Auf der einen Seite profitieren KMUs gerade auch in der Schweiz, von der Globalisierung. Insbesondere Schwellenländer, die in den letzten Jahren erstaunliche Wachstumszahlen ablieferten und spannende Märkte sind, da sie oft eine aufstrebende, gut ausgebildete und konsumfreudige Mittelschicht aufweisen können, haben Unternehmensverantwortliche erfreut. Auf der anderen Seite gibt es in Staaten wie zum Beispiel den BRICS und MENA, aber nicht nur Konjunkturkrisen, sondern strukturelle Verwerfungen, die Unternehmenserfolge wie Schnee in der Sonne schmelzen lassen können.

Willkommen in der Dauerkrise. Sie ist unsere neue Normalität. Jeden Tag lesen wir dazu mediale Katastrophenmeldungen. Sie verändert die betroffenen Gesellschaften und die Regeln ihres Zusammenlebens. Manchmal ist das eine Berg- und Talfahrt. Der leichte Schnupfen in Form kurzer Konjunkturkrisen wurde aufgrund falscher oder fehlender Behandlung zu einer gefährlichen chronischen Krankheit. Nehmen wir das Beispiel Argentinien. Zu Beginn des Jahrhunderts rutschte das Land in eine Staatspleite. Wenige Jahre später war es ein spannendes Schwellenland. Aktuell steht es wieder kurz vor der Pleite. Das ist nichts für schwache Nerven und Gift für langfristig planende Unternehmen.

Diesen Realitäten müssen sich KMUs stellen. Je schneller, desto besser. Eine gute Vorbereitung hilft. Dieser Artikel mit einer Beschreibung der aktuellen Herausforderungen und zehn Tipps zu deren Bewältigung ist ein erster Denkanstoss dazu.

Politische Krisen in Entwicklungsländern
In den letzten Jahren ist es in einer zunehmenden Anzahl von Ländern zu politischen Krisen, inneren Unruhen oder sogar zu Kriegen gekommen. Die Anzahl der sogenannten «failed states» nimmt weiter zu. Berühmte Beispiele, die fast täglich durch die Presse gehen, sind Länder im Mittleren Osten, (Nord-) Afrika, Asien und jetzt auch in Osteuropa. Gerne landet man dann in Schwarz-Weiss-Bildern. Inzwischen gilt ganz Afrika trotz der zunehmenden Geschäftspotentiale, mit der Ausnahme von Südafrika als Katastrophenkontinent. Fast alle europäischen Akteure, bis auf wenige Rohstoffkonzerne, haben sich zurückgezogen. Chinesische und auch indische Unternehmen sind in den letzten beiden Jahrzehnten gerne in diese Lücken gesprungen. Es gilt, das lässt sich schon hier sagen, einen differenzierten und genauen Blick zu entwickeln.

Staatsschuldenkrisen in den Industrieländern
Seit sechs Jahren leidet die EU, insbesondere die südlichen Gesellschaften, unter den Auswirkungen der Staatsschuldenkrise, ähnlich wie vorher und immer noch die USA und Japan. Seit deren Ausbruch 2008 sind die Schulden der Industrieländer so stark angestiegen, dass sie nur durch eine Null-Zins-Politik und eine unbegrenzte Liquiditätsversorgung ihrer ehemals unabhängigen Zentralbanken zu finanzieren sind. Darin sind zukünftige Verbindlichkeiten wie zum Beispiel Pensionszusagen noch gar nicht enthalten. Die aktuell positiven Meldungen sind mit Vorsicht zu geniessen, da mit dem Fluten der Geldmärkte, Zeit gekauft wird, aber keine strukturellen Probleme gelöst werden und der klassische Sparer im Moment die Zeche zahlt.

Wachstumsschwäche in den BRICs
Zusätzlich geht das jahrelang sehr hohe Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern wie den BRICS zurück. Dies trifft insbesondere die exportstarken Industrieländer und ihre Unternehmen, die am meisten von dem Wachstum profitiert haben. Die Schwellenländer wurden aufgrund der Stagnation in der EU zu ihren aussichtsreichsten Absatzmärkten. Gleichzeitig sind dort in Rekordzeit eine junge und hoch qualifizierte Mittelschicht und international wettbewerbsfähige Unternehmen entstanden, die jetzt als ernsthafte Mitbewerber auf die Weltmärkte drängen. Das wird bald zu spüren sein.

Komplexerer Aussenhandel
Nach dem Scheitern der letzten WTO Runde über ein globales Freihandelsabkommen konzentrieren sich Staaten oder Freihandelszonen auf den Abschluss bilateraler Abkommen. Dies ist sicherlich zu begrüssen, da bürokratische Hürden gerade für kleine Unternehmen abgebaut werden können. Ein Beispiel ist das aktuell abgeschlossene Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China. Trotzdem müssen sich KMU-Verantwortliche auf eine höhere Komplexität einstellen. Der Grund: Parallel dazu nehmen vor allem nicht-tarifäre Handelsbeschränkungen zu, deren Auswirkungen besonders KMUs sofort und direkt spüren. In der Praxis sind dies meistens technische und rechtliche Vorschriften, die den Markteintritt verteuern und verzögern. KMU-Verantwortliche kommen daher bisher oft zum Schluss, dass ein Markteintritt sich nicht lohnt.

