Die Krise zeigt es vor, wir bekommen das, was wir verdienen. Doch das Framing liegt allein in einem selber und nicht in externen Umständen. Widrigkeiten leichter überwinden, Opportunitäten besser entdecken, Kreativität steigern und einen Puffer gegen Stress und Enttäuschung aufbauen. All dies ist möglich, sofort oder zumindest mit regelmässiger Übung.
Die Krise hat bei Ihnen zugeschlagen? Aufträge brechen weg? Projekte werden eingefroren, und wohin Sie blicken, ist gähnende Leere statt produktiver Betriebsamkeit? So geht es gerade vielen, willkommen im Club. Wie konnte es nur dazu kommen? Und vor allem, wie kommen wir da bloss wieder raus? Die Lage scheint aussichtslos. Tatsache ist, wir bekommen nun mal nicht das, was wir uns wünschen, sondern das, was wir verdienen. Wir sind auf dem staubtrockenen Boden der Tatsachen gelandet.
Klingt hart, wenn wir an Boutiquen denken, die nun schliessen müssen, und Restaurantbetreiber, deren einziger Ausweg die Auslieferung von Lunchpaketen zur Mittagszeit war und jetzt trotzdem noch Umsatzeinbussen hinnehmen müssen. Und es stimmt, viele der Situationen, in denen sich Kleinunternehmer befinden, sind wirklich nicht einfach. Ich könnte noch viele Zeilen über die Probleme schreiben, denen Manager und Unternehmensverantwortliche in Familienbetrieben sich derzeit gegenübersehen und die fast unlösbar sind. Ich könnte klagen, wie schrecklich Corona unserer Wirtschaft mitspielt und die Schuld der Politik geben, die den Lockdown verordnet hat und lange daran festhielt. Doch all das wäre falsch.
Denn wer bestimmt, was wir verdienen? Das sind wir selbst. Wir tun dies jeden Tag, durch unsere Taten und unsere Gedanken. Nicht die Situation, die Krise, bestimmt, wie unsere Zukunft aussieht und wie zufrieden wir mit der Gegenwart sind, sondern allein unsere Reaktion darauf.
In einem meiner letzten Beiträge «Wenn Dir das Schicksal Zitronen gibt, mach Limonade», habe ich bereits angedeutet, dass die Welt, in der wir uns wiederfinden auch so ist, wie sie ist, weil wir sie so sehen. Jede Krise bietet Chancen, aber nur für diejenigen, die sie auch erkennen und ergreifen wollen. Wer keine Chancen sieht, dies aber gerne würde, muss lernen die Welt anders wahrzunehmen und trotzdem realistisch zu bleiben.
Ja, dies ist ein Beitrag über positives Denken, im weiteren Sinne. Ich weiss, das klingt zunächst wie eine hohle Phrase. Ist das positive Denken nicht ein ausgelutschter Drops? Auch wenn Sie davon eigentlich wenig halten, lesen Sie diesmal weiter. Hoffen Sie auf neue Erkenntnisse, Impulse und Denkanstösse, anstatt zu befürchten, wiedergekautes Carpe-Diem- und Positiv-Gelaber vorgesetzt zu bekommen. Denn genau darum geht es hier, um Ihre Einstellung und Erwartungen. Diese sind es, die den Unterschied ausmachen. Zwischen überwiegend erfolgreichen, gesunden, gut bezahlten, glücklichen Menschen und solchen, die dies nicht sind, gibt es kleine Unterschiede mit grosser Wirkung. Der kleine Unterschied ist in erster Linie die innere Haltung.
Widrigkeit überwinden
Würden Sie nicht gerne Widrigkeiten leichter überwinden, Opportunitäten besser entdecken, Ihre Kreativität steigern und einen Puffer gegen Stress und Enttäuschung aufbauen können? All dies ist möglich, sofort, oder zumindest mit regelmässiger Übung. Die Übung besteht darin, anders zu denken, sich nicht auf das Negative zu konzentrieren. Ich selbst halte auch nichts von künstlichem, oberflächlichem, positiven Denken, in dem man sich Dinge schönredet und Ausreden findet, weshalb man Probleme nicht anpacken muss, da sich in der Zukunft ja schon alles zum Besseren richten wird. Es geht nicht darum, sich den ganzen Tag positive Glaubenssätze vorzusagen. Ich wiederhole, das Geheimnis ist nicht, lediglich stur und künstlich positiv zu denken, sondern nicht an Negatives zu denken. Wer sich in der negativen Filterblase gemütlich einrichtet, hat schon verloren.
