Was im Jahr 2012 als ungewisses Abenteuer begann, hat sich innerhalb von nur fünf Jahren zu einem schweizweit anerkannten Gütezeichen entwickelt. In diesem Sinne war der fulminante Preisverleihungs-Event des Arc-Awards 2016 in der Zürcher Maag Halle auch ein grosses Dankeschön an alle Beteiligten – an die Schweizer Architektenszene mit ihrer beachtlichen Fülle und Vielfalt an Wettbewerbsbeiträgen; an die Juroren, die sich mit viel Elan und Motivation ihrer anspruchsvollen Aufgabe widmeten; an die Auslober und die Sponsoren, die diesen Anlass ermöglicht haben, und last but not least an das Publikum, das einen rundum gelungenen Anlass geniessen durfte.
«Öffentliche Bauten, Industrie und Gewerbe» ist ein sperriger Titel für eine Wettbewerbskategorie. Doch spiegelt sich in ihm die notwendige Vielfalt der eingereichten Projekte wider. Von Schwimmbädern, Museen, Sporthallen bis hin zu Produktionsstätten oder Bürogebäuden wurden insgesamt 84 Projekte eingereicht. Vier Projekte wurden nominiert, daraus wurden ein Gold- und ein Silbergewinner gekürt. Gold geht an das Projekt «Jazz Campus» von Buol & Zünd, Basel. Mit Silber wurde das «Magazzino und Atelier Miriam Cahn» von Ruinelli Associati Architetti, Soglio, ausgezeichnet.
Mit 129 eingereichten Beiträgen ist die Wettbewerbskategorie «Wohnbauten» wie bereits in den letzten Jahren die umfangreichste. Vom kleinen Einfamilienhaus über elegante Villen oder Wohntürme bis hin zu flächigen Wohnüberbauungen stellt sich stets aufs Neue die Frage nach der Qualität des Wohnens. In wenigen Bereichen offenbart sich das individuelle Selbstverständnis einer Gesellschaft so deutlich wie bei Wohnbauten. Die Arc-Award-Jury nominierte fünf beispielhafte Wettbewerbsbeiträge und kürte aus diesen einen Gold- sowie einen Silber-Preisträger. Mit Gold wurde die «Wohnüberbauung Brüggliäcker» der BS + EMI Architektenpartner AG, Zürich, ausgezeichnet. Silber ging ans Projekt «Neubau Wohnungen Sempacherstrasse» der Miller & Maranta AG, Basel.
Gold für die Kategorie «Der erste Bau», in welcher 14 Projekte eingereicht wurden, geht an das «Haus in Riehen» von Reuter Raeber Architekten, Basel. Mit dem Sonderpreis der Jury wurden die «Rekompositionen in Sceru und Giumello» von Martino Pedrozzi, Mendrisio, ausgezeichnet.
Erster BIM-Preis
Am diesjährigen Arc-Award wurde der erste BIM-Preis (Building Information Modeling) der Schweiz präsentiert, der in Zusammenarbeit mit «Bauen digital Schweiz» durchgeführt worden war. In der nächsten Ausgabe von bauRundschau präsentieren wir dazu einen Schwerpunkt. Für die Beteiligten stellte dieses Novum ein Abenteuer und Experiment dar. Mit elf eingereichten BIM-Projekten wurden die Erwartungen übertroffen. Insgesamt drei Gold-Preise mit den Schwerpunkten «Kollaboration / Mensch» und «Innovation / Performance» konnten vergeben werden. In der Kategorie «Kollaboration / Mensch» erhielten «Durch die BIM-Brille» der 3-Plan Haustechnik AG, Winterthur, sowie «Vom lonely little BIM zum social big BIM» von Philipp Wieting, Werknetz Architektur. Der Goldpreis für «Innovation/Performance» ging an «SwissFEL» der Itten+Brechbühl AG, Basel.
Die nächste Generation von Architektinnen und Architekten reichte 69 Projekte in der Kategorie «Next-Generation» ein. Gold gab es für das «Sportzentrum» von Giancarlo Ceriani. Eine Anerkennung erhielt das Team von Muriz Djurdjevic und Thomas Paturet für ihr Projekt «Voyage au centre de la mer – vers un archipel industriel». Ebenfalls mit einer Anerkennung ausgezeichnet wurde der «Sportclub Josef» von Lucas Bucher.
Die Projekte der Jungen Wilden
Die Zukunft der Architektur hat viele Aufgaben zu meistern. Die Jury würdigte einen komplexen Sportumbau, ein Projekt mit Verweisen auf die alten euphorischen Zeichen der Moderne und auf eine Arbeit, bei der die ökologischen Herausforderungen durchschimmern.
Das Sportzentrum
Bei dem Sieger würdigte die Jury eine komplexe Aufgabe. Die Semesteraufgabe bestand darin, das Bührle-Areal in Oerlikon, ein Industriequartier, umzunutzen und mit Neu- und Umbauten zu beleben. Die Parzellen wurden durch einen vorgängig erarbeiteten Masterplan verteilt.
Die verschiedenen Sporträume, welche fixe Masse verlangen, sind nicht nur aneinander gereiht oder übereinander gestapelt, sondern so angeordnet, dass sie ineinander greifen und spannende Sichtbezüge entstehen lassen. Alle Räume sind miteinander verbunden. Dies gelingt über Tribünen, wo man vom einen Sportplatz zum anderen gelangt.
Der Preisträger fasst dies wie folgt zusammen: «Ich habe versucht, eine ehrliche Architektur zu machen, wo die Konstruktion, sprich die Tektonik, gut ablesbar und nachzuvollziehen ist. Sämtliche Installationen werden offen geführt und überall gezeigt. Dadurch entsteht ein, dem Quartier angemessener, industrieller Ausdruck und gibt dem Sportzentrum einen unverwechselbaren Charakter.»
