Die Besteuerung von Startups im Kanton Zürich hat im vergangenen Jahr bekanntlich hohe Wellen ausgelöst, und die Diskussion darüber fand ein grosses mediales Echo. Die Kritik lautete im Kern, dass die Zürcher Steuerpraxis – in Abweichung zur gelebten Praxis in anderen Kantonen – zu einer exorbitant hohen vermögenssteuerlichen Belastung von Gründern führen kann, die in keinem Verhältnis zu deren Einkommenssituation steht.
Nachdem die Finanzdirektion des Kantons Zürich im März 2016 bereits eine Kompromisslösung präsentiert hatte, ist sie aufgrund der fortgesetzten Kritik breiter Kreise zum Ende des letzten Jahres den Anliegen von Gründern noch einen weiteren Schritt entgegengekommen. Im Rahmen einer neuen Weisung wurde geregelt, dass Beteiligungen an Startups bis zum Vorliegen von repräsentativen Geschäftsergebnissen selbst dann zum üblicherweise günstigeren Substanzwert zu bewerten sind, wenn schon ein Drittpreis aus einer Finanzierungsrunde vorliegt. Vorbehalten bleiben Fälle, in welchen das Abstellen auf den Substanzwert aufgrund besonderer Umstände zu einem widersprüchlichen Ergebnis führen würde. Ende gut, alles gut? Leider noch nicht ganz.
Was im Prinzip gut klingt, führt in der Praxis weiterhin zu erheblichen Unsicherheiten. Insbesondere werden nur eine den Einzelfall betreffende Anfrage (Steuerruling) oder aber erst noch zu publizierende Verfeinerungen der neuen Bewertungspraxis die Hürden, die im Folgenden thematisiert werden, überwinden können.
Innovationsgehalt einer Geschäftsidee
Gemäss erwähnter Weisung ist ein Startup ein Unternehmen in der Aufbauphase in Form einer Kapitalgesellschaft, welches über ein innovatives, skalierbares und üblicherweise technologiegetriebenes Geschäftsmodell verfügt. An dieser Definition ist einzig klar, welche Gesellschaftsformen als Kapitalgesellschaften gelten. Ansonsten vermittelt die Weisung eher eine Idee als eine klare Richtschnur, die eine zuverlässige Selbsteinstufung ermöglichen würde. Dem Ermessen der Steuerverwaltung wird es unter anderem überlassen, den Innovationsgehalt einer Geschäftsidee zu bestimmen. Beim Versuch, den Begriff der «Skalierbarkeit» festzumachen, landet man bei der Mikroökonomie, die – vereinfacht gesagt – positive Skaleneffekte (auch economies of scale oder Massenproduktionsvorteile) als positiven Grenzertrag bei gleichbleibenden Produktionsfaktoren beschreibt. Positive Skaleneffekte dürften sich in unterschiedlichem Ausmass für die grosse Mehrzahl der Geschäftsmodelle ergeben. Unklar bleibt hingegen die steuerliche Definition des skalierbaren Geschäftsmodells, beziehungsweise wo die Grenzen zum, nach Ansicht der Steuerbehörden, zu wenig skalierbaren Geschäftsmodell gezogen werden sollen. Es ist davon auszugehen, dass das Steueramt diese Frage in der Praxis nur einzelfallbezogen und mit einigem Pragmatismus beantworten kann – von makroökonomischen Berechnungen aber absieht. Auch die Umschreibung «üblicherweise technologiegetrieben» ist wenig hilfreich, finden sich doch mittlerweile vielerorts technologische Prozesse unterschiedlicher Komplexität. Ein grosser Ermessensspielraum kommt der Steuerbehörde sodann auch bei der Frage zu, ob sich das Startup überhaupt noch in der Aufbauphase befindet.
Definition der besonderen Umstände
Leider ist kein abschliessender Katalog erhältlich, welche besonderen Umstände der Bewertung zum Substanzwert schädlich sind. Aufgrund der Erfahrungen mit der bisherigen Praxis dürfte dies aber zumindest die Veräusserung von Beteiligungsrechten in grösserem Umfang seitens der bisherigen Aktionäre sowie gewisse Sachverhalte im Zusammenhang mit Mitarbeiterbeteiligungen betreffen. Ein weiterer solcher Umstand könnte die Kapitalausgabe an besonders gut informierte Kreise, namentlich Verwaltungsräte und Geschäftsleitung, betreffen, selbst wenn diese neu geschaffene Beteiligungen in einer breiter angelegten Finanzierungsrunde erwerben. Alle diese Sachverhalte wären, wenn sie tatsächlich als «besondere Umstände» qualifiziert würden, gerade für die Gründerszene besonders problematisch: Aufgrund der begrenzten finanziellen Ressourcen können Gründer bei der Suche nach neuem qualifizierten Personal oder nach externen Verwaltungsräten typischerweise kaum marktgerechte Lohnzahlungen, sondern bloss die zusätzliche Möglichkeit, eine Beteiligung zu erwerben, anbieten. Gleichzeitig laufen sie damit aber Gefahr, sich selber einer deutlich höheren Steuerbelastung auszusetzen – und dies eben gerade in Zeiten tiefer Lohnbezüge.
Auch wenn die Weisung der Finanzdirektion des Kantons Zürich die erhoffte Wirkung auf die Vermögenssteuerbelastung mancher Jungunternehmer haben könnte, ist der verbleibende Ermessensspielraum der Steuerverwaltung zu gross, um dies schon jetzt mit Sicherheit sagen zu können. Wer die Jahre bis zur Ausarbeitung einer klaren Praxis nicht abwarten kann oder will, wird die Bewertungsfrage mit der Steuerverwaltung vorfrageweise klären müssen und sollte einen Steuerberater beiziehen.