Jedes erfolgreiche Unternehmen, jeder Konzern und auch jedes KMU vermittelt ein Qualitätsversprechen. Dies ist die Basis für weitere innovative und progressiv-agile Businessmodelle. Und hier werden dann die alleinstellungsmerkmale im konkurrenzvergleich und ein Paradigmenwechsel in der Bedürfnispyramide noch sichtbarer. Auch, und besonders in der Industrie. Viele Unternehmen unterschiedlicher Grössen befinden sich jetzt oder sehr bald in einem einschneidenden Transformationsprozess. Jetzt gilt es, sie dort abzuholen und zu begleiten. Jochen Diehm, CEO der SKF (Schweiz) AG, hat sich in diesem Bereich einen exzellenten Ruf erarbeitet.
Kompromiss – dieses Wort ist für jede / n Ingenieur / in gleichbedeutend mit einer Beleidigung. Und dennoch sollen Kompromisse in der Industrie der Zukunft – aber auch schon jetzt in der Zeit der Transformation der Arbeitswelten – möglich sein, wenn diese die individuellen Bedürfnisse der Kundschaft nutzen und die Customer Journey der anvisierten Kundschaft bedient. In der Industrie ist es üblich, dass Produkte und Dienstleistungen in ihrer Funktionalität und (technischer) Qualität optimal für den Einsatz entwickelt werden und diese jenen angeboten werden, die dafür Verwendung finden könnten. Die mittlerweile schon seit einem Jahrhundert in der Schweiz erfolgreiche SKF (Schweiz) AG ist mit ihren hochwertigen Angeboten jahrzehntelang auch so verfahren. Bis jetzt.
Im Zuge der Transformation der Arbeitswelten und der Bedürfnisentwicklungen in der Industrie 4.0 beziehungsweise 5.0 zeigt sich, dass ein anderer Approach im Tagesgeschäft wie auch auf der strategischen Ebene (noch) mehr Erfolg verspricht: Statt Bedürfnisse zu kreieren, werden diese bei der potenziellen Kundschaft abgeholt und das passende Gesamtpaket an Dienstleistungen und Produkten geschnürt. Auf der Website der SKF (Schweiz) AG steht: «Wir halten viele Dinge für selbstverständlich. In einer Welt, die von Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, Digitalisierung und Umweltbelangen geprägt ist, ist die industrielle Realität die eigentliche Herausforderung. Und genau dort wollen wir unseren
Beitrag leisten. Direkt im Zentrum des Geschehens – mit zuverlässigen, praxistauglichen Lösungen.»
Und genau hier setzt die Strategie der Schweizer Dependance der SKF an: Das Know-how in der Entwicklung und Fertigung von Lagern, Dichtungen und Schmiersystemen ist weltweit bekannt. Die Kompetenzen in den Bereichen Maschinenzustandsbewertung, Zuverlässigkeitsdiagnostik und Rekonditionierung ebenfalls. Aber das eigentliche Angebot für unsere Kunden versteht CEO Jochen Diehm als «offener Raum für Innovationen», in welchem Kunden die Instrumente nutzen, um das Verhalten ihrer rotierenden Maschinenelemente und Anlagen zu untersuchen, zu verbessern oder gar zu überdenken. In diesem Raum sollen selbst kleinste Verbesserungen nachhaltige Folgen für die industrielle Realität haben können und Synergien erzeugen. Wir haben uns mit Jochen Diehm über Industrie 5.0, Innovationen und Visionen wie neue Möglichkeiten in der Predictive Maintenance und Circular Economy unterhalten.
«Geschäftsführer»: Jochen Diehm, die SKF (Schweiz) AG greift auf 100 Jahre Erfahrung zurück. Diese ermöglicht nicht nur eine genaue Kenntnis der Bedürfnisse der Zielgruppen beziehungsweise das Erfassen von veränderten Bedürfnissen. Man kann die Erfahrungen auch für neue Approaches an die Kundschaft und an die Zielgruppen nutzen. Wie nutzen Sie Ihre grosse Kenntnis des Marktes und der Kunden für neue Customer Journeys und Bedürfnisbefriedigung?
Jochen Diehm: Wir haben in den 100 Jahren gelernt, ein perfektes Produkt zu entwickeln und auf höchstem Niveau zu fertigen. Das Vertrauen unserer Kunden basiert exakt auf diesem SKF-Qualitätsversprechen. Dies ist die ideale Basis, unsere Kunden heute mit neuen innovativen Businessmodellen da abzuholen und zu unterstützen, wo sie sich selbst gerade in ihrem eigenen Transformationsprozess befinden. Ob durch die einfache Belieferung mit unseren Produkten, gegebenenfalls bereits mit Condition Monitoring oder im «Sales as a Service»-Ansatz, mit Performance-basierten Abrechnungsmodellen, die Investitionen durch den Wandel von CAPEX in OPEX überflüssig machen.
