Nachdem im Januar 2015 die Rheingasse im Zuge des neuen Basler Verkehrskonzeptes für den motorisierten Verkehr geschlossen wurde, drohte die Kleinbasler Traditionsstrasse zu veröden. Anwohner und Gastronomiebetriebe gaben in der Folge Gegensteuer, gründeten die IG Rheingasse und funktionierten die Strasse in einen Boulevard um. Innert kürzester Zeit entwickelte sich der vordere Teil der Rheingasse zu einem der lebendigsten Treffpunkte der Stadt, wo in der warmen Jahreszeit kaum einer der vor den Gastonomiebetrieben befindlichen «Outdoor-Sitzplätze» unbesetzt bleibt – zumindest so lange jeweils die «par ordre de mufti» verordneten Betriebszeiten es den Beizern ermöglicht, draussen zu wirten, also werktags bis um 22 Uhr und freitags und samstags bis um 23 Uhr. Im Interview freut sich Tino Krattiger, treibende Kraft und Mitinitiant der IG Rheingasse, über den Erfolg des neuen Rheingasse-Konzeptes und sieht die Bespielung des öffentlichen Raums als wichtigen Faktor für modernes urbanes Leben und Beisammensein.
«Geschäftsführer»: Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung in der Rheingasse?
Tino Krattiger: Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass der Boulevard Rheingasse das gebracht hat, was sich die Gastronomiebetriebe versprochen haben. Darüber hinaus hat sich die Rheingasse zu einem Ort der Begegnung für verschiedenste Bevölkerungsgruppen entwickelt. Auch die «Adväntsgass» ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie durch publikumsfreundliche Aktivitäten und ein originelles gastronomisches Angebot der öffentliche Raum der Bevölkerung zurückgegeben werden kann.
Könnte dieses Modell auch auf andere Gebiete im Kleinbasel angewendet werden?
Ich stelle fest, dass sich der Charakter des historische Kerns des Kleinbasels insgesamt verändert und noch einiges an diesbezüglichem Entwicklungspotenzial hat. Querverbindungen zur Rheingasse, aber auch das Gebiet rund um die Kaserne haben tatsächlich das Potenzial, mit publikumswirksamen Bespielungen belebt zu werden.
Stehen demgegenüber nicht die behördlich festgelegten Lärmempfindlichkeitsstufen (LES)?
Bezüglich LES ist festzuhalten, dass beispielsweise ein Teil des Ausgehboulevards an der Rheingasse in der Empfindlichkeitsstufe II, wie sie eigentlich für reine Wohnzonen ohne störende Betriebe vorgesehen ist, liegt. Dies behindert Gastronombetriebe in der Weiterentwicklung, bedroht sie in ihrer Existenz und erschwert die Etablierung einer moderaten Nutzung und Belebung des in der verkehrsfreien Innenstadt gewonnenen öffentlichen Raumes durch Boulevardgastronomie. Deshalb sind die LES den veränderten Verhältnissen anzupassen und damit zugleich auch den Vorgaben des Bundesrechts zu entsprechen, wonach Mischzonen, wie sie im kantonalen Zonenplan in der Innenstadt vorgesehen sind, grundsätzlich nicht den LES II, sondern den LES III zuzuordnen sind, wie dies auch zum Beispiel in einer Motion von FDP-Grossrat Stephan Mumenthaler, welche von 13 Grossräten aus verschiedenen Fraktionen mitunterzeichnet wurde, verlangt wird. Ebenfalls hängig ist eine Motion von Kerstin Wenk (SP), die eine Verlängerung der Boulevard-Öffnungszeiten werktags bis 24 Uhr und an den Wochenenden bis 1 Uhr fordert.