Ging man früher davon aus, dass ein kleines Unternehmen zwangsläufig ein
Schmalspur-Human Resources (HR) fahren muss, so kann man diesen Gedanken getrost als Relikt ad acta legen. Ganz im Gegenteil. Viele KMU starten durch und überholen so manchen Giganten in Sachen HR-Strategie und Digitalisierung.
Zunächst lohnt sich ein Blick zurück. Das Thema HR war (oder ist auch heute noch) bei vielen KMU-Verantwortlichen auf die operativen HR-Prozesse der Lohnbuchhaltung reduziert.
Doch irgendwann kommt unweigerlich der Moment, an dem dieser Ansatz nicht mehr funktioniert. Auch KMU werden grösser, die Anforderungen steigen und neue Generationen von Mitarbeitern haben konkrete Erwartungen an ein zeitgemässes HR. Auch die Frage des «perfekten» Employer Branding wird im umkämpften Arbeitsmarkt zu einem Thema, das HR
antreibt, sich mit der eigenen Strategie auseinanderzusetzen. An diesem Punkt angekommen werden oft die Lehrbücher aufgeschlagen oder geschaut, was «die Grossen» denn so machen. Aber eine copy-paste-HR-Strategie kann im KMU-Umfeld nicht funktionieren. Nicht nur mangels Budget, Zeit und Ressourcen, sondern insbesondere auch, weil gerade KMU sich
durch ihre Einzigartigkeit auszeichnen und diese sich auch in der HR-Strategie reflektieren soll. Oft werden HR-Mitarbeiter auch als Markenbotschafter wahrgenommen. In diesem Sinne sind sie zudem Kulturmacher, und ein HR von der Stange bedeutet oft auch eine Verwässerung der
DNA des Unternehmens.
Sackgassen und neue Möglichkeiten
Zudem besteht die Gefahr, dass im Übereifer und mit dem Ziel der perfekten HRStrategie
im Auge, die Programme zu «over designed» und zu komplex werden und somit zur organisationalen Lähmung führen oder schlicht und ergreifend von Vorgesetzten und Mitarbeitern boykottiert werden. Mangelnde Akzeptanz an der Front führt zum Scheitern oder es wird zur Farce, zur Alibiübung. Die Dashaben- wir-doch-gleich-gesagt-Front frohlockt,
HR krebst zurück und am Ende bleibt alles in alten Strukturen verhaftet. Zum Glück aber geben aktuelle organisationale und technologische Trends den KMU-Verantwortlichen ganz neue Möglichkeiten an die Hand, um ein pfiffiges, zeitgemässes und zugleich individuelles
HR auf die Beine zu stellen. Ein HR, das nicht nur Mitarbeiter verwaltet, sondern dem Unternehmen ein Gesicht verleiht. Im Folgenden gehe ich auf drei Trends näher ein.
Die agile Oranisation
Agiles Management ist in aller Munde. Was aber steckt wirklich hinter diesem Buzzword, und warum ist das für HR überhaupt relevant? Agiles Management ist vom Grundsatz her nicht neu. Schon 1970 wurde unter dem Begriff Soziokratie ein kreisförmiges Organisationsmodell propagiert, also ähnlich dem von Brian Robertson im 2007 geprägten Holacracy-Ansatz.
Parallel dazu entwickelte sich im Finanzwesen bereits in den 90er-Jahren unter dem Begriff «Beyond Budgeting» ein Trend zur agilen Unternehmensführung. Dabei ging es nicht einfach nur um die Abschaffung der klassischen, oft jährlichen Budgetierungsprozesse,
sondern um den Ersatz dieser Konzepte durch flexible, wertorientierte Modelle. Unternehmen, die sich erfolgreich dieser Methode verschrieben haben, stellten schon vor 20 Jahren fest, dass hierarchische Strukturen und starre Budgets Organisationen lähmen und den gesunden
Menschenverstand häufig ausschalten.
Heute nun scheint die Zeit reif zu sein, um agiles Management von seinem Exotenstatus in einen anerkannten Standard zu verwandeln. Zum Glück. Denn die einzige Konstante ist die Veränderung, und Unternehmen müssen trotz hoher Volatilität der Märkte gute Entscheidungen treffen. Was in einer hierarchischen Organisation kaum möglich ist.
