Ja, sagt die in Hamburg lebende Schweizerin Leila Summa in diesem Interview, das im Rahmen der Vorstellung ihres neuen Buches «33 Werkzeuge für die digitale Welt» entstanden ist.
Fragt Leila Summa ein Fachfremder, was sie beruflich tut, antwortet Leila, dass sie Führungskräften, die das eigene Unternehmen digitalisieren möchten, strategische Starthilfe gibt. Sie bringt ihre Erfahrung, ihr Wissen ein, wie Innovation im Unternehmen vorangetrieben wird. Gerade hat sie mit Co-Autorin Christine Kirbach ihr neues Buch «33 Werkzeuge für die digitale Welt – wie jeder die Methoden der Tech-Giganten nutzen kann» veröffentlicht. Was hinter ihrer Arbeit, ihrem Buch, ihrem Leben als High Performerin in Sachen Digitalisierung steckt, erklärt sie hier:
Wo liegen die grössten Hemmschwellen bei einer Transformation – sei es in traditionellen Grosskonzernen oder KMU?
Leila Summa: Es klingt simpel, ist aber sehr komplex: Beim Menschen! In Tech-Companies habe ich die paradoxe Erfahrung gemacht, dass sie massiv auf den Menschen fokussieren. Sie erkennen, dass Kultur durch das Handeln vieler entsteht und versuchen deshalb alles, um jeden zu befähigen, möglichst handlungsfähig zu sein. Dies erfordert jedoch auf Seiten der Menschen auch, selbst Verantwortung zu übernehmen. Ein aktiver Team-Player zu sein, und sich nicht als Opfer der Umstände zu sehen. Das fällt vielen Angestellten in traditionellen Unternehmen, mit einem klaren Bild ihrer Rolle, die sie oft schon lange ausfüllen, schwer. Daher sehe ich es als meine Aufgabe, diese Personen inklusive ihrer traditionellen Führung ins «anders Tun» zu bringen.
Was war die Motivation für dieses Buch?
Ich sehe, dass so viele Führungskräfte echt verstanden haben, dass Digitalisierung wichtig ist und sie davon profitieren möchten. Sie wollen, aber sie können nicht. Zwischen dem Wollen und dem Können steht das Tun – respektive das «anders Tun». Und gerade das fällt ihnen schwer. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir da viel von Tech-Companies lernen können – auch kulturell. Sie haben es geschafft vom Start-Up zum Corporate zu werden, ohne ihre Geschwindigkeit zu verlieren.
Du plädierst immer wieder dafür, die Menschen ins Tun zu bringen, bevor Sie zu denken beginnen. Was meinst du damit?
Denken bringt uns Vorurteile. Und verstärkt unsere Ängste. Dies führt zu einer Verzerrung der Realität und bremst uns aus. Kommen wir schneller ins Tun, schaffen wir viel schneller Erfolgserlebnisse, die uns darin bestärken, dass der «neue» Weg funktioniert und erstrebenswert ist.
Was muss ein Unternehmen und seine Mitarbeitenden tun, um eine zügige Transformation bewerkstelligen zu können?
Auf jeden Fall ist die Reaktionsfähigkeit massgeblich. Damit meine ich die Fähigkeit jedes einzelnen, möglichst schnell und gut auf sich verändernde Markt- und Kundenbedürfnisse sowie technologische Fortschritte zu reagieren. Nur so sind und bleiben Unternehmen heute wettbewerbsfähig. Das Zweite und Wichtigste ist, dass eine psychologische Sicherheit als Basis geschaffen wird. Der Begriff wurde von der Harvard Professorin Amy Edmondson geprägt und vor allem durch Google verbreitet. Edmondson beschreibt psychologische Sicherheit als «Vertrauen, dass niemand im Team für eine Äusserung blossgestellt, zurückgewiesen oder bestraft wird». Nur durch diese sicheren Räume kommen Mitarbeiter ins (anders) Tun, Hinterfragen und Ausprobieren.
Hackathons – ein Tool das im Buch beschrieben ist – beispielsweise helfen, in kürzester Zeit möglichst viele Ideen oder sogar kleine Prototypen zu entwickeln. Marc Paczian, Solutions Architect bei Dropbox erklärt: «In unserer jährlich stattfindenden Dropbox Hack-Week sind alle dazu angehalten, Zweifel und Hemmungen über Bord zu werfen und ihren Gedanken freien Lauf zu lassen. Genau aus dieser ungesteuerten Kreativität entstehen oft die besten Ideen.» Keine Angst vor einem möglichen Scheitern haben zu müssen, also psychologische Sicherheit, ist demnach die beste Basis für Team-Performance und echte High Performance Teams.
Wie leicht oder schwer war es, den Tech-Giganten hinter die Kulissen zu blicken
Es gibt in der digitalen Szene den Spruch: «Sharing is caring». So einfach das alles klingt, so schwer ist es, das zu leben. Digitale Unternehmen sind sehr offen, Erfolgsgeheimnisse zu teilen, weil sie verstanden haben, dass das Teilen von Wissen für alle etwas bringt. Und sie haben natürlich ein grosses Interesse, KMU im europäischen Raum und dem DACH-Markt zu «enablen», also zu befähigen, digitaler zu arbeiten. So wurde aus dem Spruch «Sharing is caring» ein echtes Motto.
Welches sind deine persönlichen Lieblingstools im Rahmen deiner Transformationsarbeit?
Fehler als Chancen zu nutzen, aus ihnen zu lernen, beschäftigt heute alle Unternehmen. Doch wie wäre es, die grössten Fehler erst gar nicht machen zu müssen, und dennoch von ihnen zu lernen? «Premortem», eine meiner Lieblingsmethoden, macht das möglich! Die meisten kennen nur «Postmortem», eine Methode, bei der man Fehler nach dem Absterben oder Stoppen grosser Projekte analysiert, um sie nicht wieder zu machen. Mit Premortem aber werden Risiken aufgedeckt, bevor Fehler gemacht werden. Projektleiter und Teammitglieder suchen gemeinsam nach den möglichen Ursachen für einen Fehlschlag und ergründen alle denkbaren Quellen potenziellen Scheiterns, bevor etwas passieren kann. Und wieder kommt der geschützte Raum zum Tragen: Innerhalb eines solchen Schutzes können Mitarbeiter intensiv nach möglichen Ursachen eines imaginären Fehlschlages forschen.
Zudem kann man mit der «Cupcake-Philosophie», die Dropbox, wie im Buch beschriebenen, als Werkzeug beigesteuert hat, prima lernen, wie man ein besserer, bewussterer Team-Player wird. Es geht darum, in einen Perspektivwechsel zu gehen, das Augenmerk von sich selbst auf den anderen zu legen und Achtsamkeit im Beruf zu üben. Die Cupcake-Philosophie fördert die Kollegialität und Mitmenschlichkeit und hat sofort feststellbaren positiven Einfluss auf die Unternehmenskultur. Dropbox schafft es so, die Magie des Mit- und Füreinander innerhalb des Unternehmens nach aussen in die Interaktion mit Kunden und Partnern überspringen zu lassen. Ein beachtliches Tool, da es ohne grossen Zeitaufwand, kostenfrei und absolut hierarchiefrei direkt gelebt werden kann und Produkte sowie Services bereichert.