von Dr. Franz Wenzel
Das Ergebnis der US-Wahlen wird lange nachhallen. Sowohl die Binnenwirtschaft als auch die internationale politische Ausrichtung werden neu aufgestellt. Auch in Europa bestimmen die anstehenden Wahlen die Tagesordnung. Ein solches Umfeld ist in der Regel ein guter Nährboden für einen stärkeren Franken. Die Schweizerische Notenbank ist nicht zu beneiden.
Noch ist ziemlich unklar, welche wirtschaftspolitische Marschrichtung die neue US-Regierung unter Donald Trump einschlagen wird. Die Kapitalmärkte haben bereits klare Positionen bezogen. Gemäss dem Motto «Es wird schon nicht so schlimm kommen» haben sich die Aktienmärkte vom ersten Schrecken erholt. Allerdings sind die Preise festverzinslicher Wertpapiere nach dem deutlichen Renditeanstieg gefallen. So ist die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen seit den Wahlen von 1.8 Prozent um beachtliche 40 Basispunkte gestiegen, während der Renditeanstieg für Schweizer Wertschriften mit etwa 20 Basispunkten weniger deutlich ausfiel.
Schenkt man den Äusserungen von Donald Trump Glauben, wird man von einem klassischen «Boom and Bust»-Zyklus ausgehen können. Nachfragesteigerungen mithilfe von Steuerkürzungen und Infrastrukturausgaben sowie die Bereitschaft zu einer erleichterten Kreditvergabe sind eindeutige Indizien, die bereits in der zweiten Jahreshälfte 2017 wirksam werden. Damit wäre zumindest das Ende der Diskussion um die «secular stagnation» eingeläutet.
Diese Weichenstellung hat aber auch ihre Schattenseiten. Die stärkere Nachfrage und der damit verbundene Anstieg der Inflation erzwingen sehr wahrscheinlich eine straffere Notenbankpolitik. Ein stärkerer US-Dollar und höhere Zinsen von zehnjährigen Obligationen wären die Folgen – eine zusätzliche Belastung für US-Unternehmen angesichts des mageren Gewinnwachstums der zurückliegenden Jahre. Eine Deregulierung des Finanzsektors, um die Kreditvergabe zu beschleunigen, könnte leicht die Dämonen der vergangenen Finanzkrise in Erinnerung rufen.
Die grössere Unsicherheit liegt aber darin begründet, dass sich die politische Grosswetterlage verändert hat. Völlig unklar ist, wie sich Präsident Trump gegenüber den wichtigsten Handelspartnern gerieren wird. Politische Spannungen mit China und den direkten Nachbarn, Mexiko und Kanada, scheinen vorprogrammiert. Von protektionistischen Massnahmen könnten die USA wohl kurzfristig profitieren; langfristig bleiben Handels-restriktionen aber kontraproduktiv. Trump hätte damit nur etwas Zeit gewonnen.
Auch hier in Europa wirft die politische Unsicherheit lange Schatten und belastet die konjunkturellen Perspektiven. Für das Schweizer Wachstum bleibt die private Nachfrage die primäre Kraft. Schützenhilfe mittels eines schwächeren Frankens ist unwahrscheinlich, denn der «sichere Hafen» impliziert eher Aufwertungsdruck. Mithilfe massiver Ankäufe ausländischer Ver-mögenswerte hat es die Notenbank zwar temporär geschafft, den Aufwertungsdruck des Frankens gegenüber dem Euro abzufedern. Aber wie lange kann sie das durchhalten? De facto wird die Schweizerische Notenbank abwägen müssen: (I) weitere Zinssenkungen mit entsprechenden Auswirkungen auf das Bankensystem vornehmen oder (II) die geldpolitischen Zügel weiter an die EZB delegieren oder (III) soll sie einfach dem Aufwertungsdruck des Frankens stattgeben? Einen Königsweg gibt es nicht. Vielmehr muss die primäre Zielsetzung der Notenbank eine Schadensbegrenzung sein – keine beneidenswerte Aufgabe.
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