Das Swiss Economic Forum (SEF) ist die führende Wirtschaftskonferenz der Schweiz und findet am 2. und 3. Juni 2022 bereits zum 24. Mal statt. In diesem Rahmen wird der SEF.WomenAward verliehen. Bekanntlich sind in den Teppichetagen weibliche Kader noch immer eine deutliche Minderheit. Um dies zu ändern, braucht es unter anderem Vorbilder, die mit unternehmerischen Leistungsnachweisen kommenden Generationen den Weg weisen können. Preise aus der Mitte der Schweizer Wirtschaftswelt sind hier ein klares Statement. Die sechs Finalistinnen stehen fest. Sie gliedern sich in gestandene CEOs und
Jungunternehmerinnen auf. Wir stellen sie auf den folgenden Seiten vor.
Frauen in Kaderpositionen haben statistisch noch immer eine Exotenposition. Trotz Frauenförderung, politischer Sonntagsreden und Girls’ Days bleiben die Führungsetagen weiterhin männlich dominiert. Optimisten sehen zwar eine positive Entwicklung in den letzten Jahren, aber die «gläsernen Decken», an die Frauen stossen, sind weiterhin da. Offensichtlich prägen alte Rollenbilder noch immer das Geschehen.
Ja, es gibt sie, die einzelnen Leuchttürme weiblicher Kadervorbilder. Ein Beispiel ist Petra Jenner. Sie arbeitet in der männerdominierten IT-Branche und ist heute General Manager bei Salesforce. Früher war sie in der Schweiz Chefin bei Microsoft und hat schon dort intern mithilfe eines Netzwerkes Frauen in Kaderpositionen gebracht.
Die nüchterne Statistik spricht aber eine andere Sprache. Das verdeutlicht eine Studie der Universität St. Gallen vom letzten Jahr, die den Karriereverlauf von über 320’000 Angestellten in der Schweiz untersucht hat. Gerade in mittleren und oberen Kadern ist der Geschlechter-Gap offensichtlich.
Der Gap
Am Ende der Ausbildungszeit, an den Universitäten und Fachhochschulen und beim Start in das Berufsleben ist die Ausgangslage für Frauen und Männer ungefähr gleich. Inzwischen haben hier junge Frauen sogar Vorteile. Etwas mehr als die Hälfte aller Masterdiplome an Universitäten und Fachhochschulen geht inzwischen an Frauen. Es gibt aber grosse Unterschiede zwischen den Fachbereichen. Wer heute Bauingenieur wird, ist statistisch gesehen immer noch ein Mann. Dafür sind Agenturchefinnen oft Frauen. Es gilt immer noch der alte Spruch: Die kommunikative Softpower bestimmen Frauen, die naturwissenschaftlichen Themen Männer. Nach einigen Jahren im Berufsleben tauchen
wir aber überall wieder in alte Zeiten ein. Mittlere und obere Kader werden weiterhin von Männern dominiert. Nehmen wir die Zahl Hundert der Studie als zentrale Referenzgrösse.
Wie sehen die Verhältnisse aus? Beim Topmanagement steht es 17 zu 83, beim mittleren Kader 23 zu 77, beim unteren Kader 31 zu 69 und bei der tiefsten Kaderstufe ist der Stand 40 zu 60. Nur bei letzterer gibt es eine klare positive Entwicklung für Frauen, was die statistische Entwicklung der letzten Jahre betrifft. Das kann man in den Businesswelten auch mit eigenen Augen sehen. Man sieht auf Kongressen und Messen, die jetzt wieder stattfinden, zwar Marketingchefinnen, aber kaum weibliche CEOs.
Alte Klischees
Warum ist das so? Offensichtlich haben wir alle noch Rollenbilder im Hinterkopf, die wir zwar öffentlich nicht nach aussen kommunizieren, die aber tief verankert sind. Zusammengefasst: Frauen bekommen doch früher oder später Kinder und wir brauchen Kader, die jederzeit und zu hundert Prozent Verantwortung übernehmen. Diese Hintergedanken verhindern Beförderungen und Anstellungen. Zwischen 30 und 40 Jahren geht es für Frauen auf der Karriereleiter meist nicht mehr nach oben.
