Doing Business with China – Erfahrungen weisen in eine eindeutige Richtung. Am Beispiel der Luxusgüterindustrie zeigen statistische Zahlen einen klaren Weg. In den letzten 20 Jahren wurden die chinesischen Kunden zur weltweit bedeutendsten Kundengruppe im Luxusgütersegment. China zeigt nachhaltig wirksame Formen für Geschäftsstrategien vor. Die Umsatzzahlen steigen erfreulich weiter an.
Betrug der Anteil der chinesischen Kunden am globalen Umsatz im Jahr 2000 noch ein Prozent, so lag er 2019 bei 35 Prozent. Ein Merkmal war jedoch, dass bis zum letzten Jahr noch immer zwei Drittel der Käufe im Ausland getätigt wurden und lediglich ein Drittel
in Geschäften der Volksrepublik China. Wichtige Gründe hierfür waren in der Vergangenheit
unter anderem, dass die Verkaufspreise in Europa häufig tiefer waren, kein Zweifel betreffend Echtheit der Produkte bestand und Shopping als Teil des Ferienvergnügens gesehen wurden.
China gewinnt an Gewicht
In den letzten Jahren wurde jedoch deutlich, dass China auch als Absatzmarkt signifikant an Bedeutung gewinnt. Dies widerspiegelt sich im Halbjahresbericht 2020 der Swatch Group: Ihre Boutiquen steigerten von April bis Dezember 2019 die monatlichen Verkaufszahlen im Vergleich zum Vorjahr um 22 bis 48 Prozent. Während des strikten Lockdowns im Februar 2020 erlitten die Boutiquen der Swatch Group dann einen Umsatzeinbruch von 83 Prozent. Unmittelbar nach der Wiedereröffnung der Geschäfte
erholten sich die Abverkäufe jedoch sofort. Im April lagen sie bereits wieder auf Vorjahresniveau und in den beiden Folgemonaten um 76 Prozent respektive 60 Prozent über den starken Vorjahreswerten.
Diese starken Wachstumszahlen aus China decken sich mit Resultaten des Konkurrenten
Richemont. Gemäss dem publizierten Halbjahresresultat stieg der Umsatz in China von April bis September 2020 um 78 Prozent zu aktuellen Kursen.
Ein wichtiger Grund hierfür ist, dass die chinesischen Kunden nun Luxusgüter nicht mehr auf Auslandreisen, sondern vermehrt im Heimatland kauften. Das Beratungsunternehmen Bain & Company folgerte bereits im Frühjahr, dass die chinesischen Kunden bis in fünf Jahren einen Umsatzanteil von annähernd 50 Prozent am globalen Luxusgütermarkt darstellen und über 50 Prozent dieser Käufe in China getätigt werden.
Formen für Geschäftsstrategien
Für den Geschäftseintritt in China bieten sich acht relevante Formen an, die nach Möglichkeit mit einem Beispiel einer Uhrenmarke oder eines -konzerns ergänzt sind:
Ein wichtiger Grund hierfür ist, dass die chinesischen Kunden nun Luxusgüter nicht mehr auf Auslandreisen, sondern vermehrt im Heimatland kauften. Das Beratungsunternehmen
Bain & Company folgerte bereits im Frühjahr, dass die chinesischen Kunden bis in fünf Jahren einen Umsatzanteil von annähernd 50 Prozent am globalen Luxusgütermarkt darstellen und über 50 Prozent dieser Käufe in China getätigt werden.
Weitere Möglichkeiten bieten Representative Offices und Umbrella Companies sowie
Kombinationen davon:
> Ein Representative Office ist eine einfache Form, wie sich ein Unternehmen in eingeschränktem Umfang in China engagieren kann. Es darf Market Research für das
Mutterunternehmen betreiben, Kunden betreuen, Promotionsmaterial zur Verfügung stellen oder Qualitätskontrollen vornehmen. Es ist jedoch nicht möglich, direkt Umsätze und Profit mit dem Representative Office zu generieren, Waren zu importieren oder Eigentum zu erwerben. Für den Waren- und Geldfluss wird ein zusätzlicher Importeur mit den
relevanten Lizenzen benötigt.
