Sebastian Frehner, der im November 2010 für Jean Dunant in den Nationalrat nachrückte, wurde 2011 mit 11’197 Stimmen als Bisheriger in die grosse Kammer gewählt, wo er Mitglied der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit NR (SGK-NR) und der Gerichtskommission (GK-V) ist. Bereits 1996 trat er in die SVP Basel-Stadt ein, 2001 in die JSVP Basel-Stadt anlässlich deren Gründung. Er war von Februar 2005 bis September 2014 Grossrat, wo er unter anderem mehrere Jahre als Mitglied der Finanzkommission amtierte. Seit 2006 sitzt Sebastian Frehner im Zentralvorstand der SVP Schweiz und ist seit 2009 Präsident der SVP Basel-Stadt. Der promovierte Jurist und Revisor (RAB) gründete 2009 die «Dr. Sebastian Frehner Consulting» in Basel und ist als selbstständiger Unternehmer im Bereich Treuhand, Unternehmensberatung, Rechtsberatung und Politconsulting sowie als Mitglied verschiedener Verwaltungsräte von KMU tätig.
Im Gespräch mit dem «Geschäftsführer» erinnert sich Sebastian Frehner an seine Anfänge als Politiker, spricht über die Vorzüge der direkten Demokratie, über die Notwendigkeit, das «Modell Schweiz» zu hegen und pflegen oder welche Voraussetzungen es braucht, damit 2016 in Basel die rot-grüne Dominanz gekippt werden kann.
«Geschäftsführer»: Sie werden als «Vollblutpolitiker» bezeichnet – was hat Sie ursprünglich in die Politik getrieben?
Sebastian Frehner: Ich bin in einem Elternhaus, wo viel politisiert worden ist, aufgewachsen. Das heisst, ich begann mich schon früh für Politik zu interessieren, weil mir mitgegeben wurde, wie unser Staatswesen funktioniert. Richtiggehend politisiert wurde dann – es war die Zeit rund um die EWR-Abstimmung Anfang der 1990er-Jahre –, als niemand in meinem Umfeld meine politischen Meinungen teilte (schmunzelt). Ich war 18, 19 Jahre alt, natürlich gegen den EWR-Beitritt der Schweiz beziehungsweise gegen das vom Bundesrat und vom Parlament quasi schon beschlossene Beitrittsgesuch zur EU und vermisste generell eine klare Haltung der bürgerlichen Politik. Ich erinnere mich, dass ich irgendwann Christoph Blocher einen Brief geschrieben habe, weil mir seine politischen Aussagen gefielen. In diesem Schreiben fragte ich ihn, ob man denn nicht dringend in Basel auch eine SVP-Sektion gründen müsste. Er schrieb mir zurück und machte mich darauf aufmerksam, dass vor Kurzem eine solche Sektion in Basel gegründet worden sei, welche sich aber noch entwickeln müsse. In die Partei bin ich dann 1996 eingetreten. Während dieser ersten aktiven Zeit in der Politik begann ich auch mein Jura-Studium in Fribourg. Naturgemäss setzte ich die Prioritäten zuerst vor allem auf mein Studium, parallel dazu engagierte ich mich aber zunehmend in der kantonalen und nationalen Partei und übernahm in der Folge verschiedene Positionen und Funktionen.
Sie erwähnten, dass Sie schon früh eine bürgerliche Politik verfolgten – wäre dann die FDP nicht auch eine Alternative für Sie gewesen?
Vor 40 Jahren wäre ich vielleicht auch Mitglied bei der FDP geworden. Seit Längerem missfällt mir aber deren nicht in allen Punkten wirtschaftsliberale Ausrichtung, ihre Europapolitik, ihre zu wenig harte Haltung in Sachen Kriminalität oder ihre Ausländerpolitik.
Was sagen Sie zur These, dass unsere direkte Demokratie aufgrund immer komplexer werdender Sachverhalte an ihre Grenzen stösst beziehungsweise den Souverän überfordert?
In der Tat stösst die direkte Demokratie in vielen Bereichen an ihre Grenzen. Komplizierte Vorlagen und komplizierte Sachverhalte überfordern oft nicht nur die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, sondern auch die Politiker. Andererseits: Welche Alternativen bestehen? Unser System hat Mängel, aber ich persönlich halte es da mit dem berühmten Churchill-Zitat, dass Demokratie die schlechteste aller Regierungsformen sei – abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind! Und das gilt noch viel mehr für die direkte Demokratie. Grundsätzlich glaube ich schon, dass es richtig ist, dass die Schweizerinnen und Schweizer in die Meinungsbildungsprozesse eingebunden werden. Und sie machen bei wichtigen Abstimmungen auch grossmehrheitlich von ihren demokratischen Rechten Gebrauch.
