Von Elias Schäfer
«Wir können nicht einfach überall nur wohnen, irgendwo muss auch gearbeitet werden.» Mit diesen Worten wehrt sich Anna Schindler, Direktorin der der Dienstabteilung Stadtentwicklung Zürich, in einem Interview im Tagesanzeiger gegen die Ansprüche, das freiwerdende Industrieareal von Rheinmetall in Zürich Oerlikon für Wohnungen zu nutzen. Die Zürcher Verwaltungsangestellte bringt damit auf den Punkt, was in Basel leider allzu oft in Vergessenheit gerät.
Eine Stadt ist nicht bloss Wohnort, sondern auch Arbeitsort, Vergnügungsort und Verkehrsdrehscheibe, ein Ort mit eigener Verwaltungs- und Versorgungsstruktur. Damit eine Stadt diese vielfältigen Funktionen erfüllen kann, muss für diese aber Raum geschaffen und erhalten werden. Eine einseitig auf die Mehrung des Wohnraums ausgerichtete Raumplanung, wie sie in Basel-Stadt zurzeit von Teilen der Verwaltung betrieben wird, wird dem Charakter einer Stadt nicht gerecht. Eine Stadt ist mehr als eine Wohnsiedlung.
Für die Funktion als Arbeitsort und die städtische Versorgungsstruktur ist das handwerkliche Gewerbe unerlässlich. Es erbringt für die Bewohner und die Industrie wichtige Dienstleistungen. Es erneuert Strassen, bestellt Gärten, reinigt Abflüsse, isoliert Häuser, «plättelt» Labors und entsorgt Abfälle. Es bietet sowohl anspruchsvolle als auch niederschwellige Arbeitsstellen und schafft Lehrstellen. Es durchmischt die Quartiere und belebt sie.
Es liegt in der Natur der Sache, dass dieses Gewerbe nicht immer leicht mit anderen Nutzungen zu vereinen ist. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Das Handwerk und die Produktion verursachen Lärm, Gestank und Verkehr. Zwar steigt der Aufwand diese Immissionen zu minimieren stetig an, doch nimmt die Bereitschaft solche Immissionen überhaupt zu tolerieren fast parallel dazu ab, und die Regulierungsdichte wiederum entsprechend zu.
Diese Tatsache hat in den vergangenen Jahren bereits zu einer schleichenden Entflechtung von Wohnen und Gewerbe in der Stadt geführt. Geduldet ist in den Mischzonen eigentlich bloss noch das stille Gewerbe und selbst Gastwirtschaftsbetriebe geraten zunehmend unter Druck. Angesichts dieser Entwicklung nimmt die Bedeutung der wenigen verbleibenden Gewerbeareale auf Stadtgebiet zu. Gerade sie geraten nun in den Fokus der Stadtplaner, welche sie nur zu gerne als Baulandreserven für Wohnbauten betrachten.
Gemeinsam mit den Grundeigentümern, die sich von der Wohn- und Dienstleistungsnutzung eine deutlich höhere Wertschöpfung erhoffen, werden Testplanungen und die notwendigen Zonenänderungen vorangetrieben und so ist im Richtplan plötzlich Wohnnutzung in wirtschaftlichen Schwerpunktgebieten vorgesehen. Wird Kritik an diesem Vorgehen laut, zeigen sich die Planer und ihre politischen Vorgesetzten verwundert: Ob es denn nicht der marktwirtschaftlichen Logik entspräche, dass wertschöpfungsintensive Nutzungen wertschöpfungsschwache verdränge?
Diese Unzulänglichkeit dieser Argumentation wird dadurch offenbar, dass die Gesetzgebung bei der Raumplanung derart regulierend eingreift, dass von freien Marktkräften keine Rede sein kann. Grünzonen werden nicht erhalten, weil sie für den Besitzer rentieren. Sie haben einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen, weshalb der Gesetzgeber ihren Erhalt verordnet. Entsprechend verhält es sich mit Gewerbeflächen: Sie mögen nicht die höchste Wertschöpfung erwirtschaften, doch ihr Nutzen für die Stadt und die Gesellschaft ist hoch. Gewerbeflächen lohnen sich eben und es lohnt sich, sie zu erhalten.
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