Entscheidungen fällen
Der Unterschied ist beachtlich und nicht nur Phrasendrescherei. Wenn sich die Zukunft vernebelt und Entscheidungen schwerfallen, dann hilft es nicht, sich hauptsächlich mit den Problemen und ihren möglichen Konsequenzen auseinanderzusetzen. Wer zu sehr in die Welt der negativen Gedanken eintaucht, bekommt höchstens eine Depression. Intuitionen mit kreativen Wegen aus der Krise werden so aber nicht entstehen.
Neue Ideen aus der Krise bekommen Sie auch nicht, wenn Sie sich morgens vor dem Spiegel sagen, dass Ihr inneres Kind Sie liebhat und Sie ein toller Hecht sind. Bewiesen aber ist: Wer sich auf Hindernisse fokussiert, wird nicht in der Lage sein, Chancen wahrzunehmen, denn das lässt das Gehirn nicht zu. Kreativität und Weitsicht sind miteinander verbunden und werden unterdrückt, wenn wir problemorientiert, besorgt und ängstlich denken. Anders ausgedrückt: Nicht-negatives-Denken leitet Ihre Aufmerksamkeit weg von Energiefressern. Die so freiwerdenden Ressourcen können Sie für wertkreierende Gedanken nutzen.
Gedanken ändern
Von den siebzigtausend Gedanken, die wir am Tag haben, sind über 70 Prozent unsinnige und flüchtige Gedanken («ich habe Durst», «woher kenne ich den nochmal?», «wo war die E-Mail vom Müller abgelegt?»). 25 Prozent der Gedanken sind negativ, auf uns selbst, die aktuellen Umstände oder Vergangenes gerichtet. Nur rund drei Prozent der Gedanken sind aufbauend. Doch die gute Nachricht ist, wir können dies ändern. Nicht-negatives-Denken kann man trainieren. So wie sich auch die Ausdauer beim regelmässigen Joggen verbessert, wird, mit der Zeit, auch das Nicht-negativeDenken leichter fallen. Kritiker meinen an dieser Stelle sicherlich, dass man nicht aus sich herauskann. Dass man ist, wie man ist. Das angeborene Denken sich nun mal nicht ändern lässt. Der Homo sapiens ist ein Gewohnheitstier. Sie kennen solche Sätze. Einerseits ist da etwas dran, denn wir alle haben neben gewissen genetischen Dispositionen, mit denen wir leben müssen, auch noch anerzogene und sozialisierte Verhaltensweisen erlernt. All das ist richtig, doch andererseits haben jüngste neurowissenschaftliche Versuche eindeutig gezeigt, dass sich unser Gehirn, bis zu einem gewissen Grad, allein durch Gedanken neu programmieren lässt.
Neuronale Verbindungen
Die neuronalen Verbindungen formieren sich neu, wenn wir stetig und repetitiv Muster wiederholen. Beim Kampfsport zum Beispiel werden Bewegungen erst nach mehreren Tausend Wiederholungen zu Automatismen. Dass man sich Reflexe antrainieren kann, ist schon seit Jahrtausenden bekannt. Dass dies aber auch durch reines Denken möglich ist, war neu. Wir sind also nicht nur das Produkt unserer Vergangenheit, sondern bestimmen selbst, durch unsere antrainierten Gedanken und Verhaltensmuster, wie wir im Affekt agieren und reagieren.
Sie sind noch immer nicht überzeugt und fragen sich, wie das Ganze nun der Boutique-Besitzerin helfen soll, die ihren Laden nicht mehr betreiben kann? Die Skepsis kann ich gut nachvollziehen, denn wem haben Lebenshilfe-Bücher (oder Artikel) schon wirklich geholfen? Ich möchte nicht behaupten, dass die Boutique-Besitzerin oder der Friseur allein durch andere Denkweisen sofort alle Probleme beseitigen kann.
Kreativ üben
Es braucht, wie gesagt Übung, sich durch Nicht-negatives-Denken neu zu definieren und die Welt anders wahrzunehmen, um sich dann anders in ihr zu bewegen. Ein schönes Beispiel ist, wie ich finde, der Friseursalon von Frau Franciso in Bremen. Allein der Name «Helena Francisco & Haare und so» zeugt von Kreativität und damit verbunden von positiver Einstellung. Sie berät ihre Kunden in der Krise digital, wie man etwa Hochsteck- und Flechtfrisuren selber macht oder auch wie man sich den Pony selber stutzt. Alles zum Nachmachen in unterhaltsamen Erklärvideos, um Kundennähe zu erzeugen und den Servicegedanken aufrechtzuerhalten. Auch Frau Eichhorst vom Kindermode- und Spielwarenladen Minipünktchen aus Berlin Wannsee lässt sich nicht so schnell unterkriegen. Sie dekoriert ihr Schaufenster neuerdings mit Bildern ihrer Produkte samt Artikelnummer, die ihre Kunden telefonisch oder per Postkasteneinwurf bei ihr bestellen können. Ausgeliefert werden die Bestellungen dann persönlich, aber natürlich kontaktfrei.