Und wo bleibt das Positive? In Zeiten der Pandemie und des zunehmenden Home-Office- und Remote-Arbeitens wirbelt es alte Bilder in den Arbeitswelten durcheinander. Wer hier als Unternehmen flexible Arbeitszeitmodelle entwickelt, die Frauen und Männern mit Kindern zugutekommen, kann eher früher als später Früchte ernten, da er hochqualifizierte
Frauen als Arbeitskräfte nicht verliert.
Die Wirtschaftsplattform und der Award 2022
Das Swiss Economic Forum (SEF) ist die führende Wirtschaftskonferenz der Schweiz und findet am 2. und 3. Juni 2022 bereits zum 24. Mal statt. Jedes Jahr treffen sich über 1 000 Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Medien in Interlaken zum aktiven Meinungsaustausch und branchenübergreifenden Dialog.
Der Award für Businessfrauen wird in den Kategorien «Jungunternehmerin des Jahres» und «Unternehmerin / CEO des Jahres» verliehen. Zudem wird eine aussergewöhnliche Persönlichkeit, welche sich Zeit ihres Lebens für einen starken Wirtschaftsstandort Schweiz eingesetzt hat, mit dem Ehrenpreis honoriert.
Nun kann ein Preis nicht eine nationale Statistik verändern. Aber er setzt Zeichen und präsentiert Vorbilder, die in die Gesellschaft hineinwirken können.
Teilnahmeberechtigung
Es gibt im Vorfeld einige klare Bedingungen. Bei der «Jungunternehmerin des Jahres» lauten diese wie folgt: Die Unternehmerin hat ein oder mehrere Unternehmen gegründet und dort eine aktive Position inne. Das Unternehmen ist / die Unternehmen sind nicht älter als sieben Jahre, der Unternehmenssitz und wesentliche Teile der Wertschöpfung befinden sich in der Schweiz.
Bei «Unternehmerin / CEO des Jahres» lauten diese: Die Unternehmerin oder CEO trägt die Verantwortung für ein Unternehmen und hat dort eine aktive Position inne. Das Unternehmen wurde vor mindestens sieben Jahren gegründet. Der Unternehmenssitz und wesentliche Teile der Wertschöpfung befinden sich in der Schweiz.
Die drei Jungunternehmerinnen des Jahres 2022
ESTELLA BENZ
Mitgründerin & CEO, Skin Match Technology Switzerland AG
Mit über zehn Jahren Erfahrung in der Digitalbranche gründete Estella Benz 2017 die Skin Match Technology Switzerland AG mit. Die Tools des Zürcher Software-as-a-Service-Unternehmens helfen Beauty-Marken und -Retailern, der Endkundschaft transparent, informativ und neutral die individuell besten Produkte zu empfehlen.
Mit der «Skin Match Technology» gewann Estella Benz die ForwardBeauty-Challenge von DOUGLAS und nahm am Beauty Tech Accelerator von L’Oréal in Paris teil.
Vor der Skin Match Technology Switzerland AG gründete sie die US-Firma RUE CINQ Inc., welche sie bis heute leitet.
Estella Benz erwarb diverse Schweizer Diplome und Zertifikate in den Fachdisziplinen Kommunikation und Marketing, zudem bildete sie sich am Fashion Institute of Technology (USA) im Bereich Unternehmertum weiter.
www.skin-match.com
FAJER MUSHTAQ
Mitgründerin & CEO, Oxyle AG
Fajer Mushtaq ist Mitgründerin und CEO der seit 2020 bestehenden Oxyle AG. Das ETH-Spin-off ermöglicht es, Wasser auf nachhaltige und kosteneffiziente Weise von giftigen Schadstoffen zu reinigen. Mit seiner Innovation gewann das Cleantech-Start-up mehrere internationale Preise wie den «SEIF Award for Social Innovation» oder die Hello Tomorrow Global Challenge in der Kategorie «Energy & Environment».
Fajer Mushtag hält einen Elektrotechnik-Bachelor der Aston University (GBR) und einen Master in Mikro- und Nanosystemen der ETH Zürich. Ebenfalls an der ETH Zürich schloss sie 2019 ihr Doktorat zu intelligenten Nanomaterialien für die Umweltsanierung ab, das den Ausgangspunkt der Oxyle AG bildet.