Sportclub Josef
Der Sportclub Josef wurde 2015 vom Bauamt der Stadt Zürich in Auftrag gegeben. Der auf öffentlichem Grund befindliche Komplex entstand aus einer Initiative verschiedener Stadtzürcher Sportvereine, welche sich mit der Nachfolgenutzung der ausrangierten Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) Josefstrasse auseinandersetzten und in Kollaboration einen kollektiven, öffentlichen Sportclub visionierten. Soweit sich seine Entwurfsgeschichte rekonstruieren lässt, wurde ein Architekturwettbewerb innerhalb der Sportclubs durchgeführt und der Entwurf eines einheimischen Architekten ausgewählt, der seitdem als sein Urheber gilt.
Die Jury zeichnete einen Entwurf aus, der einen Gegentrend setzt, den Trend, hemmungslos die Väter und Mütter der Moderne zu würdigen.
Voyage au centre de la mer – Vers un archipel industriel
Das Projekt der Studenten Thomas Paturet und Muriz Djurdjevic bietet Verweise auf einen Leuchtturm oder eine Arche. Alte industrielle Strukturen sind in das Meer gepflanzt. Oben gibt es Überlebensräume. Das Objekt kann als architektonischen Verweis auf den Klimawandel gelesen werden. Der Meeresspiegel steigt.
Öffentliche Bauten Industrie und Gewerbe
Bei dem Thema öffentlicher Bauten gehen die Herausforderungen weit über die Aufgabenstellungen bei Einzelgebäuden hinaus.
Der Sieger – Jazz Campus in Basel
Wie sieht ein Gebäude für Jazzmusik aus? Wie fügt man zwei so unterschiedliche Disziplinen wie Jazzmusik, die mit Zufall und Improvisation arbeitet, und Architektur, welche danach strebt, Dinge zu planen und festzulegen, zu einem harmonischen Ganzen? Zudem stellte sich beim Entwurf des Jazz Campus die Frage der Integration des Neubaus in die gewachsene Struktur der Kleinbasler Altstadt. Und man wollte natürlich die Fehler bei der Planung und dem Bau des Hamburger Musiktempels, der Elbphilharmonie vermeiden.
Wohnbauten
Heutige Wohnformen sind sehr vielfältig. Patchworkfamilien haben mit der klassischen Kleinfamilie oft wenig zu tun. Darauf hat sich die Architektur einzustellen.
Der Sieger – Wohnüberbauung Brüggliäcker in Zürich
Die Wohnsiedlung Brüggliäcker befindet sich am Übergang von Oerlikon zu Schwamendingen, an der Nahtstelle von kleinteiligem Einfamilienhausquartier und den Zeilenbauten der Steinerschen Gartenstadt. Die dreigeschossigen Baukörper übernehmen die Höhe der umliegenden Häuser und verweben sich durch in die Tiefe gestaffelte Aussenräume mit dem Grünraum der Umgebung. Die Figur der Baukörper lässt sich in ihren tatsächlichen Dimensionen von keinem Standpunkt aus erfassen, und es entsteht eine dem Quartier entsprechende Massstäblichkeit und Intimität.
Die Wohnungsgrundrisse entwickeln sich aus wechselseitigen Aussenraumbezügen. Die langen Wohnungen spannen sich mit den offen gegliederten Wohn- und Essräumen zwischen den beiden Gartenräumen auf und sind zweiseitig, die Kopfwohnungen dreiseitig orientiert. Mit den beidseitig vorgelagerten Laubenräumen besteht eine hohe Porosität zwischen Innen- und Aussenraum. Die Wohnungen verfügen über flach determinierte Nutzflächen und ermöglichen dadurch vielfältige Wohnformen.
Der erste Bau
Neubauten haben heute mit dem Vorurteil zu kämpfen, den ausufernden Siedlungsbrei in der Peripherie der urbanen Zonen zu unterstützen. Es gibt aber auch Beispiele mit überzeugendem Raumkonzept.
Haus in Riehen
Ein Haus aus Glas, Beton, Holz und Metall. Ein beziehungsreicher Umgang mit Raum, Struktur, Material und Ort bildet die Grundlage für die gewählte Architektur. Gegensatzpaare wie Leicht und Schwer, oder Stützen und Lasten, bezeichnen die wesenseigenen Merkmale des entstandenen Entwurfs und stehen im Wechselspiel zueinander.
Der horizontale Baukörper ist sorgsam in die Hanglage eingebettet. Die Übergänge von Innen und Aussen sind nahtlos und fliessend. Umliegende feine Stützmauern spannen den Raum für das Wohnhaus auf, gleichzeitig wird der Garten bis ans Haus geführt, Hofsituationen entstehen und das abfallende Terrain bleibt spürbar. Im Innenraum wird das Thema der Hangneigung aufgenommen.
Das Erdgeschoss und Obergeschoss, also der Massiv- und der Holzbau, greifen zudem in zwei wesentlichen Situationen ineinander. So liegt eine Querwand aus Beton im Gleichgewicht über der Feuerstelle und bildet die Rückwand des Elternschlafzimmers im Obergeschoss. Auf der gegenüberliegenden Seite beim Treppenaufgang ist es der Holzbau, der bis ins Erdgeschoss führt. Es vereinen sich zwei verschiedene Bauweisen, die sich als Resultat gegenseitig bedingen.
So entsteht ein statischer Balanceakt, der ein kräftiges und ausgedehntes Raumgefühl entfacht und eine beziehungsreiche Architektur zum Vorschein bringt.
Weitere Informationen:
www.arc-award.ch