Neue Technologien bestimmen den Rhythmus in Südkorea. Das Land treibt Innovationen wie kaum ein anderes voran und gehört zu den grössten Exportländern der Welt. Ein Markt, der auch für Schweizer Exporteure interessant ist und ein Türöffner für den asiatischen Wirtschaftsraum sein kann.
Südkorea blickt auf eine der grössten Erfolgsgeschichten der Wirtschaftshistorie zurück. Nach dem Koreakrieg in den 1950er-Jahren konnte sich das asiatische Land innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten zu einer der führenden Industrienationen der Welt aufschwingen. Dieses rapide Wirtschaftswachstum wird als «das Wunder am Han-Fluss» beschrieben. Heute ist Südkorea die viertgrösste Volkswirtschaft in Asien. Das Land ist modern und wohlhabend, hat das schnellste Breitbandmobilnetz der Welt und setzt Standards für die digitale Welt von morgen. Mit Samsung, Hyundai, SK Hynix oder LG stammen gleich mehrere Unternehmen, die bereits zu den weltweiten Marktführern gehören, aus Südkorea. Auch künftig will die Halbinsel im Welthandel eine starke Position einnehmen und wird sich deshalb künftig vor allem als Forschungs- und Entwicklungsstandort sowie als Test- und Referenzmarkt für ganz Asien bei Hightech- oder Lifestyle-Produkten zu positionieren versuchen. So planen die koreanische Regierung und die grossen Unternehmen des Landes massive Investitionen in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Big Data, virtuelle Realität und in erneuerbare Energien. Ebenso in den Bereichen Biotech, Medtech, MEM und Konsumgüter sind die Wirtschaft und die Konsumenten hungrig nach innovativen Lösungen, um das Wachstum weiterzutreiben. Doch wie gelingt es Schweizer Unternehmen, Teil dieses Ökosystems zu werden?
Messen in Südkorea als Plattform
Eine Möglichkeit für den Markteintritt sind internationale Fachmessen, die in Südkorea enorm an Bedeutung gewonnen haben. So hat sich die SIMTOS in den letzten Jahren zur bedeutendsten Messe für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik entwickelt. Die Zahl der Aussteller ist von anfänglich 270 auf heute über 1 130 gestiegen. Mit der KIMES ist eine weitere grosse Fachmesse in Südkorea beheimatet, wo Aussteller aus aller Welt ihre neusten Innovationen in den Bereichen Medizin- und Krankenhaustechnik zeigen. Eine Präsenz an einer internationalen Messe ist für Schweizer KMU eine gute Plattform, sich als Firma zu zeigen und die eigenen Produkte einem Fachpublikum zu präsentieren. Wer den Messeauftritt darüber hinaus nutzt, um sich gleichzeitig mit potenziellen Kunden zu treffen, dem können sich die Türen in Südkorea öffnen: Ein gezielter Austausch während der Messen ist für das erfolgreiche Geschäft entscheidend. Es lohnt sich daher, die Meetings bereits vor der Messe abzumachen und sich entsprechend vorzubereiten. So können Schweizer Exporteure in den Gesprächen die Marktbedürfnisse abtasten oder bereits konkrete Geschäfte abschliessen.
Eine weitere Möglichkeit ist der Einstieg über E-Commerce. Ein Leben ohne digitale Kanäle und Online-Shopping ist in Südkorea kaum vorstellbar. Die digitale Affinität widerspiegelt sich nicht nur in der führenden Breitbandtechnologie, sondern auch in der Tatsache, dass 99.2 Prozent aller Haushalte über einen Internetzugang verfügen. Der Online-Handel hat die herkömmlichen Verkaufswege inzwischen überflügelt und ist nicht mehr wegzudenken. E-Commerce bietet daher vor allem im Konsumgüterbereich gute Exportmöglichkeiten. TV-Home-Shopping ist ebenfalls ein stark genutzter Verkaufskanal für Konsumgüter. Es gibt nicht weniger als sieben Home-Shopping-Kanäle, die in zehn verschiedenen Ländern ausgestrahlt werden. Schweizer Unternehmen müssen dafür ihr bisheriges Geschäftsmodell überprüfen und dieses allenfalls für den südkoreanischen Markt anpassen.
