Herr Wieser, ob australisch, koreanisch oder japanisch, ob Gimbap, Sushi oder Bowls – die Küche wie auch das Personal Ihrer Betriebe ist sehr international. Woher kommen die Inspirationen für immer wieder neue kulinarische Abenteuer?
Daniel Wiesner: Wir lieben es zu reisen und so unternehmen wir immer wieder verschiedene Trendtouren in die grossen Metropolen Europas und auch der Welt. London, Madrid, Berlin, New York und Paris stehen fast jährlich auf dem Programm. Zusätzlich gibt es noch viele weitere spannende Städte wie Chicago, Los Angeles, Seoul, Singapore, etc. Im Weiteren mögen wir es auch, immer wieder etwas Neues auszuprobieren und zu schauen, was die Gäste mögen. Es ist sozusagen nicht nur ein kulinarisches Abenteuer, sondern auch eine innere Abenteuerlust, welche uns treibt.
Sie lieben es, mit Restaurants Geschichten zu erzählen. Können Sie unseren Lesern zum Beispiel Miss Miu kurz vorstellen?
Miss Miu stammt aus Seoul, Südkorea. In der 80er Jahren hatte die Lady in einem Aussenbezirk von Seoul eine Burlesque Bar betrieben und mit einem ehemaligen Partner auch einmal ein Hotel geführt. Geprägt von der Asienkrise 1997 verlor Miss Miu aber auch alles und musste sich wieder neu erfinden. Das Restaurant Miss Miu in der Europaallee in Zürich erzählt die Geschichte, was Miss Miu nach der Krise zusammen mit ihrem Neffen Park Tae-Soo und dessen Freundin Atsuko Amano, welche eine japanische Vollblut-Köchin und Drummerin einer Punk-Pop Band ist, alles auf die Beine gestellt und wieder aufgebaut hat. Das Restaurant im Metalli in Zug geht einen Schritt zurück in der Geschichte und zeichnet auf, wie Miss Miu vor ihrer Zeit in der Bar mit einem Burlesque Circus in Korea umhergereist ist.
«Es ist nicht nur ein kulinarisches Abenteuer, sondern auch eine innere Abenteuerlust, welche uns treibt.»
Daniel Wiesner, Co-Lead Innovation & Strategy Familie Wiesner Gastronomie
Anfang August hat FWG im Berner Einkaufscenter Westside das 13. Nooch Asian Kitchen-Restaurant in der Schweiz eröffnet. Was macht dieses Konzept speziell?
Das Konzept Nooch Asian Kitchen ist sehr breitentauglich und durch die panasiatische Fusion Küche mit Wok-Noodles, Curries und Noodle Soups wie auch einem breiten und erlebnisreichen Sushiangebot findet man als Gast alleine wie auch in einer Gruppe immer etwas. Neben dem reiten Foodangebot haben wir in jedem Nooch ein spezielles Design. Auch im Nooch Asian Kitchen im Westside ist die Einrichtung einmalig. Die Geschichte des Restaurants erzählt von der Legende einer Insel im Meer zwischen Kambodscha und den Philippinen, vor deren einerseits Schiffe immer wieder versunken sind. Als Gast tritt man zuerst in die Unterwasserwelt ein und geht durch den Ballsaal eines versunkenen Schiffes, welches sich vor der Insel befindet. Im hinteren Teil des über 150 Plätze grossen Restaurants befindet man sich plötzlich auf der Insel auf einem Floating Market, wo ganz viele Details Geschichten von Menschen und dem Markt erzählen.
Die Gastronomiebranche klagt über den Fachkräftemangel – da ist eine Neueröffnung nicht selbstverständlich. Hat die FWG keine Probleme, Mitarbeitende zu finden?
Doch, auch wir haben sehr grosse Probleme, Mitarbeitende zu finden und kämpfen wie alle anderen. Aufgrund der Grösse unserer Firma können wir im Notfall glücklicherweise Mitarbeitende in Betriebe in Not vorübergehend verschieben. Es hilft dabei sicher, dass wir schon seit Jahren einen grossen Fokus auf die Mitarbeitendenentwicklung und das Employer Branding gesetzt und dadurch einen guten Ruf in der Branche haben.
«Auch wir haben sehr grosse Probleme, Mitarbeitende zu finden und kämpfen wie alle anderen auch.»
Fairness, Transparenz und Gleichstellung gehören zum Fundament Ihrer Unternehmenskultur. Können Sie uns dies an einigen Beispielen schildern?
Das Fundament dazu haben bereits unsere Eltern gemacht und vorgelebt. Es ist für uns selbstverständlich, dass wir dies so weiterführen und mit über 60 verschiedenen Nationen umso wichtiger. Um Beispiele zu geben: Wir geben Mitarbeitenden, welche in anderen Branchen und Betrieben nicht eingestellt werden, eine Chance. Wer gerne arbeitet und Potential hat, den unterstützen wir dann mit Weiterbildungen und setzen die Person in höhere Positionen mit mehr Verantwortung. Einmal im Semester präsentieren wir via Zoom allen Mitarbeitenden die Buchhaltung mit allen Zahlen wie auch die Details der Strategie und der Projekte dazu.
