Bereits zum 10. Mal hat die grösste wissenschaftliche Recruiting-Studie im deutschsprachigen Raum die Recruiting-Prozesse der führenden Unternehmen nach Umsatz und Mitarbeitenden in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein untersucht. Als Gewinnerin der diesjährigen BEST-RECRUITERS-Studie geht die Graubündner Kantonalbank vor dem Universitäts-Kinderspital Zürich und der KPMG AG hervor. Auffällig ist der Fokus auf die Arbeitgeberpositionierung im Web: Der Anteil jener Unternehmen, die flexible Arbeitszeiten, Gesundheitsmassnahmen oder Werte transparent kommunizieren, ist deutlich gestiegen. Gleichzeitig wird die Kommunikation mit Bewerbenden unpersönlicher: Weniger Arbeitgebende geben Kontaktpersonen etwa für Rückfragen bekannt. Auch die Wertschätzung in Absageschreiben ist zurückgegangen.
Die Stichprobe erzielt das höchste durchschnittliche Ergebnis in der Kategorie Mobile Recruiting: Karriere-Websites, Stellenmärkte und Stellenanzeigen sind zu einem hohen Grad für Mobilgeräte optimiert. Bei der mobilen Usability sieht es hingegen anders aus: Bewerbungen per Smartphone sind häufig mit Hindernissen wie verpflichtender Account-Erstellung und umfangreichen Bewerbungsformularen verbunden. Dadurch werden in dieser – erstmals untersuchten – Kategorie im Schnitt nur 29 % erreicht.
Mit 63 % in der Kategorie Bewerbungsresonanz zeigen die Arbeitgebenden solide Kompetenz in der Beantwortung von Bewerbungen, können das Vorjahresergebnis von 67 % jedoch nicht halten.
Beziehungsaufbau erschwert
„In Zeiten gesteigerter Digitalisierung und des KI-Recruitings bekommt früher persönlicher Beziehungsaufbau besonderes Gewicht im Wetteifern um die Right Potentials“, analysiert Studienleiterin Agnes Koller. Im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich hier allerdings ein rückläufiger Trend: Nur ein Viertel der Arbeitgebenden ermöglicht die persönliche Kontaktaufnahme mit Recruiting-Verantwortlichen über die Website – um 7 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. In Online-Stellenanzeigen ist dieser Wert mit 59 % konstant. Antworten auf eingereichte Bewerbungen fallen ebenfalls weniger persönlich aus: 62 % der Schreiben enthalten einen individuellen Absender beziehungsweise eine Ansprechperson für etwaige Rückfragen (Vorjahr: 66 %). Ebenso ist ein Rückgang der Wertschätzung zu verzeichnen: Während nach wie vor die Mehrheit der Bewerbungsprozesse individuell aufbereitete CVs und Motivationsschreiben vorsieht, erkennen nur 23 % der Absagen den Aufwand der Bewerbung an (Vorjahr: 28 %).
Stellenanzeigen informativer
Als oftmals erster Berührungspunkt zwischen Arbeitgebenden und potenziellen Bewerbenden enthalten Stellenanzeigen in diesem Jahr tendenziell mehr relevante Informationen: Rund acht von zehn Anzeigen geben Aufschluss über die Art der Beschäftigung, etwa das konkrete Pensum oder den Arbeitszeitrahmen (plus 9 Prozentpunkte). Knapp ein Viertel thematisiert Remote-Working-Modalitäten in Verbindung mit der Position (plus 10 Prozentpunkte). „Für viele Zielgruppen stellen derartige administrative Details ein Knock-out-Kriterium in der Jobwahl dar. Ihre transparente Kommunikation fördert daher nicht zuletzt die Selbstselektion und reduziert den Aufwand im Recruiting“, unterstreicht Agnes Koller.
Mobile Bewerbung weitgehend möglich, aber aufwändig
Karriere-Websites (99 %), Stellenmärkte (97 %) und Online-Stellenanzeigen (94 %) sind nahezu flächendeckend für mobile Geräte optimiert. Ebenso bieten knapp neun von zehn der Arbeitgebenden grundsätzlich eine mobile Bewerbungsmöglichkeit (88 %). In der Praxis finden sich aber häufig Hürden: So setzen etwa 42 % der Arbeitgeber:innen die verpflichtende Erstellung eines Bewerbungsaccounts voraus. Ein Account kann bei mehreren Bewerbungen für denselben Arbeitgeber zwar von Vorteil sein, schreckt hingegen jene ab, die sich bei mehr als einer Unternehmung bewerben und den Überblick über zahllose Nutzerkonten behalten müssen.
Auch eine Analyse der weiterführenden Bewerbungsübermittlung zeigt Hindernisse: Rund ein Drittel der mobilen Bewerbungsformulare sehen mehr als 20 Felder vor, die per Smartphone ausgefüllt werden sollen. Umgekehrt beinhalten lediglich 2 % fünf Felder oder weniger.
