Ökologie und IT-Herausforderungen sind auf den ersten Blick zwei unterschiedliche Aktionsbühnen. Auf den zweiten Blick kann die IT-Branche aber sehr viel mehr für Nachhaltigkeit und Klimaschutz tun. So stellt Salesforce mit der «Sustainability Cloud» eine Nachhaltigkeitsplattform zur Verfügung, die Umweltauswirkungen umfassend abbildet. Datengestützte Erkenntnisse helfen dabei, negative Folgen für die Umwelt spürbar zu verringern. Wie dies konkret aussieht, beleuchten wir im folgenden Interview mit Petra Jenner, General Manager der Schweiz und von Osteuropa bei Salesforce.
Sustainability oder Nachhaltigkeit sind weitgreifende Begriffe, die sehr unterschiedlich interpretiert und inzwischen fast schon inflationär verwendet werden. Was verstehen Sie als IT-Fachfrau darunter?
Sustainability hat immens an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen. Da wird richtig Druck aufgebaut – völlig unabhängig, woher der Begriff historisch kommt oder von wem er wie interpretiert wird.
Für uns in der IT-Branche geht es zunächst darum, Prozesse schlanker und effektiver zu gestalten und Daten zusammenzuführen – das gilt beispielsweise auch für Emissionsdaten. Wir können so dazu beitragen, Unternehmen bei der Entwicklung hin zur Klimaneutralität zu unterstützen.
Ein gepflegtes Vorurteil heisst: Das ist doch nur etwas für die grossen Player.
Das scheint nur auf den ersten Blick so zu sein. Meine Erfahrung ist eine andere: Insbesondere familiengeführte Unternehmen gehen oftmals neue Wege, gerade auch beim Thema Nachhaltigkeit. Sie sind für die Bedürfnisse kommender Generationen sehr sensibel. Die Diskussionen am privaten Familientisch finden Resonanz im betrieblichen Alltag und gerade Familienbetriebe blicken häufig auf eine lange Tradition der Werteorientierung zurück und schauen mit dieser auch in die Zukunft.
Grosse Unternehmen haben da andere Zugangskanäle. In deren Rahmen geht es um Bewertungen der Shareholder und Stakeholder. Zudem gibt es neue staatliche Regulierungen und Gesetzesvorschriften, beispielsweise in der Europäischen Union, die hier Handlungsdruck aufbaut.
Zunehmend werden aber alle Unternehmen spüren, dass der Konsument seine Kaufentscheidung an der Werteorientierung eines Unternehmens ausrichtet. Und dabei spielt die Nachhaltigkeit des Wirtschaftens und auch der Produkte selbst eine grosse Rolle.
Um die Situation besser einschätzen zu können, hilft oft ein Blick in die Geschichte. Wir haben schon vor 15 Jahren über Green IT gesprochen. Es ging
beispielsweise um wassergekühlte Server. Diese Lösungen haben aber nicht die gesamte Wertschöpfungskette im Blick gehabt. Was hat sich an der Situation beziehungsweise an den Analysen und dann auch an den Handlungsfeldern geändert?
Ja, es ging eher um einzelne Produkte und nicht wie heute um die gesamte Wertschöpfungskette. Die IT-Verantwortlichen haben aber schon sehr früh gesehen, dass Technologie dazu beitragen kann, ressourcenschonender zu wirtschaften. Die zentralen Veränderungen lassen sich am Begriff der «Cloud» festmachen. Fast alle Unternehmen setzen heute ihre Prozesse ganz anders auf. Sie können sich auch wesentlich besser mit Partnerunternehmen, Lieferanten und Kunden vernetzen und mit ihnen kommunizieren. Auch die Arbeitswelten haben sich verändert: Heute ist das Arbeiten mit hybriden Modellen, nochmals zusätzlich angetrieben von der Pandemie, fast schon eine Selbstverständlichkeit. Das reduziert beispielsweise den Pendlerverkehr. Und wir sparen viele Transportwege. Was haben wir vor zehn Jahren noch gekämpft, um Akzeptanz für das Thema Home Office zu bekommen? Auf jeden Fall nützen diese Entwicklungen auch der Umwelt. In erster Linie geht es um die Reduzierung des CO2-Gehalts und damit dämmen wir ja den Klimawandel ein. Cloudlösungen, um das nochmals zu betonen, waren und sind aber aktuell sicher der wichtigste ökologische Treiber.