Wo grosse Organisationen sich schwertun, Agilität als Paradigma zu leben, sind KMU sehr viel schneller und von jeher agiler als Grosskonzerne. Und so kann sich HR viel einfacher neu erfinden, um das Unternehmen auf dem Weg in die Agilität zu unterstützen. Agiles Management verlang zwangsläufig auch ein agiles HR.
Lange gelebte Konzepte des HR-Managements dürfen in der agilen Welt neu überdacht werden. Aber nicht alles Bewährte muss als obsolet deklariert werden, es bekommt aber sicherlich eine andere Färbung.
Ein konkretes Beispiel ist die Durchführung von Zielvereinbarungs- und Mitarbeitergesprächen.
Was in der klassischen Organisation oft stark an einen Jahreszyklus gekoppelt ist, wird in einer agilen Organisation vielleicht nicht gerade abgelöst, aber mit Sicherheit um einen kontinuierlichen Feedbackprozess ergänzt. Genauso verlieren individuelle Ziele mehr
und mehr an Bedeutung und werden durch dynamische Team- oder Gruppenziele ersetzt.
Auch die jährliche Planung von Schulungen und Ausbildungen sind kaum vereinbar mit täglich wechselnden Anforderungen, die an Mitarbeiter herangetragen werden. Lernprozesse werden weniger vorausschauend planbar, sondern vielmehr situativ, agil und mobil. Und auch im Recruiting schlägt sich eine agile Kultur nieder. Ob ein neuer Mitarbeiter eingestellt wird,
entscheiden nicht länger HR und der Vorgesetzte, sondern das ganze Team. Der klassische Selektionsprozess wird somit zum Teamentscheid.
Für diese spannende Reise in die agile Welt muss Ballast abgeworfen werden. Und hier tut sich ein KMU mit einem schlanken HR leichter als eine grosse Organisation, die sich vielleicht von minutiös ausformulierten HR-Strategien und -Prozessen lösen muss.
Was aber definitiv nicht funktioniert, weder im Unternehmen als Ganzes noch im
HR-Ökosystem, ist eine Lass-uns-dochauch- ein-bisschen-agil-werden-Strategie.
Es ist nicht damit getan, plötzlich Meetings einfach im Stehen abzuhalten und sie als
«Stand-up-Meeting» zu deklarieren. Gelebte Agilität erfordert organisatorische und kulturelle Voraussetzungen. Und HR kann und darf dazu beitragen, diesen Wandel im Unternehmen zu etablieren. Dazu muss HR nicht zwangsläufig selbst Scrum oder eine andere agile Methodik
anwenden, sondern vielmehr das Bewusstsein für den Transformationsprozess im Unternehmen schärfen und die mit der Agilität einhergehenden Unternehmenswerte vorleben und institutionalisieren.
Innovative HR-Suiten aus der Cloud
Ganz klar: Innovative Software unterstützt HR und die Linie in wichtigen Entscheidungsprozessen und beschleunigt bestimmte HR-Prozesse. War gute HR-Software
früher für kleine Unternehmen (fast) unerschwinglich, bringt die Cloud hier eine Demokratisierung mit sich. Jedes Unternehmen kann sich eine erstklassige HRSoftware aus der Cloud leisten, da keine Kosten für Infrastruktur und Datenbanken anfallen und keine teuren IT-Ressourcen zur Betreuung der Lösungen notwendig werden. Somit ergeben sich für die HR-Abteilungen kleinerer Unternehmen ganz neue Perspektiven.
Und nicht nur das! Die Software-Lösungen der neuesten Generation sind nicht nur effizient,
sondern richtig clever und können in kurzer Zeit implementiert werden. Dadurch werden Organisationen nicht über Monate oder sogar Jahre hinweg regelrecht durch grosse HR-IT-Projekte gelähmt, sondern können sehr schnell von den neuen Lösungen profitieren. Diese punkten meist mit Standardprozessen und Best-Practices, die nur marginal an kundenspezifische Anforderungen angepasst werden.