> Umbrella Companies oder Professional Employment Organizations sind Agenturen, welche beauftragt sind, die Hauptaufgaben bezüglich Admin, Backoffice und rechtliche
Verpflichtungen zu erledigen. Sie rekrutieren und stellen die Mitarbeiter an, übernehmen die Steuern, das Abgabewesen, Visa-Applikationen etc. Dank einer Umbrella Company
muss ein ausländisches Unternehmen in China keine Strukturen etablieren
oder sich mit rechtlichen Angelegenheiten befassen.
Die Gründung einer Niederlassung
Die meisten Uhrenunternehmen haben mittlerweile die vorher genannten Formen
hinter sich gelassen und eine Tochtergesellschaft gegründet. Wichtige Gründe für
eine Niederlassung sind:
> Langfristige Ausrichtung und zunehmende Bedeutung des chinesischen Marktes
> Aufbau direkter Kundenbeziehungen mit effektiver Kundennähe
> Sicherstellung einer umfassenden Kundenbetreuung auf Basis eines vertieften Kundenverständnisses
> Direkte Vornahme und Verantwortung der Investitionen in die Marke, Kommunikation und Distribution
> Unmittelbare Kontrolle und Steuerung in der Entwicklung des selektiven
Vertriebsnetzwerkes
Zwei weitere Lösungen
> Beteiligungen, wie sie beispielsweise die Swatch Group am grössten chinesischen Uhrenretailer Xinyu Hengdeli hält, und
> Joint Ventures, wie dasjenige von Richemont mit dem Online-Luxusspezialisten Farfetch und dem chinesischen E-Commerce-Marktführer Alibaba
E-Commerce in China
Bei Cross-Border-E-Commerce verkaufen Unternehmen ihre Produkte über Hubs der Plattformen wie Tmall in Hongkong nach China. Die Pflege des chinesischsprachigen
Auftritts ist allerdings kostenund zeitintensiv, die zu akzeptierenden Verträge mit den Plattformbetreibern eher zu deren Gunsten ausgestaltet, kaum verhandelbar und es müssen substanzielle Haftungsgarantien abgegeben werden. Von daher ist mir keine Schweizer Uhrenmarke bekannt, welche in dieser Form des Cross-Border-E-Commerce
tätig ist.
Langfristig ist ein Domestic E-Commerce zu bevorzugen, das durch die eigene Niederlassung vor Ort betrieben wird. Dies ist auch die Lösung der Schweizer Uhrenunternehmen in China, die zunehmend im E-Commerce tätig sind
Strategie fürs Business in China
Für einen nachhaltigen Unternehmenserfolg in China werden aus meiner Sicht in Zukunft vier Eckpfeiler entscheidend sein:
1. Kunden
Die chinesischen Kunden von Luxusgütern sind im Durchschnitt zehn Jahre jünger als
die Kunden in Europa und 15 Jahre jünger als Kunden in den Vereinigten Staaten. Millennials (1980 – 1995) und Generation Z (geboren nach 1995) stellen heute die umsatzgrösste Kundengruppe dar. Der Generationenwechsel bei der Kundschaft ist
somit bereits Realität.
Themen wie Nachhaltigkeit und Ökologie statt Verschwendung, dezenter Konsum statt Show-off und Inklusion (sprich Familie und Freunde) statt elitärer Exklusivität sind heute von grosser Bedeutung. Diese Werte werden in der Zukunft weiter an Relevanz gewinnen.
Das Reich der Mitte verfügt über eine äusserst reiche Kultur und Geschichte. Chinas
wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte ist weltweit einmalig. Darauf ist man in China sehr stolz. Daher ist ein respektvoller Umgang damit Grundvoraussetzung und ideologische Vorurteile sowie wertende Aussagen sind zu vermeiden.
China ist mit seiner Bevölkerungszahl, der geografischen Grösse und den regionalen
Facetten sehr vielschichtig. Es ist nicht möglich, China als einen Markt zu erfassen.