Stellen Sie aber nicht gerade bei Jüngeren ein gewisses Desinteresse an Politik fest?
Auch hier sollte man nicht pauschalisieren. Allerdings wissen tatsächlich viele Bürger nicht, wie unser Staat funktioniert oder welches seine historischen und politischen Grundlagen sind.
Versagen hier unsere Schulen?
Ich möchte jetzt hier kein neues bildungspolitisches Fass aufmachen – auch wenn dies durchaus ein Thema sein könnte – und dementsprechende Bildungsinhalte per Gesetz obligatorisch machen. Aber es würde kein Schaden sein, wenn diesbezügliches Wissen an unseren Bildungsinstitutionen vertiefter vermittelt würde. Unter welchen politischen und historischen Bedingungen die Schweiz entstanden ist, das sind Zusammenhänge, die wichtig sind, die Identität und Zusammenhalt stiften und durchaus dazu geeignet sind, auch in heutigen Zeiten Antworten zu finden. Es geht hier nicht darum, Folklore zu pflegen, sondern den Menschen wieder in Erinnerung zu rufen, warum das «Modell Schweiz» bis jetzt erfolgreich war, und dass man dazu Sorge tragen muss. Natürlich haben sich die Zeiten verändert, und man muss zeitgemässe Antworten auf viele aktuelle Fragen finden. Aber ohne das Bewusstsein, was besagtes «Modell Schweiz» ausmacht, fehlt einem als Staatsbürger einfach etwas.
Basel liegt Ihnen am Herzen, Ihr Engagement dafür in Bern wird ja auch dadurch dokumentiert, dass Sie zum Beispiel Präsident der Parlamentarischen Gruppe Region Basel sind – warum kommen Basler Anliegen in Bundesbern zu kurz, oder empfinden wir das hier einfach nur so?
Man kann in Bern nie genug für Basel tun (lacht)! Nein, es ist natürlich schon so, dass man als Parlamentarier auch etwas für seinen Kanton und seine Region tun muss und nicht darauf warten kann, bis der Rest der Schweiz Geschenke an uns verteilt. Aus dieser Überlegung heraus habe ich die Parlamentarische Gruppe Region Basel initiiert. Dies ist nur eine Möglichkeit, unsere Region besser zu vertreten, und so können immer wieder zu wichtigen, Basel und die Region betreffende Vorlagen – wie zum Beispiel kürzlich zur Zukunft der Basler Häfen – auch parteienübergreifend zählbare Resultate im Parlament erzielt werden. Für mich persönlich hat die Wahrung Basler Interessen in Bern höchste politische Priorität. Meine Intention ist es nicht, den Politiker Frehner in Bern zu positionieren, sondern dafür zu sorgen, dass in Bern gute Rahmenbedingungen für Basel und die Region geschaffen werden.
Eine persönliche Frage: Wie fühlt es sich denn an, Nationalrat im Bundeshaus zu sein?
Der Respekt, der einem Nationalrat entgegengebracht wird, das war für mich schon eine eindrückliche Erfahrung. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass ich in Basel als SVP-Politiker, der mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hielt und Veränderungen anstrebte, von Teilen der Gesellschaft und der politischen Klasse lange nicht mit Respekt behandelt wurde.
Hat Sie das Amt verändert?
Grundsätzlich nicht. Ich fühle mich Basel, meinen Wählern und meinen politischen Ideen verpflichtet, verliere nie meine Ziele und Überzeugungen aus den Augen und kämpfe dafür. Im Umgangston bin ich aber sicher konzilianter geworden, suche das Gespräch, setze auf die Kraft der Überzeugung und suche Mitstreiter.
Schauen wir noch schnell auf die Lokalpolitik und werfen einen Blick ein Jahr voraus: Wie beurteilen Sie die Chancen, dass nächstes Jahr in Basel-Stadt sich die Machtverhältnisse verschieben könnten?
Grundvoraussetzung, dass sich in Basel die Machtverhältnisse verändern, ist ein Schulterschluss unter allen bürgerlichen Parteien. Es darf keine Extra-Züglein geben. Wehklagen über die links-grüne Politik reichen nicht. Man muss den Wählerinnen und Wählern Gegenentwürfe anbieten, deutlich machen, dass die Bürgerlichen eine bessere Politik machen. Wenn es allerdings das bürgerliche Lager nicht einmal schafft, gemeinsam an einem Strick zu ziehen, dann ist dem Souverän schwer zu vermitteln, dass man eine Alternative zu Rot-Grün ist.