oder nicht. Ein Grund
dafür ist der kurze Anfahrts- und Eskalationsweg im Fall einer Störung. Zudem bieten hiesige Anbieter individuelle und zielgruppenspezifische Dienste, die Kunden überzeugen.
Wie verändert Cloud das Business?
Wer als KMU in den letzten Jahren an Cloud dachte, dem fielen vor allem Risiken ein.
Durch die oben genannten Punkte und die kontinuierliche Optimierung der Technologie haben sich diese reduziert. Mehr noch: Cloud wird immer mehr als Chance gesehen.
Der Sicherheitsaspekt gehört zu den wichtigsten. Das erkannten auch die Software-
Hersteller und legen höchsten Wert auf Datensicherheit. Sie setzen zum Beispiel auf lokale Rechenzentren, die zertifiziert und hoch verfügbar sind. Darüber hinaus entlasten sie – etwa durch Datacenter-Sicherheitskonzepte – immer mehr die KMU, die den stetig wachsenden Rechts- und Sicherheits- Anforderungen kaum noch gewachsen sind.
Parallel dazu werden auch die Hersteller aktiv, indem sie bei der Einhaltung gesetzlicher
Vorgaben helfen. Ein Beispiel ist die Datenschutzgrundverordnung, die gerade für
Unternehmen mit EU-Kunden relevant ist. Einige Anbieter unterstützen hier mit Anonymisierungsassistenten, die Daten unwiederbringlich überschreiben und löschen.
Keine Gefahr mehr
Heute ist Cloud keine Gefahr, sondern der Booster für das eigene Business. Das zeigt auch der aktuellste Cloud and Risk Adoption Report von McAfee. Danach haben 87 Prozent der Unternehmen bestätigt, dass Cloud ihr Business vorantreibt. Ebenfalls erstaunlich: Die
Mehrheit, rund 52 Prozent der Firmen, erlebte sogar eine höhere Sicherheit in der Cloud.
Ein Grund für diesen Imagewandel ist die schnelle Bereitstellung von Funktionen über
die Cloud. Beispiel Automatisierung: Wer im Marketing erfolgreich sein will, muss seine Kunden kennen. Dafür braucht es alle Infos an einem Platz – Kundendaten, aber auch
E-Mails. Letztere kommen über die Funktion «automatische Kontaktablage» direkt zum Auftraggeber. Das hilft dem Support und dem Business. Dank des zentralen Datenschatzes lassen sich neue Produkte und Services entwickeln, welche die aktuellen Bedürfnisse befriedigen.
Immer und überall verfügbar
Cloud Software hat das Potenzial, unsere Arbeitsweise zu gestalten. War es früher üblich, jeden Tag Pendelwege in Kauf zu nehmen und im Büro zu sitzen, bietet ERP neue Möglichkeiten: Es verbindet Arbeitsund Privatleben, indem es an jedem Ort, zu jeder Zeit verfügbar ist. Das Unternehmen ist also dort, wo es der Mitarbeiter braucht.
Damit steigt die Loyalität. Zufriedene Mitarbeiter, die ihre Zeit frei einteilen, sind weniger
wechselwillig. Das senkt die Akquisekosten für die Nachbesetzung, die im War for Talents
immer schwieriger wird. Zum anderen lassen sich – zum Beispiel im Vertrieb – Kunden beeindrucken. Wer sich als digitales Unternehmen versteht, kann es sich heute nicht leisten, seinen Aussendienst nur mit Papier ins Feld zu schicken. Viel mehr sind Cloud- Lösungen gefragt, die in Echtzeit Lagerbestände anzeigen und eine Produkt- Konfiguration ermöglichen.
Noch nicht perfekt
Cloud ist in den Köpfen der Schweizer KMU präsent. Sie wird sogar mehr als Chance
gesehen und weniger als Risiko. Bis jedoch in den Köpfen verankert ist, dass die Technologie nicht nur Mittel zum Zweck ist, sondern auch das eigene Geschäft beflügelt,
braucht es noch einiges an Aufklärungsarbeit. Hier sind wieder die Hersteller gefragt. Sie müssen zeigen, wie ihre Lösung kleine und mittlere Unternehmen bei aktuellen und künftigen Herausforderungen hilft. Gleichzeitig verlangt es vonseiten der Firmen noch mehr
Mut, Neues auszuprobieren und vorhandene Potenziale effizienter für sich zu nutzen.