Was wollen Ihre Kundinnen und Kunden heute und welche Erwartungen haben sie in Zukunft von einem Zulieferer und Produzenten wie die SKF? Sie betonen ja, dass sich besonders in der Kundenbetreuung und -bindung ein Paradigmenwechsel anbahnt beziehungsweise schon im Gang ist.
Unsere Kunden wollen einen Hersteller, der versteht, dass es heute kein allgemeingültiges Patentrezept mehr gibt. Jeder Kunde hat sich selbst seinen ganz spezifischen Herausforderungen zu stellen, aus denen sich individuelle und ständig wechselnde Anforderungen an den Zulieferer ergeben. Mal ist es eine kurze Lieferzeit, dann ist es maximale Produktqualität, mal ist eine kundenindividuelle Sonderanfertigung und manchmal geht es auch einfach nur um den Preis. Es kommt auch vor, dass ein Kunde selbst nicht genau weiss, was seine aktuelle Priorität ist. Hier profitieren unsere Kunden von unseren langjährigen Segment Insights – also der genauen Kenntnis über die Entwicklungen, Trends und Umsetzungsmöglichkeiten im jeweiligen Marktsegment. Zusammen mit dem Applikations-Know-how unserer Ingenieure ergeben sich dann die Zielstellungen im gemeinsamen Dialog.
Wir erleben in der Geschäftswelt einen klaren Trend zu New-Work-Strategien und Organisationsformen. Sie sprechen hierbei vom «New Way of Working» bezugnehmend auf die Art des Approaches an die Kundschaft …
Ja, wir müssen uns diesem Paradigmenwechsel in allen Formen stellen. Es ist eindeutig, dass die Zusammenarbeit nicht mehr nur auf dem Prinzip «Ich habe ein Top-Produkt – wer braucht es» basiert. Das haben wir frühzeitig erkannt und passen somit auch unsere Kundenbeziehungen dementsprechend an.
Industrie 4.0 beziehungsweise 5.0 ist in aller Munde. Was bedeutet das konkret für Ihr Business? Sie sind ein Zulieferer der Industrie, wie merken Sie den aktuellen Wandel?
Die digitale Vernetzung ist matchentscheidend. Wir stellen gerade weltweit um auf SAP S4 / HANA, was uns erlaubt, nahezu alle Kundenwünsche in Bezug auf digitale Vernetzung zu erfüllen. Auch intern arbeiten wir längst mit Künstlicher Intelligenz und digitalen Zwillingen und überwachen weltweit unzählige Assets unserer Kunden, um sie mit konkreten Cloud-basierten Vorhersagen im Bereich der Predictive Maintenance zu versorgen. Wir haben sogar Unternehmen in den Konzern eingegliedert, welche uns in diesen Bereich mit KI/AI unterstützen und weiterbringen. Diese Anforderungen waren vor wenigen Jahren noch die Ausnahme, heute gehören sie zu unserem Tagesgeschäft und zudem sparen unsere Kunden somit viel Geld und Ressourcen.
Welche Visionen wollen Sie in Ihrem Business beziehungsweise in Ihrem Arbeitsumfeld in den nächsten Jahren verwirklichen? Sie befassen sich intensiv mit den Themen der Circular Ecomony, sprich, auch mit Nachhaltigkeit und Umweltschutz.
Die SKF befindet sich auf dem Weg von der linearen in die Circular Economy – Reduce, Reuse und Recycle lauten unsere Überschriften zu einer Vielzahl von Aktivitäten wie die professionelle Wiederaufbereitung von Wälzlagern, die vollständige Aufarbeitung von gebrauchten Ölen durch unser patentiertes RecondOil-Verfahren oder die CO2 freie Fertigung energieeffizienter Produkte. Dies spart unseren Kunden nicht nur bares Geld, es
leistet auch einen unschätzbaren Beitrag zur Schonung von Natur und Umwelt und senkt den CO2-Ausstoss. Wussten Sie, dass nur die Aufbereitung von zuvor gebrauchten Lagern die CO2-Emissionen in der Produktion bereits um bis zu 90 Prozent senkt? Ich finde, dafür lohnt es sich einzustehen!
Eine letzte Frage: Sie kennen die Branche sehr gut und waren in vielen Ländern an wichtigen Positionen aktiv. Wie sind Sie zur CEO-Position bei der SKF gekommen und warum haben Sie sich für die Schweiz entschieden?
Bevor ich zur SKF kam, war ich bereits 18 Jahre im Umfeld der SKF tätig. Die letzten acht Jahre war ich Geschäftsführer D / A / CH bei einem der grössten Handelskunden der SKF in Deutschland. Ich kenne daher die SKF nicht nur von innen, sondern auch sehr gut in ihrer Wirkung auf Kunden. Als ich das Angebot bekam, zur SKF und in die Schweiz zu wechseln, musste ich nicht lange überlegen. Wenn ich eine bisherige Bilanz ziehe, so war dies vermutlich meine beste Entscheidung, sowohl was die SKF angeht, aber auch was die Schweiz und Region Zürich betrifft.