Schwierige Aussichten
Wirtschaftskrisen haben heute eine andere Qualität. Sie sind keine vorübergehenden Ereignisse mehr wie ein kurzes, aber heftiges Gewitter oder wie die Konjunkturkrisen Mitte des 20. Jahrhunderts in den europäischen Staaten. Auf Regen folgt heute kein Sonnenschein mehr. Im Gegenteil: Die strukturellen Probleme, die eine Staatsschuldenkrise auslösen, werden heute aus politischen Gründen nicht mehr angegangen. Anstatt dessen wird an den Symptomen herum laboriert und trotz rekordhoher Steuereinnahmen nach immer neuen Einnahmequellen gesucht.

Eine ähnliche Entwicklung ist bei Staatskrisen zu beobachten. Trotz intensiven Ressourceneinsatzes der internationalen Gemeinschaft ist der Weg zurück zu einer funktionierenden Infrastruktur steinig, ein Ende nicht absehbar und von Rückschlägen gekennzeichnet. Die aktuelle Situation in Syrien, im Irak oder in Afghanistan ist ein trauriges Beispiel dafür. Vorhandene Infrastruktur und verlässliche wirtschaftspolitische Rahmenbedingen sind jedoch die Voraussetzung für Investitionen.

Die Kuh melken statt schlachten
Regierungen, egal welcher Couleur, haben verstanden, dass es auf Dauer sinnvoller ist, die Kuh zu melken anstatt zu schlachten. So hat das Risiko einer Konfiszierung einer Tochtergesellschaft, oder Produktion im Ausland stark abgenommen, während der Wettbewerb um die Milch beziehungsweise die Konfiszierung von Erträgen durch Steuern, Gebühren oder Regulierung durch alle Regierungen immer mehr zunimmt. Durch den Budgetdruck in vielen Ländern kann von einer weiteren Erhöhung von Abgaben, einem zunehmenden Protektionismus und einer sinkenden Rechtssicherheit (zum Beispiel Neuverhandlung von Doppel-Besteuerungsabkommen) ausgegangen werden.

Traurige Realität – Alleine in der Krise
Staatskrisen sind gerade für KMUs, die in andere Märkte wollen und müssen eine grosse Herausforderung. Mit dem Zusammenbruch der staatlichen Infrastruktur löst sich die gesamte Geschäftsgrundlage oftmals in Luft auf. Im Einzelnen kann dies dazu führen, dass der konsularische Schutz des Heimatlandes und Versicherungsdeckungen wegfallen, bilaterale Verträge nicht mehr durchsetzbar sind (Beispiel: Freihandelsabkommen), die lokalen Institutionen und Infrastruktur nicht mehr funktionieren, wertvolles Firmenvermögen durch Konfiszierung oder Zerstörung verloren geht, Lieferketten auseinander brechen oder entgangene Gewinne und Umsätze zu verkraften sind. Das Fazit ist ernüchternd: In einer Staatskrise stehen gerade KMU-Verantwortliche meistens alleine da.

Ketchup-Flaschen-Effekt
Es gibt kein Muster für die Entstehung und Entwicklung von Krisen. Sie kommen plötzlich oder kündigen sich langfristig an. In den meisten Fällen reagieren Unternehmen jedoch zu spät, wie der sogenannte Ketchup-Flaschen-Effekt zeigt. Am Anfang einer Krise passiert – auch mit viel «schütteln» – überraschend wenig. Sobald sich die meisten Marktteilnehmer bereits wieder in Sicherheit wiegen und hoffen, dass es nicht so schlimm wird wie erwartet, eskaliert die Situation.

Davon sind gerade KMUs betroffen, die keinen Stab an Bord Ihres Hauses haben oder über kein entsprechendes Frühwarnsystem und funktionierendes Krisenmanagement verfügen. Dadurch verlieren sie viel Zeit, was den Handlungsspielraum einschränkt und die Verlustrisiken erhöht.

Was tun? – 10 Tipps für mehr Erfolg in der neuen Realität
Das Ziel ist die Fähigkeit eines KMU auch in schwierigen Situationen handlungsfähig zu bleiben. Es geht also nicht um «den Kopf in den Sand stecken» oder kopflosen Aktivismus, sondern sinnvolles und erfolgreiches Handeln.