Ihr unternehmerisches Know-how eignete sich Fajer Mushtaq in diversen Programmen und Workshops an.
www.oxyle.ch
ZHANG XI
Vorsitzende & CEO, Superlab Suisse AG
Die Architektin Zhang Xi gründete 2019 die Superlab Suisse AG. Die Zürcher Firma bietet Life-Science-Unternehmen Laborräume und entsprechende Dienstleistungen an. Mit diesem «Lab-as-a-Service»- Ansatz sparen Mieterinnen und Mieter wertvolle Ressourcen und können sich vollständig auf die Forschung fokussieren.
Zhang Xi ist ausserdem Mitgründerin des Architekturbüros EXH Design, dessen Sitz in Shanghai seit 2006 und derjenige in Zürich seit 2016 besteht.
Die gebürtige Chinesin absolvierte ihr Architekturstudium an der Tongji University (CHN) und an der ETH Zürich. Sie ist zudem im Schweizerischen Ingenieur-und Architektenverein (SIA) als Architektin registriert.
Zhang Xi glaubt an Energie und fördert die asiatische Architekturphilosophie sowie Feng Shui im zeitgenössischen globalen Kontext.
www.superlabsuisse.com
Die drei Unternehmerinnen/CEOs des Jahres
ANNA BAUMANN
Direktorin, Natur- und Tierpark Goldau
Sie ist seit 2008 Direktorin des Natur- und Tierpark Goldau: Anna Baumann.
Daneben amtet sie als Präsidentin der Stiftung pro Bartgeier und ist VR-Mitglied der Sparkasse Schwyz.
Ab 2023 beginnt für Anna Baumann als CEO der UNESCO-Biosphäre Entlebuch ein neues berufliches Kapitel. Vor demjenigen in Goldau war sie unter anderem Geschäftsleitungsmitglied des Zoos Zürich und der Swisscom sowie Prokuristin bei der Credit Suisse.
Anna Baumann absolvierte einen VR-Zertifikatslehrgang der Universität St. Gallen und einen Executive Master in Strategic Management and Leadership der Strathclyde Business School (GBR).
Eine ihrer grossen Leidenschaften ist die Önologie, welche sie zwischen ihren Stationen bei der Credit Suisse und der Swisscom für einige Zeit nach Chile und Argentinien führte.
www.tierpark.ch
BRIGITTE BREISACHER
CEO, Alpnach Norm Holding AG
Brigitte Breisacher ist seit 2008 Inhaberin und Unternehmensleiterin der Alpnach Norm Holding AG mit Sitz in Alpnach, welche die Alpnach Schänke AG, Alpnach Küchen AG und ZURAG AG umfasst.
Die Anfänge der Gruppe gehen ins Jahr 1966 zurück, als Brigitte Breisachers Vater Theo Breisacher die Alpnach Schränke AG gründete. Sie selbst trat 1987 nach ihrer kaufmännischen Lehre ins Familienunternehmen ein. Bis zum Generationenwechsel 2008 agierte sie betriebsintern in wechselnden Funktionen und etablierte gemeinsam mit ihrem Vater die Alpnach Küchen AG.
Neben der Leitung der Alpnach Norm Holding AG mit den heute knapp 200 Mitarbeitenden widmet sich Brigitte Breisacher passioniert dem gesellschaftlichen Engagement – dies etwa im Rahmen der Stiftungen ihres Vaters oder der Lungern-Turren-Bahn.
www.alpnachnorm.ch
MONIKA WALSER
CEO, de Sede AG
Seit 2014 leitet Monika Walser die Klingnauer de Sede AG, ein führendes Unternehmen in der Herstellung exklusiver Ledermöbel.
Daneben hält sie diverse Verwaltungsratsmandate, etwa bei der Sanitas Krankenversicherung AG, der Orior AG und beim Zoo Zürich.
Vor ihrer Zeit bei der de Sede AG agierte Monika Walser als Geschäftsführerin, CCO und HR-Verantwortliche in verschiedenen internationalen und nationalen Unternehmen. Ihre erste eigene Firma, die Cassiopeia Trend AG, gründete sie 1994. Diese spezialisierte sich auf die Produktion von Folklore-Kinderkleidern mit Handstickereien.
Monika Walser ist ursprünglich ausgebildete Haute-Couture-Damenschneiderin. Ihre Karriere in Führungspositionen begann sie nach zahlreichen Weiterbildungen.
www.desede.ch