Die Fondation Beyeler hat sich als meistbesuchtes Kunstmuseum der Schweiz etabliert. Sechs Millionen Menschen aus allen Kontinenten haben bisher den weltweit als einer der schönsten Kunsträume geltende Bau im Berowergut besucht. 1982 wurde die von Hildy und Ernst Beyeler zusammengetragene Sammlung mit einzigartigen Werken vornehmlich aus dem Bereich der klassischen Moderne und der Gegenwartskunst in die Fondation Beyeler überführt und 1989 erstmals im Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía in Madrid gezeigt. Seit 1997 ist die Fondation Beyeler im von Renzo Piano entworfenen Museumsgebäude in Riehen beheimatet. Mit den soeben abgeschlossenen «Metamorphosen der Landschaft» mit Werken von Jean Dubuffet und den nun folgenden Ausstellungen «Alexander Calder & Fischli / Weiss», «Kandinsky, Marc & Der Blaue Reiter» und «Roni Horn» sowie mit der Eröffnung von «24 Stops», dem Projekt von Tobias Rehberger in Zusammenarbeit mit Vitra, der Gemeinde Riehen, der Stadt Weil am Rhein und dem Presenting Partner Swatch, bietet die Fondation Beyeler auch 2016 ein international geprägtes Programm auf höchstem Niveau. Im Gespräch mit dem «Geschäftsführer» gibt Ulrike Erbslöh, kaufmännische Direktorin der Fondation Beyeler, Einblicke in die Programm-Philosophie des Museums, spricht über die Bedeutung von digitalen und Social Media oder den geplanten Erweiterungsbau.
«Geschäftsführer»: Sind Publikumserfolge – wie bei der Gauguin-Ausstellung – planbar, und was bedeuten sie für die Fondation Beyeler?
Ulrike Erbslöh: Bis zu einem gewissen Grad muss der Erfolg planbar sein, sonst dürfte man das Risiko nicht eingehen. Hinter einer grossen Ausstellung liegen vier bis fünf Jahre intensivster Vorbereitungszeit, in der man enorm viele Faktoren mitberücksichtigen muss. Vor allem muss es aber unsere Motivation sein, nicht einfach eine simple Werkschau zu organisieren, sondern eine ganz spezielle Ausstellung zu machen, welche die einmalige Chance bietet, die wichtigsten Werke eines Künstlers an einem Ort zusammenzubringen und sie in Verbindung mit einem inhaltlichen Gesamt- und Erlebnispaket den Menschen zu zeigen. Dementsprechend muss man auch in Öffentlichkeitsarbeit und Marketing investieren, denn selbstverständlich sind wir auf den Publikumserfolg und die entsprechenden Einnahmen angewiesen. Man sollte Erfolg aber nicht nur an der Zahl der verkauften Eintrittstickets bemessen, …
… sondern?
… ob und wie es uns gelingt, unseren Stiftungsauftrag der Vermittlung von Kunst und deren Kontext für die Besucher– einschliesslich Kinder und Jugendliche – zu erfüllen, wie es dies bereits Ernst und Hildy Beyeler ausdrücklich gewünscht hattenDafür stellen wir neben den Ausstellungen ein hochkarätiges Veranstaltungs- und Vermittlungsprogramm zusammen. So haben wir letztes Jahr die Anzahl der Führungen, die wir in mehreren Sprachen sowie für Seh- und Hörbehinderte anbieten, auf knapp 2 000 erhöht. Dazu besuchten 670 Schulklassen das Museum, womit wir insgesamt 33’000 Personen eine vertiefte Kunstvermittlung anbieten konnten. Zum ersten Mal wurden übrigens im Rahmen der Gauguin-Ausstellung eigens konzipierte, kostenfreie Audioguides für Kinder zur Verfügung gestellt. Für jeweils zwei Monate, im August und zur vorweihnachtlichen Zeit, bot die Fondation Beyeler zusätzlich allen Personen unter 25 Jahren einen kostenlosen Eintritt. Zu jeder Ausstellung gab es Familientage mit Workshops für Kinder und Eltern mit einer Gesamtbesucherzahl von knapp 8 000 Personen. Daneben präsentierten wir prominent besetzte Rahmenprogramme mit Kulturveranstaltungen zu den Ausstellungen und Special Guests aus unterschiedlichen Disziplinen.
Welche Bedeutung hat das Internet und die sozialen Medien für die Fondation Beyeler?
Eine immer wichtiger werdende, und wir investieren viel darin, um unsere führende Rolle im internationalen Vergleich nicht nur zu behaupten, sondern auch auszubauen. Im letzten Jahr registrierten wir über ein Million Besucher auf unserer Homepage und über 50’000 Facebook-Fans. Für 2017, zum 20. Geburtstag des Museums hier in Riehen wird übrigens eine komplett neu gestaltete Website, welche sich von der heutigen wesentlich unterscheiden wird, vorbereitet. Das Museum ist weiterhin führend im Social-Media-Ranking der Schweizer Museen und besetzt im deutschsprachigen Raum Platz 9 im Ranking. Der erste Instagram-Event in einem deutschsprachigen Museum fand in der Fondation Beyeler im Sommer 2015 statt. Insgesamt wurden auf der Webseite über 1.7 Mio Multimedia-Views gezählt, der YouTube-Kanal verzeichnete eine Steigerung der Views von 164 Prozent für die insgesamt publizierten 115 Videos. Eigens konzipierte Aktionen wie #GauguinSounds und der Anti-Selfie-Club erweiterten die Ausstellungsrezeption auf den virtuellen Raum.
Anfang Jahr wurde bekannt, dass die Fondation Beyeler das Kaufrecht für den angrenzenden Iselin-Weber-Park in Riehen erwirbt und dort eine weitere Verbindung von Natur und Kultur plant. Dort soll ein ergänzender Museumsbau entstehen – wie weit ist man mit den Planungen und können Sie schon etwas über das Projekt sagen?
Es soll ein architektonisch hochwertiges Gebäude entstehen, das Platz für Kunst und einen multifunktionalen Raum bietet. Dieser Erweiterungsbau wird kleiner als der bestehende Museumsbau sein und sich ebenso harmonisch in die umgebende Landschaft einfügen. Wir führen nun zur Auswahl eines Architekturbüros einen Studienauftrag durch und haben elf führende nationale und internationale Architekten dazu eingeladen. Erste Resultate und die nächsten Schritte werden in der zweiten Jahreshälfte bekanntgegeben.