Wir finden immer weniger die heissen Besenkammern mit dem Server und ganze Serverfarmen auf einzelnen Dächern. Es geht aber nicht nur um Effizienz, da kommt inzwischen betriebswirtschaftlich fast jeder mit, da auch Kosten gesenkt werden, sondern auch um Suffizienz. Nur so können wir die Pariser Klimaziele erreichen. Beispielsweise gilt dies für die Baubranche, in der es inzwischen Modelle gibt, die mit neuen Formen der Kreislaufwirtschaft experimentieren. Inwieweit kann Ihre Branche, die IT-Branche, hier Unterstützung leisten?
Generell sollten wir als Unternehmen nicht nur auf das eigene Haus schauen, sondern den Blick ausweiten, über den Tellerrand hinaus. Mit welchen Lieferanten wollen wir eigentlich zusammenarbeiten? Ist es nicht besser, Lieferanten zu bevorzugen, die umweltorientiert und sozial arbeiten? Darüber hinaus fördern wir von Salesforce die Entwicklung neuer Technologien, die den Klimaschutz unterstützen. Wir haben beispielsweise gemeinsam mit dem Weltwirtschaftsforum (WEF) und Deloitte Uplink gegründet, das genau diesen jungen Unternehmen eine Plattform bietet. Hier gibt es bereits spannende Projekte aus der Schweiz, beispielsweise SUGi, die mit ihren Projekten Biodiversität fördern. Es gilt die Vision unseres Gründers und CEO Marc Benioff: «Business is the best platform for change.» Die Herausforderungen sind gross. Wir dürfen nicht alles an die Politik delegieren. Das geht nur im Schulterschluss mit Unternehmen. Zentraler Bestandteil und Treiber sind dabei neue Technologien und Innovationen, die mit unserer Hilfe erforscht, entwickelt und auf den Markt gebracht werden können.
Versuchen wir uns nochmals dem Begriff Sustainability / Nachhaltigkeit zu nähern, indem wir die Angebote Ihres Hauses damit konkret verknüpfen. Sie bieten eine «Sustainability Cloud» für Ihre Kunden an. Was verbirgt sich dahinter, auch im Unterschied zu anderen Angeboten?
Unsere Kunden können über die «Sustainability Cloud» ihre CO2-Emissionen schnell analysieren und auch erkennen, wo ihre Schwachstellen sind. Zunächst gibt es im Alltag operative Herausforderungen. So ist es schwierig und zeitaufwendig, die CO2-Emissionen zu analysieren, die beispielsweise durch den Energieverbrauch und durch Firmenreisen entstehen. Haben Sie in Ihrem Verlag dazu Tools?
Nein.
Wenn nun all Ihre Daten jedoch direkt auf einer einzigen Plattform erfasst werden könnten, liesse sich Ihre CO2-Bilanz klar quantifizieren. Das ist eine wichtige Voraussetzung.
Das kann ich nachvollziehen. Wie sehen die weiteren Meilensteine aus?
Im nächsten Schritt geht es um Massnahmen: Mit Analytics-Funktionen können Sie Ihren Energieverbrauch berechnen, Ihre CO2-Emissionen nachverfolgen, gezielte Massnahmen ergreifen und diese dann auch transparent Ihren Stakeholdern und den staatlichen Behörden darstellen und kommunizieren.
Auch Wissen von aussen kann besser abgebildet und dann auch umgesetzt werden. Es geht beispielsweise um Datensatz-Vorlagen von Umweltschutzorganisationen, des Weltklimarats IPCC und anderer Organisationen, um die CO2-Bilanz korrekt zu ermitteln. Mithilfe von integrierten Anleitungen und Benutzerabläufen können die Datenerfassung und ein konkreter Klimaaktionsplan angegangen werden.
Wie stellt sich das dann auf meinem Bildschirm dar?