Warum probieren Sie es nicht einfach selber aus? 14 Tage Nicht-negatives-Denken sollte auch Ihnen neue, positive Erfahrungen bescheren.
Fünf zentrale Schritte
Mit den folgenden fünf Schritten kann die psychologische Muskulatur auch in schwierigen Zeiten nach der Krise aufgebaut werden:
1. Kritisches Denken ist nicht falsch und kann Sie schützen. Bricht Unvorhergesehenes ein, analysieren Sie die Situation und ihre Konsequenzen. Hier dürfen Sie auch negativ sein, um eventuelle Schäden abzuwenden. Nur heben Sie sich selbst nach der Analyse zurück auf ein positives Niveau. Denken Sie daran: Sie sind der Chef Ihrer Einstellung.
2. Sie haben Massnahmen getroffen, um die Krise zu meistern? Gut, dann denken Sie nun bewusst darüber nach, welche zehn Chancen sich aus dieser Situation für Sie ergeben könnten. Hören Sie nicht auf, bis Sie zehn Punkte gefunden haben. Schauen Sie sich diese Punkte immer wieder an, wenn die Zweifel nagen oder sich die Bedenken zurückmelden. Fangen Sie sofort mit der Umsetzung der vielversprechendsten Ideen aus den zehn Chancen an.
3. Negative Gedanken haben wir den ganzen Tag. Jeden bewussten, negativen Gedanken, den Sie wahrnehmen, sollten Sie lediglich registrieren, ihn dann aber weiterziehen lassen. Konzentrieren Sie sich dann sogleich auf das, was in Ihrem (Geschäfts-)Leben gut läuft, oder auf Dinge, für die Sie dankbar sein können. Dadurch zwingen Sie sich, eine positive Sichtweise einzunehmen und anders zu denken. Mit Demut und Dankbarkeit schaffen Sie Raum für Optimismus. Denken Sie daran: Einstellung ist wichtiger als Fakten.
4. Fake it! Tun Sie so als ob – auch wenn Ihnen gar nicht nach positivem Denken und Handeln ist (weil mal wieder alles zu viel wird, sobald
Negatives und Unvorhergesehenes über Sie hereinbricht). Untersuchungen im Rahmen der positiven Psychologieforschung haben auch gezeigt, dass der Geist den Taten folgt. Wenn Sie sich so verhalten, wie ein Mensch mit positiver Einstellung, wenn Sie sich so bewegen, so sprechen, dann wird das auch Ihren Geist beeinflussen und Sie positiv stimmen. Alles nur Schauspielerei? Nein, das ist gekonntes Selbstmanagement! Mit ein wenig Übung wird es leichter und besser gelingen und sich nicht mehr so künstlich anfühlen.
5. Gute Ideen können Sie nicht erzwingen. Hatten Sie beim Duschen, beim Betrachten eines Bildes in der Galerie oder beim Spaziergang schon mal Geistesblitze? Wir grübeln bei diesen Gelegenheiten in der Regel nicht nach und sorgen uns nicht, sondern sind in diesen Situationen gelöst und öffnen unsere Wahrnehmung. Während Sie aktiv Ihre negativen Gedanken managen sollten, müssen Sie auf Ihre Ideen warten und diesen Zeit geben. Schaffen Sie sich Möglichkeiten, diffus denken zu können. In Ihrem Ohrensessel vor dem Kamin, beim Joggen allein durch den Wald. Haben Sie einen Notizblock oder das Handy dabei, um sofort das festzuhalten, was dann kommt. Sie könnten überrascht sein.
Wie Sie die Ereignisrahmen, neuerdings auch Framing genannt, wie Sie den Kontext interpretieren und darauf reagieren, liegt nur bei Ihnen, nicht bei externen Umständen. Ob wir fröhlich sind, uns auf unseren Erfolgen stützen oder uns und unser Umfeld sorgen, ängstigen, grollen oder Neid hegen, liegt allein an uns. Wir alle sind unseres Glückes Schmied.