Die inzwischen weltweite Verbreitung des Coronavirus (Covid-19) und die Massnahmen der Behörden zur Eindämmung der Epidemie haben auch in der Schweiz Auswirkungen auf Unternehmen und Privatpersonen. Was müssen Arbeitgeber in Bezug auf das Coronavirus beachten, welches sind ihre Pflichten und Rechte?
Als Erstes hat der Arbeitgeber grundsätzlich eine Fürsorgepflicht gegenüber den Arbeitnehmenden zu erfüllen. Er muss alles unternehmen, damit die Möglichkeit einer Ansteckung möglichst gering ist und entsprechende Massnahmen ergreifen, Weisungen erteilen und auf die Gesundheit der Mitarbeitenden Rücksicht nehmen. Dazu gehören Hygienemassnahmen wie Handdesinfektion und Schutzmasken am Arbeitsplatz, Homeoffice, keine Auslandeinsätze, und weiteres. Die Massnahmen müssen verhältnismässig sein und dürfen nicht in Persönlichkeitsrechte eingreifen. Der Arbeitgeber kann die Mitarbeitenden, die aus einer von Corona-Fällen betroffenen Region kommen, zwei Wochen von zuhause aus arbeiten lassen, um allfällige Krankheitssymptome zu beobachten.
Haftet der Arbeitgeber, wenn sich ein Mitarbeitender am Arbeitsplatz ansteckt? Das ist eine heikle Frage. Die Fürsorgepflicht verpflichtet den Arbeitgeber, den Arbeitnehmenden Schutz und Fürsorge zu verschaffen und alles zu unterlassen, was ihren Interessen entgegenstehen könnte. Er muss alle Massnahmen treffen, die erfahrungsgemäss notwendig, technisch möglich und den Verhältnissen des Unternehmens angemessen sind, um eine Ansteckung am Arbeitsplatz zu verhindern. Ob der Arbeitgeber im Falle einer Ansteckung am Arbeitsplatz dieser Sorgfalts- und Fürsorgepflicht nachgekommen ist oder nicht, muss im Einzelfall geprüft werden und kann haftungsbegründend wirken.
Dürfen Arbeitnehmende zuhause bleiben, weil sie Angst haben, sich anzustecken?
Haben die Behörden keine entsprechende Anordnung erlassen, können Mitarbeitende aus Angst vor einer Ansteckung nicht einfach der Arbeit fernbleiben. Sie können sich beim Arbeitgeber jedoch erkundigen, ob sie von zuhause aus arbeiten können. Eventuell können sie auch Ferien beziehen. Haben Arbeitnehmende den Verdacht, selber ansteckend zu sein, können sie wie in jedem anderen Krankheitsfall unter Einreichung des entsprechenden Arztzeugnisses zuhause bleiben. Auch wenn Mitarbeitende vom Arbeitgeber als Vorsichtsmassnahme nach Hause geschickt werden, ist der ganze Lohn geschuldet.
Und wer kommt für Abwesenheiten und Umsatzeinbussen auf?
Die Gesetzeslage dazu ist komplex. Arbeitnehmende, bei denen das Coronavirus nachgewiesen wird und die krankheitsbedingt ausfallen, haben weiterhin Anspruch auf ihren Lohn. Der Grund für ihre Arbeitsunfähigkeit liegt in den persönlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers, und es besteht weiterhin eine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers.
Bei Arbeitnehmenden, bei denen Covid-19 noch nicht nachgewiesen wurde, die aber von den Behörden in Quarantäne genommen werden, liegt der Grund für die Arbeitsunfähigkeit ebenfalls in ihren persönlichen Verhältnissen. Die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers kommt zum Zug. Werden hingegen ganze Gebiete von den Behörden unter Quarantäne gestellt, so ist die Arbeitsverhinderung nicht persönlich begründet und es besteht keine Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Die anordnende Behörde kann betroffene Personen nach dem Epidemie-Gesetz Art. 63 jedoch entschädigen, da sie nicht krankheitsbedingt ausfallen, sondern wegen den Massnahmen der Behörden. Eine finanzielle Entschädigung ist möglich, wenn sie durch die Quarantäne finanzielle Einbussen erleiden, die nicht anderswertig gedeckt werden.
Umsatzeinbussen können in der Regel nicht über eine Betriebsunterbrechungsversicherung abgeschlossen werden, da der Sachschaden fehlt. Eine Epidemieversicherung kommt dann zum Tragen, wenn Schweizer Behörden zur Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus Massnahmen erlassen, die zu finanziellen Einbussen bei Unternehmen führen. Von der Versicherung ausgeschlossen sind in der Regel die Erlasse von ausländischen Behörden. Auch ab der Erklärung einer «gesundheitlichen Notlage von internationaler Reichweite» durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) entfällt die Versicherung. Diese höchste Alarmstufe hat die WHO im Fall des Covid-19 bereits ausgerufen – die Schweizer Behörden haben Unternehmen jedoch bestimme Hilfeleistungen in Aussicht gestellt.
Zu guter Letzt wirft auch das Thema Ferien und Auslandreisen im Zusammenhang mit dem Coronavirus einige Fragen auf. Können Arbeitnehmende wegen der Verbreitung des Covid-19 nicht aus den Ferien zurückreisen, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Lohn für die zusätzliche Abwesenheit zu entrichten. Muss ein Kind auf behördliche Anweisung zuhause bleiben, müssen die Eltern zur Betreuung keine Ferien beziehen; für einen beschränkten Zeitraum handelt es sich in diesem Fall um eine vom Arbeitgeber bezahlte Absenz. Ob sich Arbeitnehmer aus Angst vor einer Ansteckung weigern dürfen, eine Geschäftsreise ins Ausland anzutreten, ist nicht ganz klar. Der Kaufmännische Verband zum Beispiel bejaht dies. Zudem haben Arbeitgeber selber ein Interesse daran, dass sich die Belegschaft nicht ansteckt. Die Reiseempfehlungen des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bieten bei der Entscheidungsfindung Hilfe, sie werden laufend aktualisiert. Arbeitgeber ihrerseits dürfen den Angestellten Privatreisen in betroffene Gebiete nicht verbieten.