Geschäftspartner versus Niederlassung
Über welchen Weg Schweizer KMU den südkoreanischen Markt auch erschliessen, sie müssen strategisch entscheiden, ob sie mit einem Geschäftspartner (Distributor, Handelsagent) zusammenarbeiten oder eine eigene Niederlassung vor Ort gründen möchten. Ein lokaler Geschäftspartner kann helfen, den Markt optimal aufzubauen. Denn ein Geschäftspartner versteht, wie der Markt funktioniert, welche Bedürfnisse er hat, wie die Kunden erreicht werden können oder wie die Zusammenarbeit mit den Behörden funktioniert. Für Schweizer KMU ist jedoch oft eine eigene Niederlassung vor Ort empfehlenswert. Die Unternehmen sind dadurch noch näher am Markt und können ihr globales Wachstum oft besser vorantreiben. Sie haben volle Kontrolle über den Markenaufbau, Preise und Transparenz zu den Kunden. Um Schweizer KMU bei der Gründung einer Niederlassung oder bei der Suche nach dem richtigen Geschäftspartner zu unterstützen, ist Switzerland Global Enterprise mit einem Swiss Business Hub in Südkorea vertreten. Aufgrund des offiziellen Status verfügen alle Swiss Business Hubs über ein ausgezeichnetes Expertennetzwerk, und sie stellen ihr lokales Wissen den Schweizer Exporteuren zur Verfügung.
Im Index «Ease of Doing Business 2019» der Weltbank belegt Korea den Rang 5 (Taiwan 13, Schweiz 38, Japan 39, China 46). In der Tat kann eine eigene Niederlassung rasch und kostengünstig aufgebaut werden. Aber ob mit Niederlassung oder lokalem Geschäftspartner, der Schweizer Hauptsitz muss sich intensiv um den Markt kümmern. Dies ist aufgrund der geografischen und kulturellen Distanz nicht immer einfach – aber machbar und sehr lohnend.
Die Kultur in Südkorea
Mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen, ist relativ einfach. Die Südkoreaner sind ein sehr offenes Volk und viele von ihnen verfügen über gute Englischkenntnisse. Im täglichen Business sind sie sehr tüchtig und lange Arbeitszeiten gehören zur Tagesordnung, auch wenn im Jahr 2018 die gesetzlich erlaubten Arbeitsstunden von 68 auf 52 pro Woche gesenkt wurden. Durch diesen Fleiss können sie zudem sehr fordernd sein, lange Wartezeiten sind praktisch inakzeptabel. Dies hat zur Folge, dass Geschäftsbeziehungen sehr pragmatisch abgewickelt werden, und wenn ein Produkt kein klares Alleinstellungsmerkmal aufweist, wird es nicht verkauft. Trotz dieser schnellen und pragmatischen Arbeitsweise legen die Südkoreaner sehr viel Wert auf Hierarchien. Ein südkoreanischer CEO schliesst seine Geschäfte meist nur mit Personen auf gleicher Stufe ab. Entsprechend wichtig ist eine gute Beziehungspflege zu den Businesspartnern. Dabei kann es von Vorteil sein, wenn Schweizer Unternehmer neben guten Englischkenntnissen auch wenige Worte auf Koreanisch können und beispielsweise wissen, dass Kimchi ein Nationalgericht ist und das Land rund 51 Millionen Einwohner hat.
Von Freihandelsabkommen profitieren
Schweizer Unternehmen haben Südkorea als Exportmarkt entdeckt. Es bestehen vergleichsweise wenige nicht tarifäre Handelshemmnisse, und Produkteanmeldungen gehen rasch und kostengünstig vonstatten. Allein im Jahr 2017 wurden Güter im Wert von über drei Milliarden Franken in das asiatische Land exportiert. Damit war es hinter China, Japan, Hongkong und Singapur der fünftwichtigste Handelspartner auf dem asiatischen Kontinent. Schweizer Exporteure profitieren beim Handel mit Südkorea von einem Freihandelsabkommen, das seit dem 1. September 2006 in Kraft ist. Die Schweiz ist zudem bestrebt, das Abkommen zu modernisieren. Südkorea seinerseits verfügt – wie die Schweiz auch – über ein dichtes Netz an Freihandelsabkommen. Das Land hat entsprechende Verträge unter anderem mit der EU, den USA und China unterzeichnet. Diese Freihandelsabkommen verhelfen dem Land zu weiterem Wachstum auf dem internationalen Markt und die Position als sechstgrösster Exporteur der Welt zu stärken. Schweizer Unternehmen können mit Exporten nach Südkorea also nicht nur das eigene Wachstum vorantreiben, sondern auch die südkoreanische Wirtschaft stärken und möglicherweise Teil einer internationalen Lieferkette werden.