Kaum ein Radiosender oder eine Zeitung hat nicht darüber berichtet: Die Nagra (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle) hat sechs Regionen miteinander verglichen und zwei davon als gut geeignete Standorte für ein geologisches Tiefenlager für radioaktive Abfälle vorgeschlagen, Jura Ost im Kanton Aargau und Zürich Nordost im Kanton Zürich. Das Auswahlverfahren für die Lagerstandorte läuft unter der Leitung des Bundes. Bevor das Verfahren in die letzte Etappe geht, prüfen die Sicherheitsbehörden des Bundes die Vorschläge der Nagra. Nicht nur die Gesteinsschichten müssen in diesen Regionen nun weiter untersucht werden, für den Nachweis ein Tiefenlager sicher betreiben zu können, führt die Nagra auch grosse Forschungsexperimente durch.
Die Fachwelt ist sich heute einig
Geologen, Chemiker, Physiker und Ingenieure sind gefordert. Sie bearbeiten ein Projekt, das auf mehrere Tausend Jahre ausgelegt ist – ein unvorstellbarer Zeithorizont. Aber in den vergangenen Jahren haben Wissenschaftler enorme Fortschritte gemacht. Die Fachwelt ist sich heute einig: Der tiefe Untergrund ist die sicherste Lösung, um Mensch und Umwelt langfristig – für 1 Million Jahre – vor den Auswirkungen radioaktiver Abfälle zu schützen. Die Radioaktivität klingt sehr langsam ab. An der Erdoberfläche würde der Abfall früher oder später zu einer grossen Gefahr: Sabotage, Krieg oder Erdbeben sind mögliche Szenarien.
Untergrund durchleuchten
Um den sichersten Standort zu finden, forscht die Nagra intensiv – Über- und Untertage. Von der Oberfläche aus wird mit einer Messmethode, der Seismik, der Untergrund durchleuchtet. Vergleichbar mit Echolot auf Schiffen, bildet die Seismik Gesteinsschichten bis in Tiefen von mehreren Kilometern ab. So erkennen die Wissenschaftler, wie tief sich das 175 Millionen Jahre alte Wirtgestein befindet und wie mächtig die Schicht ist, wo einst die Abfälle eingelagert werden sollen. Auch grosse Störungen, die am Standort nicht vorhanden sein dürfen, werden abgebildet.
Testlauf für das Tiefenlager
Während die Gesteinsschichten der Ver- gangenheit von Übertage aus untersucht werden, blicken die Forscher Untertage in die Zukunft: Im Felslabor Mont Terri, im Kanton Jura, führen die Wissenschaftler einen Testlauf für ein Tiefenlager durch. In einem Lagerstollen haben sie drei Versuchsbehälter im Massstab 1:1 eingebracht und mit einem quellenden Tongemisch verfüllt. Sie wollen herausfinden, wie sich die Wärme auf das Tongemisch und das umliegende Gestein auswirkt, denn hochaktive Abfälle geben auch nach Jahrzehnten noch Wärme ab. Hunderte Messinstrumente zeichnen kleinste Veränderungen im umgebenden Gestein über Jahrzehnte auf. Das Experiment ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem sicheren geologischen Tiefenlager.
Werfen Sie einen Blick zwischen Vergangenheit und Zukunft: Felslabor Mont Terri, St-Ursanne (Jura) und Felslabor Grimsel (Bern)
Sie erhalten Einblick in die grossen Experimente der Nagra und der internationalen Partner der Felslabors. Das Felslabor Mont Terri wird vom Bundesamt swisstopo und das Felslabor Grimsel von der Nagra betrieben.
Der Besuch ist kostenlos. Gruppen ab 10 Personen sind willkommen.
Anmeldung: Renate Spitznagel Telefon + 41 (0) 56 437 12 82
Mehr Information unter www.mont-terri.ch oder www.nagra.ch