Structure follows function: Dieses Gestaltungsprinzip besagt, dass sich Strukturen der Funktion unterordnen, um Beweglichkeit sicherzustellen. Trotzdem bewerten Mitarbeitende
Strukturen oft als hemmend, einschränkend oder bevormundend. Doch was steht einer freien Zusammenarbeit wirklich im Weg?
Organigramme sind Momentaufnahmen: kaum definiert, bereits Makulatur. Sie schaffen zwar Ordnung und Übersicht, beeinflussen gleichzeitig jedoch auch Denk- und Verhaltensmuster. Das hat negative Konsequenzen: Silodenken, Informationskontrolle und Gefolgschaft. Zu oft interpretieren gerade Führende ein Organigramm als Legitimation, um
Macht und Kontrolle auszuüben. Damit verhindern sie freie Kooperation, Kreativität und Innovation. Kurz: Sie vernichten Potenziale. Und damit treiben sie Mitarbeitende die Wände hoch. Diese haben das Gefühl, nicht vorwärtszukommen und mehr Aufwand für Politik als für das Projekt zu betreiben. Für Unternehmen stellt sich also weniger die Frage, wie sie sich am besten organisieren. Viel wichtiger ist zu entscheiden, auf welche Personen sie bauen wollen und was sie von ihnen bezüglich Integration, Kooperation und Dynamik
erwarten – und wie das Unternehmen dafür sorgt, dass sie diese Erwartungen erfüllen können.
Leider positionieren Führende Strukturen als feste und unverrückbare Tatsache. Das ist zwar verständlich, weil dadurch vermeintliche Sicherheit in Bezug auf die eigene zukünftige Bedeutung entsteht. Doch in Wirklichkeit misst sich diese heute vielmehr daran, ob Führende optimale Rahmenbedingungen für den Erfolg anderer gestalten können. Deswegen sollte die eigene Organisation immer nur als Entwicklungszustand verstanden werden, der unkompliziert und bedürfnisgerecht verändert werden darf. Denn sonst verkehrt sich das eingangs erwähnte Gestaltungsprinzip in sein Gegenteil, und Funktionen ordnen sich der Struktur unter. Unternehmen sollten sich also gut überlegen, wie sie firmenintern und -extern mit Organigrammen umgehen: Beweglichkeit und Kooperation lassen sich mit konkreten Erwartungen viel einfacher erzeugen als mit Kästchen und Linien.
Ein wirksames Mittel gegen Machtstrukturen ist eine partnerschaftliche Kommunikation: Ein Austausch auf Augenhöhe. Die beiden wesentlichsten Voraussetzungen dafür sind Vertrauen und Anstand. Vertrauen der Mitarbeitenden gegenüber Führenden, dass sie neue oder andere Anforderungen der Kooperation sanktionsfrei aufzeigen oder skizzieren dürfen. Und Anstand aller Beteiligten, solche Gespräche stets respektvoll und anerkennend zu führen. Es sollte einer Lernenden möglich sein, die Verkaufsleitende auf einen ineffizienten
Prozess hinzuweisen, ohne diese zu beleidigen. Und es sollte umgekehrt der Verkaufsleitenden möglich sein, diesen Hinweis der Lernenden offen entgegenzunehmen und zu verdanken.
Unternehmen benötigen mehr denn je ein gemeinsames Verständnis darüber, was Führung für sie bedeutet und welche Erwartungen sie erfüllen soll. So können Führende eine hohe Dynamik und Flexibilität erzeugen – ganz unabhängig davon, wie einfach oder kompliziert eine (momentane) Organisation auch ist.