1. Beachtung von Embargos und Sanktionen:
In der Ukraine-Krise hat der Westen Sanktionen gegen einzelne Personen verhängt. Problematisch für ein KMU ist jedoch, dass die Listen laufend geändert wurden und jedes Land andere Personen darauf gesetzt hat. Darüber hinaus erkennt ein Laie nicht immer wer hinter welchem Unternehmen steht. Noch problematischer ist, dass Vergehen gegen Sanktionen sehr hart bestraft werden und auch hier Unwissenheit leider nicht vor Strafe schützt.
2. Einsatz von Marktbearbeitungsprozessen:
Viele Unternehmen verwenden heute moderne Marktbearbeitungsprozesse, wie zum Beispiel company2newmarket®. Diese beinhalten unter anderem eine laufende Überprüfung der Länderrisiken zur Anpassung der Unternehmensstrategie bzw. der Ressourcenallokation. Selbst kleinere KMUs finden hier Informationen, die ihnen helfen die richtigen Schwerpunkte zu setzen.
3. Nutzung eines Marktinformationssystems:
Marktinformationssysteme wie das Market Factbook der C2NM helfen informierte Entscheidungen zu treffen. Mit aktuellen Daten und einer Vielzahl praktischer Analysetools werden zum Beispiel Länder analysiert, miteinander verglichen und mögliche Trends oder Entwicklungs-Szenarien abgeleitet. Dies beinhaltet auch politische Risiken. Es gibt aber immer noch sehr viele attraktive Auslandsmärkte mit guten Geschäftschancen. Beispiele sind Kolumbien, Korea, Indonesien oder Ghana. Man muss nur genauer hinsehen.
4. Verlagerung von Vermögenswerten in politisch und wirtschaftlich stabile Länder:
Vermögenswerte wie Kapital, immaterielle Vermögensrechte, Läger sowie die F&E-Abteilungen sind meist in politisch und wirtschaftlich stabilen Ländern angesiedelt, die über Freihandelsabkommen gut in der Region vernetzt sind. Dies kann zum Beispiel Singapur sein von wo aus alle anderen Märkte Südost-Asiens bearbeitet werden.
5. Konzentration auf Export:
In Hochrisiko-Länder sollte die Marktbearbeitung in Zusammenarbeit mit einem lokalen Vertriebspartner erfolgen, der als eine Art Grosshändler den Import, die Lagerung und den Vertrieb der Produkte sicherstellt, aber das KMU auch über lokale Gesetze (Beispiel: technische Spezifikationen) und Marktentwicklungen informiert. Als alternative Markteintrittsformen ohne eigene Mitarbeiter im Auslandsmarkt bieten sich auch Lizenzierung und Franchising an.
6. Entwicklung und laufende Aktualisierung von Schubladenplänen:
Im Falle einer Krise ist Zeit nicht nur Geld, sondern auch Sicherheit. Hier werden Themen geregelt wie zum Beispiel die Evakuierung von Mitarbeitern, das Verhängen von Reisesperren, die Sicherung von Vermögenswerten oder die strukturierte Information aller Entscheidungsträger.
7. Kontrolle der Produktverwendung:
Der Exporteur sollte immer wissen, welcher Kunde seine Produkte kauft und wie er diese verwendet (der Endverbleibsnachweis ist da das zentrale Stichwort), um Reputationsprobleme zu vermeiden. Kein KMU kann es sich leisten, dass seine Produkte in Kriegswaffen eingebaut werden, an  Unternehmen mit Kinder- oder Zwangsarbeit verkauft werden oder nicht fachgerecht entsorgt werden. Dies gilt besonders in Krisenregionen.
8. Integration als good corporate citizen:
Von KMUs mit Tochtergesellschaften und Fabriken in Auslandsmärkten wird erwartet, dass sie sich ähnlich wie ein Ausländer in der Schweiz integrieren. Eine gute Integration im Auslandsmarkt ist gerade in Krisenzeiten Gold wert. Dies beinhaltet vertrauensvolle Beziehungen zu Entscheidungsträgern und lokalen Vertretern, um eine bessere Lageeinschätzung zu bekommen. Die Lokalisierung des Managements gehört auch zur Integration. In vielen Ländern gibt es heute gut ausgebildete Einheimische, die internationale Berufserfahrung haben und mit lokalen Verträgen beziehungsweise Konditionen arbeiten.
9. Umsatzdiversifikation:
Ein KMU kann seine Risiken deutlich senken, in dem es seinen Umsatz auf viele verschiedene Auslandsmärkte verteilt wie in einem gut diversifizierten Aktiendepot. Dies gilt auch für das Kundenportfolio innerhalb eines Landes.
10. Zahlungskonditionen und Lieferbedingungen:
Es ist für die meisten KMUs selbstverständlich, dass in Hoch-Risikoländer nur gegen Vorkasse geliefert wird oder die Zahlung mittels einer Kreditversicherung (Bsp. SERV) oder eines Akkreditivs abgesichert wird. Bei den Lieferbedingungen sollten sich KMUs an den Incoterms orientieren und die Einfuhr-Verzollung und Einfuhr Versteuerung immer dem lokalen Importeur überlassen.

Fazit
Die neue Realität ist komplex. Die 10 Tipps sind sicher nur ein Anfang. Jede Krise, jedes Unternehmen und jedes Land ist anders. Einfach ins Ausland exportieren geht heute nicht mehr. Es kommt auf die richtige Expertise an und auf die Zusammenarbeit mit den richtigen Experten, die sich auch in schwierigen Zeiten nicht wegducken und die notwendige praktische Erfahrung mitbringen.

Weitere Informationen:
www.company2newmarket.com