Authentisch die Arbeitsrealität vermitteln
Immer mehr Menschen legen Wert darauf, den Sinn in ihrer Arbeit zu erkennen, etwas zu einem übergeordneten Ziel beizutragen, wie beispielsweise das Arbeitsbarometer 2023 von Randstad zeigt. Bei einem Drittel der Arbeitgebenden ist dies bereits angekommen: Sie kommunizieren den Corporate Purpose auf ihrer Karriere-Website. Ein Fünftel integriert ihn direkt in Stellenanzeigen.
„Potenzielle Bewerbende wollen ausserdem wissen, wie der Arbeitsalltag tatsächlich abläuft. In Form persönlicher Geschichten und Erfahrungen lässt sich dies greifbar vermitteln“, erläutert Studienleiterin Agnes Koller. „Unternehmen werben vermehrt mit flexibler Arbeitszeitgestaltung, allerdings versteht unter dem allgemeinen Begriff jeder etwas Anderes“. Schweizer Arbeitgebende sind hier vergleichsweise innovativ und setzen Storytelling beispielsweise häufiger in Zusammenhang mit flexiblen Arbeitszeitmodellen ein als österreichische (7 % vs. 4 %).
Die Top 10 Arbeitgebenden in der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein:
- Graubündner Kantonalbank
- Universitäts-Kinderspital Zürich
- KPMG AG
- Migros Bank AG
- Vebego AG
- Helsana-Gruppe
- Migros-Genossenschafts-Bund
- thyssenkrupp Presta AG
- CSS Versicherung
- Hays (Schweiz) AG
Der Erfolg der Gesamtsiegerin begründet sich unter anderem durch den individuellen Blick auf Zielgruppen: „Reflexions- und Feedbacksessions sowie Erfahrungsaustausche helfen uns, unsere Candidate Journey bedürfnisgerecht zu gestalten und stetig zu optimieren. Wir haben beispielsweise unsere Zielgruppen aktiv eingebunden, um passende Massnahmen zur durchgehenden und konsistenten Gestaltung der Candidate Journey abzuleiten.“, schildert Samira Amanda Luzi, HR-Beraterin der Graubündner Kantonalbank.
Fokus 2023/24: Individualisierung
Im kommenden Studienjahrgang wird unter anderem die Analyse der individuellen, kandidat:innenzentrierten Ansprache ausgesuchter Zielgruppen weiter verfeinert, ausserdem das Portfolio untersuchter Bewerbungs- sowie Social-Media-Kanäle erweitert. Arbeitgeber:innen, die aufgrund ihrer Grösse nicht per se Teil der Stichprobe sind, können bereits jetzt ein Opting-in für den kommenden Studienjahrgang stellen.
Weiterführende Informationen zur Studie
Die Präsentation der Studienergebnisse sowie die Auszeichnung der Top-Recruiter:innen 2022/23 aus 31 Branchen fand am Nachmittag des 13. Juni 2023 im Papiersaal Zürich statt. Fotos können hier abgerufen werden. Auf der Website stehen das Siegerplakat, die aktuellen Rankings, die Presseinformation mit weiteren ausgewählten Studienresultaten und Analysen über den Studienzyklus 2022/23 sowie allgemeine Informationen zur Studie zur Verfügung. Auf Wunsch senden wir Ihnen gerne weiterführende Informationen wie individuelle Auswertungen und Grafiken.
Über BEST RECRUITERS
Seit 2013 untersucht BEST RECRUITERS jährlich die Recruiting-Qualität der Unternehmen in der Schweiz und in Liechtenstein. Initiiert wurde die Studie 2010 in Österreich, 2011 folgte die Erweiterung nach Deutschland. Der Kriterienkatalog wird laufend überarbeitet und in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Studienbeirat – Kuno Ledergerber, ehemaliger Leiter des Zentrums für Human Capital Management an der ZHAW, Prof. Dr. Marco Furtner, Professor für Entrepreneurship & Leadership an der Universität Liechtenstein, und Univ. Prof. Dr. Wolfgang Elsik, Vorstand des Instituts für Personalmanagement der Wirtschaftsuniversität Wien – an aktuelle Entwicklungen im HR-Bereich angepasst. Im Studienjahrgang 2022/23 wurden 287 Kriterien aus 10 Kategorien entlang der Candidate Journey erhoben. Diese umfassen die Karriere-Website, Mobile Recruiting, Initiativen im Social Web sowie Inhalt und Usability von Job-Inseraten. Auch der direkte Kontakt mit Bewerbenden wird beleuchtet: Hierfür werden Bewerbungen sowie Anfragen an jedes Unternehmen / jede Institution der Stichprobe geschickt und die Rückmeldungen in Bezug auf Zeitrahmen und Inhalt analysiert. Die Auswertung erfolgt in einem dreibändigen Studienbericht, der alle Ergebnisse mit Grafiken und Diagrammen visualisiert, aufschlüsselt und mithilfe ausgewählter Benchmarks und Best Practices Optimierungsempfehlungen für Recruiting-Verantwortliche bietet. Für überdurchschnittliche Recruiting-Leistungen vergibt BEST RECRUITERS Gold-, Silber- und Bronze-Zertifikate sowie Qualitätssiegel.
Foto: BEST RECRUITERS / Scheiblecker/GPK