Wir haben Lohnbänder für alle Positionen und zeigen diese transparent auf der Homepage. Anhand des Lohnrechners können alle selber nachschauen, was sie in ihrer Position mit ihrer Ausbildung und Erfahrung für einen Lohn verdienen können. Durch diese Transparenz ist es nicht mehr möglich ungleiche bzw. innerhalb der Firma unfaire Löhne zu zahlen ohne dass dies öffentlich werden würde.
Sie haben nicht nur die Verdienstmöglichkeiten veröffentlicht, sondern alle Mitarbeitenden können erfahren, was ihre Kolleginnen und Kollegen – aber auch Sie als Chef – verdienen. In der Schweiz wird in der Regel nicht über die Löhne gesprochen – weshalb haben Sie diesen Schritt unternommen?
Die Geheimnistuerei rund um den Lohn bringt dem Unternehmen keinen Mehrwert. Im Gegenteil, es fördert Spekulationen und verhindert, dass über das Wesentliche gesprochen wird. Durch die Lohntransparenz wird nun viel mehr über die Mitarbeitenden selber gesprochen, und wie man sie weiterbilden und in höhere Positionen bringen kann.
Und Neid gibt es nicht?
Um dem entgegenzuwirken ist ein faires und erklärbares Lohnsystem zentral. Unser Lohnsystem basiert auf Lohnbändern, welche sich bei uns seit Jahren etabliert haben. Zudem haben wir beim Prozess die Mitarbeitenden miteinbezogen. Sicherlich hilft es auch, dass eine Lohngleichheitsanalyse bei uns in der Familie Wiesner Gastronomie gezeigt hat, dass im Durchschnitt eine Frau 0.4% mehr verdient als ein Mann. Zudem ist die Lohnschere in unserer Firma mit 1: 5,4 sehr tief.
«Die Geheimnistuerei rund um den Lohn bringt dem Unternehmen keinen Mehrwert. Im Gegenteil, es fördert Spekulationen und verhindert, dass über das Wesentliche gesprochen wird.»
Während die Gewerkschaft Unia positiv reagierte, meldete der eidgenössische Datenschützer Bedenken wegen der Persönlichkeitsrechte an. Wie stellen Sie sich der Kritik?
Wir haben dieses Thema selbstverständlich vorgängig juristisch abgeklärt und der Bund hat früher schon dazu eine öffentlichen Stellungnahme gemacht. Es ist kein Datenschutzproblem, u.a. weil wir keinen Lohn veröffentlichen, sondern es ist auf einer konkreten persönlichen Anfrage – unternehmensintern.
Zusammen mit ihrem Bruder leiten Sie die FWG seit Januar 2020 in zweiter Generation. Solche Nachfolgeregelungen sind in der Branche nicht an der Tagesordnung. Wie lange hat die Vorbereitung gedauert?
Ich denke, dass die Nachfolge in jedem Familienunternehmen sehr lange dauert und gut vorbereitet sein muss. Wir hatten uns ca. 8 Jahre Zeit gelassen und schon ca. 2012 mit den ersten Schritten begonnen.
Ende letzten Jahres haben Sie die virtuelle Food Markthalle «Kitchen Republic» lanciert. Können Sie uns dieses Konzept etwas näher vorstellen?
Bei Kitchen Republic handelt es sich einerseits um eine eigene Online Plattform bzw. wie erwähnt um eine virtuelle Foodhalle, wo die Gäste sich für Take Away und Delivery mit einer Bestellung Gerichte von allen unseren Brands zusammenstellen können. Somit kann sich jemand für zuhause auf einmal Burger vom The Butcher, Sushi von Negishi Sushi Bar oder ein Curry von Nooch Asian Kitchen bestellen. Neben der Online Präsenz haben wir in Zürich auch eine physische, cool eingerichtete Foodhall. Die Gäste können vor Ort auf 120 Plätzen auch von allen Restaurant Brands Gerichte bestellen und diese gemeinsam essen. In Bern sind wir auf der Suche nach einem weiteren Standort.
«Unsere Marken haben wir schon einmal für das Metaverse schützen lassen.»
Sie setzen mit Ihren Innovationen immer wieder Standards. Wann werden wir erste Bestellungen in einem virtuellen FWG-Brand im Metaverse aufgeben?
Wir sind uns schon seit einigen Monaten mit dem Metaverse am Befassen. Im Moment ist die Entwicklung bei uns wie allgemein im Metaverse aber noch nicht soweit, dass Foodbestellungen für eine breite Masse möglich sind. Ich denke, dass es noch ein oder zwei Jahre dauern wird bis wir hier etwas anbieten können. Unsere Marken haben wir aber schon einmal für das Metaverse schützen lassen.
Wie präsentiert sich Ihre Digitalisierungsstrategie über ein gutes Kundenerlebnis hinaus?
Wir versuchen, dass der Gast sich bei allen digitalen Touchpoints gleich gut behandelt fühlt wie wenn Mitarbeitende den Kontakt mit dem Gast hätten. Dies machen wir mit sehr viel Bild- und Videosprache und fortlaufender Optimierung. Gleichzeitig ist ein Mensch nicht komplett zu ersetzen. In Zukunft werden unsere Mitarbeitenden mehr Zeit haben für den persönlichen Austausch, das Erzählen von Geschichten und mehr Hintergrundinformationen. Meiner Meinung nach hilft uns die Digitalisierung, dass die Qualität und die menschliche Interaktion zwischen Service und Gästen in Zukunft auf einem viel höheren Niveau sein kann als jetzt.
Quelle: Moneycab.ch