Beispiele für moderne cloudbasierte HRSuiten sind SAP SuccessFactors und Talentsoft. Beide Lösungen sind komplett modular aufgebaut, sodass jedes Unternehmen im eigenen Rhythmus in ein individuelles digitales HR starten und die Lösung anschliessend Stück für Stück weiter ausbauen kann.
Aber wer vor der Wahl der «richtigen» Lösung steht, hat keine leichte Aufgabe vor sich. Erscheinen viele Lösungen auf den ersten Blick sehr ähnlich, so gibt es doch ganz grundlegende Unterschiede, die im Einzelfall für oder gegen ein Produkt sprechen können. So sollten HR-Abteilungen vorgängig einige grundlegende Fragestellungen klären, um spätere Überraschungen zu vermeiden. Vorneweg steht die Frage der Datenhaltung: In welchem Land
sollen bzw. dürfen die Mitarbeiterdaten gehostet werden? Nicht alle Anbieter verfügen über ein europäisches oder gar schweizerisches Datacenter!
Soll die Lösung primär die wertschöpfenden Prozesse rund um den Employee Lifecycle
abbilden oder wird eine komplette Human-Resource-Information-System-Lösung (HRIS) gesucht, die auch mit Payroll und Saläradministration punkten kann? Insbesondere bei global agierenden Firmen muss auch über den nationalen Tellerrand hinaus agiert werden. Welche Lösungen werden von ausländischen Niederlassungen bereits verwendet, und welche Integrationen müssen allenfalls sichergestellt werden?
Aber nicht nur die Architektur und Funktionalität der Lösungen muss hinterfragt werden, sondern auch die angebotenen Services. Stellt der Anbieter lediglich die lauffähige Software zur Verfügung oder können auch Services für den Alltag, zum Beispiel Durchführung der monatlichen Salärabrechnung, bezogen werden? Hierfür muss HR natürlich selbst klären, welche Leistungen intern erbracht werden sollen und wo man strategisch besser auf Business
Process Outsourcing setzen möchte.
Je gründlicher das Unternehmen sich also intern Klarheit verschafft, wie die zukünftige Zielarchitektur aussehen soll, desto fundierter und zugleich einfacher kann die – subjektiv richtige – Entscheidung getroffen werden.
Digitale Dokumente und Daily Business
Nach wie vor leiden zahlreiche HR Abteillungen unter administrativem Sand im Getriebe. Die erste Welle der Digitalisierung zielt häufig auf die strukturierten, planbaren HR-Prozesse ab und übrig bleiben die unplanbaren HR-Prozesse, täglichen Mitarbeiteranfragen und Dokumente, die es zu bewältigen gilt. Hier liegt ein gewaltiges Optimierungspotenzial verborgen, und eine
ganz neue Generation von IT-Lösungen tummelt sich in diesem Feld, um Unternehmen
zu nahtlos digitalen Prozessen zu verhelfen und dabei Medienbrüche und manuelle Schritte auszumerzen.
Im Mittelpunkt steht dabei das digitale Personaldossier, in dem sämtliche Dokumente, revisionssicher aufbewahrt werden. So bietet beispielsweise aconso mit dem Produkt nubea eine hundertprozentige cloudbasierte digitale Aktenlösung, die sehr benutzerfreundlich
auf beliebigen Endgeräten zur Verfügung steht. Aber auf dem Weg zu nahtlos digitalen HR-Prozessen benötigt es noch mehr! aconso bietet daher unter anderem ein weiteres Modul zur einfachen, Workflow-gestützten Abwicklung von Mitarbeiteranfragen. Somit können Anfragen
systematisch getrackt und bearbeitet und deren Ergebnis bei Bedarf dann auch automatisch in der Personalakte abgelegt werden. Dank der engen Verzahnung zwischen
aconso und SAP SuccessFactors verschmelzen strukturierte Daten und unstrukturierte
Dokumente mehr und mehr zu einer Lösung, in der Medienbrüche der Vergangenheit angehören.
