In Phasen wie diesen ist es Zeit, allerhöchste Zeit, über Fortschrittsfähigkeit, Zukunftsperspektive und Neukonfiguration des Unternehmens nachzudenken und durch individuelle und kollektive Intelligenz Wettbewerbsvorteile zu generieren, um schneller
und gezielter in die neue Wirklichkeit zu starten. Die Zeit dafür sollte man sich nehmen.
Die operative Hektik, die Wachstumsdynamik, der Glaube an «alles ist planbar»
und das «Management-Dogma» der Unfehlbarkeit, das «Not-invented-here-Syndrom
» und die Zeitnot haben häufig daran gehindert, systematisch, kritisch und kreativ
über das Erreichte und die Zukunft nachzudenken. Ein Fehler, der sich immer in schwierigen Situationen, in Unternehmens- und Marktkrisen gravierend, ja
existenzbedrohend, bemerkbar macht.
Leider bedarf es externer, exogener Katastrophen, damit diese Denkprozesse
angestossen werden. Verdrängung, Fehleinschätzung, Heldentum, Angstblockaden
et cetera verzögern die Reaktion auf diese Ereignisse. Für die aktuelle Corona-Krise,
die in ihrer Intensität, ihrer Bedrohung für Menschen, Gesellschaft und nicht
zuletzt für die Wirtschaft mit keiner Krise aus der jüngsten Vergangenheit vergleichbar ist, gibt es keine «Blaupause» zur Krisenbewältigung. Dies wird dazu führen, dass Unsicherheit Fehler und Irrtümer hervorruft. Der grösste Fehler wäre es dann, nichts zu tun. Dies trifft im Übrigen auch auf Unternehmen zu. Entscheiden unter Unsicherheit und unter unzureichender Information ist bei strategischen Entscheidungen unternehmerischer
Alltag. Das Denken in unterschiedlichen Szenarien, mit verschiedenen Chancen- und Risikoprofilen und Eintrittswahrscheinlichkeiten kennzeichnet erfolgreiche Führungspersönlichkeiten. Es bleibt jedoch nicht dabei: Die konsequente Umsetzung,
doch auch die rechtzeitige Korrektur von Entscheidungen gehören dazu.
In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass Entscheidungen von Menschen mit unterschiedlichen subjektiven Risikoprofilen getroffen werden – vom Zocker bis hin zum vorsichtigen, vorsorgenden ordentlichen Kaufmann. Letzterer war aus der Mode gekommen, was sich jetzt an der unzureichenden Absicherung von Ressourcen, vor allem aber an mangelnder Liquidität und Bonität zeigt. Auch wenn die Feststellung «Jede Krise ist auch eine Chance» zu einer Sprechblase verkommen ist, trifft sie zu. Wenn man die Ursachen der Krise erkennt, sie in ihren Auswirkungen richtig interpretiert und sie im Sinne einer ganzheitlichen, vernetzten «Behandlung» auch therapiert, kann eine nachhaltige Krisenbewältigung gelingen.
Ein Reset unter dem Motto «Wir machen danach weiter wie bisher, vielleicht nur ein
bisschen schlanker und ein wenig vorsichtiger » ist nicht angesagt. Neukonfiguration
des Unternehmens, wirksamere Ressourcenallokation, Fokussierung und Priorisierung
sind die relevanten Aufgaben. Die möglichen Zukunftswelten sollen einen «Pull-Effekt» auf das Unternehmen ausüben. Dem gegenüber steht die «Push-Funktion» des Unternehmens mit seinen Möglichkeiten, den Anforderungen der Zukunft gerecht zu werden und Erfolge
zu generieren. Dies wird nur gelingen, wenn konstruktive Kritik, Intelligenz und Erfahrung, Erfolgswille und der bereichsübergreifende Dialog um die besten, passenden Lösungen herrschen.