Künstliche Intelligenz (KI) und der Einsatz von Robotern, sprich, die Umsetzung der vierten industriellen Revolution, beschäftigen uns hier in der kmuRUNDSCHAU sicher noch einige Ausgaben. Im Herbst 2018 gab es vonseiten der HWZ und der FFHS zwei spannende Veranstaltungen. Der folgende Beitrag beleuchtet die zentralen Thesen draus.
Am HWZ Fokus ging es um Künstliche Intelligenz. Die renommierten Speaker aus unterschiedlichen Branchen waren sich in den Punkten Datenqualität und Nachvollziehbarkeit einig: Beides muss gegeben sein, damit Künstliche Intelligenz erfolgreich ist und man ihr vertrauen kann. Beim 19. FFHS-Business Breakfast thematisierte die FFHS, gemeinsam mit ihren Gästen und Referenten von WeRobotics sowie der Gimelli Engineering AG, Chancen und Risiken von Robotik-Einsätzen bei KMU. Ein erstes Fazit sei schon hier verraten: Es stehen dabei nicht nur die Automatisierung einzelner Arbeitsschritte oder Fliessbandarbeiten im Vordergrund, sondern vielmehr das Potenzial der dadurch entstehenden, neuen Arbeitstätigkeiten.
Henrique Säuberli ist Executive Briefing Consultant des IBM Research THINKLab und er eröffnete die Veranstaltung am HWZ Fokus. Er zeigte auf, wie Künstliche Intelligenz (KI) unsere Welt verändert und Nutzen stiften kann.
Zu Beginn stand aber die Dimension des historischen Bruchs. Säuberli verdeutlichte sie mit dem berühmtesten Zitat von René Descartes: «Cogito Ergo Sum – Ich denke, also bin ich». In solchen Brüchen steht der Zweifel an der eigenen Erkenntnisfähigkeit ganz oben auf der Denkagenda. Daher gilt es, vorsichtig voranzugehen. Unternehmen müssten aber bereit für den Wandel sein. Es geht nicht nur um einzelne Prozesse der Wertschöpfungskette, sondern um neue Denkstrukturen. «Es reicht daher nicht, einen Chatbot auf der Website zu installieren und dann zu glauben, jetzt bin ich im digitalen Zeitalter angekommen.» Und wo liegen nun die praktischen Einsatzfelder? Für Menschen mit Behinderungen kann KI ein täglicher Helfer sein, der ihnen mehr Selbstständigkeit ermöglicht. Gerade im Gesundheitsbereich ist allgemein viel Potenzial vorhanden.
Roboter in der Personalführung
Wie Künstliche Intelligenz auch Einfluss in die Chefetage nehmen kann, beleuch-tete Cornelia Diethelm in ihrer Break-out-Session: «Roboter ersetzen Menschen nicht in der Geschäftsleitung, aber sie bringen zusätzliche Intelligenz.» Insbesondere können sie intellektuelle Vorarbeit bei Traktanden, beispielsweise bei Anträgen im Bereich Umfeld und Strategie, leisten. Die grösste Stärke von Robotern ist die Informationsbeschaffung und Mustererkennung von grossen und komplexen Daten. Ein weiterer Vorteil ist, dass Roboter keine zwischenmenschlichen Probleme oder Abhängigkeit haben, aber, so Diethelm: «Roboter sind nicht neutral, sondern basieren auf Daten. Die Qualität dieser Daten ist entscheidend.»
Kundenbedürfnisse im Fokus
Claudio Mirti, Solution Specialist bei Microsoft Schweiz, zeigte an praktischen Beispielen, wie Unternehmen mit dem Kommunikationsbedarf der Kunden umgehen können. Denn: «Conversations are the new platform of habit», resümierte er. Er präsentierte, wie neue Techniken eingesetzt werden, um Kundenbedürfnissen zu begegnen. So zeigte er auch praktisch auf, wie aus einem Q & A ein Chatbot aufgebaut werden kann.
Wie Kundengefühle mittels maschinellem Lernen in den Daten aufgespürt werden können, präsentierte Prof. Dr. Evangelos Xevelonakis. Die Sentimentanalyse umfasst Verfahren und Technologien, um Meinungen oder Kernaussagen zu identifizieren. In Verbindung mit Network Mining, verschiedensten Datenquellen und der Quantifizierung unterschiedlicher Faktoren wie beispielsweise der Grösse des sozialen Netzwerks einer Person und ihres Einflussgrades kann zudem der Kundenempfehlungswert einer Person eruiert werden. Auf diesen Erkenntnissen bauen Loyalitätsprogramme, Cross-Selling-Konzepte und Word-of-Mouth-Marketing auf. Somit ist es schliesslich möglich, Produkte und Dienstleistungen zu verbessern und unzufriedene Kunden in zufriedene zu entwickeln. Grundlegend für den Erfolg ist aber die Qualität der Daten: «Sentimentanalyse kann nur so gut sein wie die Daten», betont Prof. Dr. Xevelonakis.