Ein weiteres Optimierungsfeld betrifft die Erstellung von Arbeitszeugnissen. Vorreiter ist hier Arbeitszeugnis swiss+, die etablierte Schweizer Lösung, bei der Mitarbeiter, Linie
und HR nahtlos in den Zeugnisprozess involviert werden und die dank dem smahrt- Connector ebenfalls mit SAP Success- Factors und dem digitalen Personaldossier integriert ist. Natürlich gibt es im HR-Alltag mannigfaltige weitere Dokumente, die Tag für Tag erzeugt, kontrolliert, freigegeben und verschickt werden müssen. Oft entstehen diese als Abschluss eines Prozesses oder einer Mitarbeiteranfrage und müssen somit auch im Personaldossier
abgelegt werden. Genau hier kommt beispielsweise smahrt-eOffice ins Spiel – eine
vollständig in die SAP-Welt integrierte Lösung, mit der pfannenfertige Verträge, Verfügungen
und beliebige Office-Dokumente erzeugt und Workflow-gestützt genehmigt und verschickt bzw. im digitalen Personaldossier abgelegt werden können.
Es mangelt heute nicht an Werkzeugen, um auch die «letzte Meile» im HR zu digitalisieren.
Viele dieser Werkzeuge adressieren aber dedizierte «Pains» im HR, und die grosse Kunst liegt nun in deren intelligenten Vernetzung, sodass echter Nutzen entsteht und nicht ein Sammelsurium an Silolösungen. Dafür benötigt es Integratoren, sprich
HR-IT Beratungsfirmen, die nicht mit Tunnelblick unterwegs sind, sondern einen breiten Fachhorizont besitzen, die verschiedenen gängigen Tools beherrschen und über das benötigte technologische Know-how verfügen, um einem Endkunden eine integrierte digitale Gesamtlösung bieten zu können.
Konklusion für HR-Verantwortliche
Digitalisierung ist in vollem Gange. Die Transformation von Unternehmen ist spürbar, und zwar über alle Branchen und Firmengrössen hinweg. Selbst Firmen, die sich (noch) stabil und wenig betroffen fühlen von der Digitalisierung und den damit einhergehenden Paradigma-Wechseln,
sind in einer unbewussten Phase der Transformation. Das heisst, dass sich HRAbteilungen
rund um den Globus fragen müssen, was ihre Rolle ist und wie sie ganz konkret einen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten können.
KMU-Verantwortliche sollen hier auf keinen Fall die Grossen nachahmen, denn gerade diese straucheln öfter aufgrund zahlreicher festgefahrener und institutionalisierter Prozesse und Werkzeuge. KMU tun sich leichter mit Veränderungen, und ein Wechsel von einer hierarchischen zu einer holokratischen Organisation kann von einem kleinen Unternehmen sehr viel schneller erfolgreich bewältigt werden. Das Thema HR-Strategie ist von unzähligen
Schlagwörtern und Pauschalaussagen umzingelt, die für sich betrachtet wenig
Inhalt stiften. HR soll der Partner der Geschäftsleitung sein. HR soll einen messbaren
Anteil am Unternehmenserfolg beitragen. HR soll Werkzeuge für die Führung bereitstellen, Entwicklungsprogramme designen, das Employer Branding stärken, die Unternehmenskultur entwickeln und und und … Was denn nun konkret?
Jedem KMU sei daher strategisch empfohlen, zunächst einen Schritt zurückzugehen und Introspektion zu betreiben. Ressourcen und Budget sind naturgemäss eingeschränkt, und es ist nicht möglich, in allen Facetten der HR-Strategie zum Star zu werden. Insbesondere die
einfache und kostengünstige Verfügbarkeit von HR-Software-Lösungen kann dazu verführen, das Thema HR-Strategie zu stark mit der Beschaffung neuer Software zu besetzen. Wenn dann noch mit der neuen Software 1:1 die bestehenden Prozesse abgebildet werden, kann sich das als unschöner Fehler erweisen. Daher gilt als Grundregel, zuerst Ballast abwerfen,
Prozesse simplifizieren und anschliessend oder parallel dazu mit geeigneter Software unterstützen.
Technologie allein kann keine Transformation bewirken, sie kann aber ein wertvoller
Enabler sein. Falsche oder falsch genutzte Technologie hingegen kann eine angestrebte Veränderung blockieren. Daher sollte jedes KMU der Technologie den richtigen Stellenwert geben. Als ein Puzzlestück in der gesamten HR-Strategie.