Anhand von Dashboards und Datenvisualisierung können Sie die Umweltbelastung Ihres Unternehmens besser einschätzen. Sie können den Energieverbrauch und die Emissionstrends nachverfolgen und daraus einen Business Case ableiten.
Das diffuse Bewusstsein eines Handlungsdrucks ist bei vielen Unternehmensverantwortlichen da. Und viele wollen jetzt auch auf den Nachhaltigkeitszug aufspringen. Wir bieten hier konkrete Lösungen an. Es nützt auch nichts, wenn es nur wenige Early Birds gibt. Hier bei uns kann man aber sehr konkret die Veränderungsprozesse und ihre Auswirkungen nachverfolgen. Aber es gibt noch viel zu tun.
Ja, Salesforce als Solotänzerin rettet nicht die Welt.
Wir müssen alle gemeinsam etwas tun – Unternehmen, Politik und auch jeder Einzelne. Wir bieten aber Lösungen für sehr viele Unternehmen an, um ihren Ist-Zustand aufzuzeigen und konkrete Massnahmen daraus ableiten zu können.
Geht es dabei dann nicht mehr nur um einzelne Massnahmen, sondern um eine neue Unternehmenskultur?
Das ist richtig. Beim Thema Nachhaltigkeit geht es auch nicht nur um das Absenken von CO2. Es geht auch darum, eine Gesellschaft mit einer Arbeitswelt zu schaffen, in der nachfolgende Generationen gut leben können. Die Weiterentwicklung einer innovativen Firmenkultur ist der zentrale Hebel. Es gilt, ein gesamtes Ökosystem zu mobilisieren. Zentrale Punkte sind dabei zum Beispiel die Weiterbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, gerade bei Technologiethemen.
Unser Ökosystem beinhaltet aber auch Wiederaufforstungsprogramme. Wir sind beispielsweise Gründungsmitglied von 1t.org, welches das Ziel verfolgt, eine Billion Bäume zu pflanzen. Wir selbst haben Anfang dieses Jahres erklärt, die Erhaltung und Wiederherstellung von 100 Millionen Bäumen im nächsten Jahrzehnt zu unterstützen und dafür zu mobilisieren.
Es geht aber auch um die kleinen Dinge des Alltags, die wir schnell verändern können. Beispielsweise geht es um das Trinken und Essen im betrieblichen Alltag. Die üblichen Plastikberge sind vermeidbar. Eine nachhaltige Unternehmenskultur ist nur dann glaubwürdig, wenn sie in allen Bereichen gelebt wird. Gleichzeitig haben wir auch Visionen, die schon jetzt Realität werden. Wir von Salesforce haben uns früh das Ziel gesetzt, klimaneutral zu werden, und mittlerweile haben wir das auch erreicht.
Wir arbeiten schon heute weltweit an allen Standorten mit 100 Prozent erneuerbarer Energie. Daran arbeiten wir seit 2013. Man sieht hier: Es geht um einen Prozess, der aus der Geschichte kommt und in die Zukunft reicht.
Kommen wir am Schluss des Interviews auf die Situation in der Schweiz zu sprechen. Schweizerinnen und Schweizer gelten ja eher als skeptisch und konservativ. Kann die Schweizer Gesellschaft die digitale und ökologische Transformation stemmen?
Ja, ich kenne auch diese Zuschreibungen. Ich will aber hier nicht in Vorurteilen baden, sondern konkret handeln. Die Schweiz steht im internationalen Vergleich gut da. Global wird viel geredet und in der Schweiz wird mehr gehandelt. Hier sind das Wissen und die Bereitschaft zum Handeln vorhanden. Wo wir noch Arbeit vor uns haben, ist beim Zeithorizont, da sich die Zeitfenster schliessen und die Tiefe der Massnahmen zunehmen muss. Wir haben es angesprochen. Es geht nicht nur um Effizienz. Es ist wichtig und gut, an innovativen Lösungen zu arbeiten, gleichzeitig müssen grosse Teile der Gesellschaft mitziehen. Wir reden hier nicht von einem Nischen-, sondern von einem Mainstreamprojekt. Darin ist Salesforce ein Treiber.