Vielmehr ist eine Ausrichtung des Unternehmens auf Regionen oder Segmente
– oder gar lokale Segmente – ratsam. Allein damit werden Märkte abgedeckt, welche
ein Mehrfaches der Grösse des Heimmarktes Schweiz aufweisen können.
2. Technologie
Es gibt kaum ein Land auf der Welt wie China, in welchem digitale Technologien und deren Möglichkeiten von der Bevölkerung derart intensiv genutzt werden, ja geradezu das Leben darüber organisiert wird. Aus internationalen Studien ist bekannt, dass rund 80 Prozent der
Informationssuche heute online stattfindet und circa 17 points of contact bestehen, bevor der Kauf eines Luxusproduktes stattfindet. Von daher ist es für den Erfolg in China notwendig, dass Markenvisibilität und Client Engagement nicht nur klassisch-traditionell im Geschäft, sondern darüber hinaus intensiv auf den relevanten digitalen Netzwerken und Plattformen gepflegt werden. Die Uhrenindustrie war traditionell sehr physisch orientiert (zum Beispiel brick-&-mortar-Läden, Fachzeitschriften) und die Distributionskette sehr
lange Zeit organisiert. Von daher fehlt vielfach eine vertiefte, datenbasierte Kenntnis der Kunden. Die «lessons learned» aus der Krise sind, dass auch Uhrenmarken direkt mit Kunden interagieren (zum Beispiel D2C, Livestreaming, Virtual Fitting) und die digitale
Brand Equity sowie die Visibilität ausbauen müssen (zum Beispiel Virtual Boutiques,
Virtual Fashion Shows).
3. Vertrieb
Der Lockdown hat auch in China zu einer weiteren Beschleunigung des Online-Segmentes geführt verbunden mit der Notwendigkeit eines (eigenen) E-Commerce-Geschäftes.
Die Kunden unterscheiden in der Wahrnehmung oder ihren Ansprüchen gegenüber
einer Marke nicht mehr, ob sie sich in einem virtuellen oder physischen Umfeld
befinden. Diese Trennung von offline und online ist veraltet. Was offline angeboten
wird, muss auch online verfügbar sein und vice versa. Die Selektivität, welche Luxusmarken bewusst pflegen, wird weiterexistieren, jedoch nicht mehr an der Grenze
zwischen der digitalen und realen Welt.
4. Supply Chain
Was in Asien im Gegensatz zur Schweiz schon immer signifikant stärker ausgeprägt
war, ist die Volatilität der Nachfrage – zeitlich, aber auch geografisch.
In grösseren, statischen Konzernen war es nicht gerne gesehen, reinverkaufte Waren
von Händlern wieder zurückzunehmen. Es war ein Tabu, Lagerbestände direkt zwischen
Niederlassungen zu verschieben. Die Ware musste stets zuerst zurück an den Hauptsitz gelangen und diese Retouren wurden nur einmal pro Jahr, nach Vorgaben des Hauptsitzes durchgeführt.
Die These zu einer agilen und lokalisierten Supply Chain im China der Zukunft zielt darauf: Für den Erfolg in einem kompetitiven Markt wie China ist es essenziell, dass die Supply Chain auf der effektiven Nachfrage aufbaut und kurzfristige Massnahmen stets aufgrund von Nachfrageänderungen angezeigt, zeitnah vor Ort oder regional umgesetzt werden können – auch wenn es im Einzelfall und im Moment schmerzt.
Woran sollte man immer denken?
> Vertrauen und Respekt sind die Grundlage für langfristige Geschäftsbeziehungen
in China.
> Die Verantwortung endet nicht mit dem Verkauf an die Retailer. Es liegt im eigenen, langfristigen Interesse, Partner bei der Lagerbewirtschaftung zu unterstützen.
> Bei einer gelebten, langfristigen, respektvollen Partnerschaft ist in China mit dem grossen Hebeleffekt im positiven Sinne ALLES möglich.