Vom ersten Kick-off bis zum Go Live eines E-Commerce Shops im B2B-Umfeld können zwei Monate oder zwei Jahre vergehen. Natürlich spielen Umfang und Komplexität des Geschäftsfeldes sowie die Wahl der Plattform eine große Rolle für die Projektdauer. Doch häufig sind es hausgemachte Verzögerungen, die den Zeitrahmen sprengen sowie Budget und Nerven unnötig strapazieren. Wer als B2B-Unternehmen zügig den Einstieg oder Relaunch im Online-Handel realisieren will, sollte insbesondere die Grundprinzipien von «Minimal Viable Product» (MVP) berücksichtigen, das heisst E-Commerce Webshops als Prozess verstehen: entwickeln, messen, lernen – wiederholen, und sich für den nächsten Zyklus weiterentwickeln. Melanie Volkmann, Projekt Managerin von Sana Commerce, erläutert anhand von sechs typischen Zeitfallen, wie Webshops schneller realisiert werden können:
1. Entscheidungsprozesse beschleunigen: Konsens ist zu wenig – Technikverständnis fördern
Für E-Commerce-Projekte gehören erstmal alle Unternehmensbereiche an einen Tisch – das ist bekannt. Allerdings: Oft wird dabei nur strategischer Konsens geschaffen. Das ist zu wenig. Worauf es ankommt, ist, dass auch ein grundlegendes Technikverständnis für Webshops geschaffen wird – etwa zu Fragen wie: welche Konsequenzen haben unterschiedliche Plattformen und Bereitstellungsmodelle? Wie beeinflussen Geschäftsprozesse und Datenhaltung die Funktionen im Webshop? Welche bestehenden Unternehmenssysteme sind vom E-Commerce-Projekt betroffen?
Damit wird auch schnell klar: Das Herz von E-Commerce sind Business-Logik und Daten, weshalb das bestehende ERP-System eine zentrale Rolle spielt. ERP-Verantwortliche und -Partner müssen folglich von Anfang an eng involviert sein. Ähnliches gilt für Fachabteilungen, deren Prozesse vom E-Commerce-Projekt betroffen sind, etwa die Finanzbuchhaltung, die erfahrungsgemäß häufig viel zu spät eingebunden wird.
2. Je besser die Vorbereitung, um so kürzer die Projektdauer: Dokumentationen vom Software-Anbieter beherzigen
So banal es klingt, so häufig wird dies vernachlässigt. Doch damit sind viele Vorteile verbunden: Es hilft, den Arbeits- und Kostenaufwand bis zum Go-Live realistisch zu kalkulieren, die Standardfunktionen auszureizen und so individuelle Programmierungen auf ein Minimum zu begrenzen. Zudem ist mit einer guten Vorbereitung zu klären, was inhouse umgesetzt werden kann und was von externen Dienstleistern übernommen werden muss.
3. Arbeit im Fluss: Bloße Koordination ist zu wenig – es braucht Projektmanagement mit allen Tugenden
Unabhängig von der Methodik – E-Commerce Vorhaben wollen mit allen Tugenden des Projektmanagements gesteuert werden. Nur dann wissen die verschiedenen externen und internen Akteure, was sie wann zu tun haben, was wovon abhängig ist, zu welchem Zeitpunkt etwas fertig oder entschieden sein muss. Nur allzu oft stockt ein E-Commerce-Projekt, weil Beteiligte zu spät informiert oder mit unrealistischen Vorgaben konfrontiert werden. Gutes Projektmanagement mit entsprechender Dokumentation hilft auch, wenn es zu Unterbrechungen kommt: Bei einem Neustart sind damit alle Beteiligten wieder schnell auf dem aktuellen Stand, bereits erfolgte Arbeiten und Anpassungen sowie getroffene Entscheidungen nachvollziehbar.
4. Fehler früh erkennen: Testen – regelmässig und mit System
Sich mal eben durch den Webshop durchklicken genügt nicht. Ratsam ist, vorab durchdachte, spezifische Testszenarien mit klaren Anforderungen durchzuführen, bestenfalls von unterschiedlichen Fachbereichen und ausgewählten Kunden als Tester. Dies hilft, frühzeitig Fehlentwicklungen entgegenzuwirken, nötige Anpassungen vorzunehmen und Doppelarbeit zu vermeiden.
5. Vom Leichten ins Schwere: Standards ausreizen – Customization reduzieren
Im Laufe eines E-Commerce-Projekts wird die Wunschliste der Funktionalitäten zumeist immer länger – verständlich, aber tückisch. Zeit- und Kostenvorteile hat, wer für seinen Webshop zunächst die Standardfunktionalitäten der Lösung ausreizt und erst anschliessend mit etwas Erfahrung und anhand von Kunden-Feedback entscheidet: Welche Zusatzfunktionen können tatsächlich einen spürbaren Mehrwert liefern und was ist an Customization erforderlich.
6. Nicht in Schönheit sterben: Klarheit über den Go-Live Scope – Pragmatismus statt Perfektion
Der – zugegeben – natürliche Hang zum «dann machen wir auch gleich…» mit perfektionistischen Zügen hat schon so manchen Projektplan und Go-Live Termin um Monate verschoben, bereits erledigte Grundsatzfragen neu aufgeworfen und Frustrationsgrenzen ausgereizt. Es sollte daher vorher klar definiert sein, was der Webshop zum Start vorweisen muss und was im ersten Schritt entbehrlich ist – Stichwort «Minimal Viable Product». Dieser Pragmatismus ist für eine zügige, gesunde E-Commerce-Entwicklung wichtig – verbunden mit einer Projektleitung, die das auch durchzusetzen weiß.
Diese sechs Maßnahmen für eine beschleunigte Umsetzung von integrierten B2B-Webshops gelten unabhängig von der Projektmethodik – ob Agile, Kanban, Wasserfall oder Mischformen. Denn: Je zügiger ein E-Commerce-Projekt mit greifbaren Ergebnissen gelingt, um so höher ist die Motivation mit einem guten Team-Spirit, der vieles erleichtert und die weitere Entwicklung im Online-Handel beflügelt.