Wie Künstliche Intelligenz die Werbung revolutioniert, thematisierte Sandor Laczko von Adello. Gerade in der Werbung können Daten, richtig genutzt, die Erfolgsquote massiv erhöhen. Im Hinblick auf den Advertising Funnel mit den Stufen Impression, Interaction, Click, Landings, Sessions und Conversions ist KI ein treibender Erfolgsfaktor, denn die Technologie optimiert da, wo Menschen von Erfahrungen und Heuristiken geleitet werden. «Grundsätzlich kommt es auf die Transparenz der KI-Analyse an, damit das Vetrauen in diese Technologie gestärkt werden kann», hielt er abschliessend fest.
Laczkos Botschaft bekräftigte Dr. Marcel Blattner in seinem abschliessenden Referat «Bias in Algorithmen». So ist Machine Learning das Gebiet, das Künstliche Intelligenz antreibt. «Bei den meisten Anwendungen lernt die Maschine eine Wahrscheinlichkeitsverteilung der Daten», sagte Blattner. Es sei beeindruckend, was Maschinen leisten, aber dennoch müsse man das zugrunde liegende Modell beachten. Denn die Maschine nimmt ein Muster und amplifiziert es. In der Praxis zeigt sich, dass es einfacher ist nachzuweisen, dass ein Modell unfair ist. Ein Modell, das ethische und soziale Normen berücksichtigt, ist demnach eine Herkulesaufgabe: «Wenn wir diese Maschinen nutzen wollen, müssen wir wirklich verstehen, wie sie funktionieren, und ihre Entscheidungen nachvollziehen können», betonte Blattner.
Kompetenzen für die vierte industrielle Revolution
Beim 19. FFHS-Business Breakfast eröffnete Simone Häberli den Vortragsreigen. Sie ist Dozentin im MAS Industrie 4.0 an der FFHS und beleuchtete zu Beginn die vierte industrielle Revolution, welche durch die Digitalisierung einen weitreichenden Bereich unseres Alltags prägt. Die Digitalisierung erlaube es Unternehmen, Arbeitsstellen in die Schweiz zurückzubringen. Zu den dafür gefragten Kompetenzen gehört die IT-Affinität, analytische Fähigkeiten, das Verständnis für Daten sowie Soft Skills in der Führung von Mitarbeitenden, aber auch die Kundenorientierung, um Geschäftsmodelle erfolgreich auf den Markt zu bringen.
Das Potenzial der Robotik
Jürg Germann, Head of Engineering für WeRobotics, erläuterte mithilfe von Trend-Themen wie Flying-Robots (Drohnen) das Anwendungspotenzial der Robotik in Not-for-Profit-Bereichen. Während früher Roboter rein zur Arbeitserleichterung eingesetzt wurden, primär gefährliche oder repetitive Jobs erledigten und einen definierten Einsatz hatten, ist das Nutzungspotenzial heute stark erweitert. Das hängt unter anderem auch damit zusammen, dass Roboter nun adaptiv, teils sogar «natürlich, intelligent und kollaborativ» sind, für jedermann bedienbar und – wichtig für KMU – finanzierbar geworden sind, betonte Germann.
Michel Perret, Geschäftsführer der Gimelli Engineering AG, teilte die Meinung von Jürg Germann und bestätigt am Beispiel des neuartigen Robotik-Konzepts «Panda» die praktische Anwendung von Robotik im KMU-Umfeld. Panda ist die Abbildung eines menschlichen Arms inklusive dessen einzigartigen Tastsinns und kann dank Sensoren, Komponenten wie Greifern und der Software-Unterstützung variabel eingesetzt und leicht bedient werden. Der Roboterarm finden für verschiedene Kundenlösungen, beispielsweise Ver-packungsarbeiten, Anwendung. Erstaunlicherweise ist Panda um einiges langsamer als der Mensch, was unter anderem auch mit Sicherheitsaspekten zu tun hat. Doch sein Einsatz 24 / 7 gleicht das aus und rechtfertigt die Investition, die bei circa CHF 50’000 angesiedelt ist. Obwohl Perret präzisiert, dass auch in der Industrie 4.0 der Mensch eine zentrale Rolle spielt, sollte jedes Unternehmen sich darüber im Klaren sein, dass ein Roboter schlussendlich immer einen Menschen ersetzen wird, was eine humansensible Einführung unabdingbar macht.
kmuRUNDSCHAU widmet sich auch in der nächsten Ausgabe den Themen KI, Digitalisierung und Roboter fort.