Container sind ein brennendes Thema, wenn es um die Architektur von Anwendungen geht. Seit einigen Jahren gewinnen Container-Anwendungen auch bei KMU an Bedeutung, was aber nicht heisst, dass sich diese im KMU-Umfeld durchgesetzt hätten. Sie werden von KMU oft als eine Option für Grossunternehmen angesehen, was aus heutiger Sicht aber überholt ist.
Container basieren auf Open-Source-Technologie und bieten die Möglichkeit, Anwendungen zu entwerfen, die nicht in die Umgebung eingebunden sind, in der sie ausgeführt werden. Dies hat bei der Bereitstellung von Software den Vorteil, dass sie beliebig auf einer privaten Cloud-Plattform, bei einem öffentlichen Cloud-Anbieter oder als dedizierte Lösung implementiert werden können. Container-Technologie hilft KMU, schneller effizient zu werden und mit ihnen zu wachsen. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Anwendung nur einmal erstellt werden muss und mehrfach verwendet werden kann. Dennoch gibt es bei KMU auch berechtigte Zweifel an der Container-Technologie, wie etwa die Sicherheit und den Datenschutz. Ebenso häufig wird erwähnt, dass Container nur durch die Rekrutierung von zusätzlichen Fachkräften bewirtschaftet werden könnten – kein Wunder also, dass solche Argumente viele KMU abschrecken.
Offene Fragen für KMU
Als weitere Hindernisse beim Einsatz von Open-Source-Technologie werden in der diesjährigen, von der Universität Bern publizierten «Open Source Studie Schweiz» etwa «Integrationsschwierigkeiten», «Mangel an Know-how» und der Aufwand für die Migration auf Open-Source-Systeme genannt. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen scheint Open Source ein schwieriges Thema zu sein. Zwar schreiben die Autoren der Studie, dass die entwickelte Software insbesondere auch KMU anspreche – jedoch kommt «KMU» im Bericht lediglich drei Mal vor. Auch wenn die heutigen Erkenntnisse über Open-Source-Software in KMU noch in den Kinderschuhen stecken, sind die Verfasser der Studie sehr optimistisch, was die grundsätzliche Entwicklung von Open Source in Schweizer Unternehmen anbelangt. So wird etwa ein Beispiel aus der Raumfahrt aufgeführt: «Der Mensch erkundet den Mars, sucht auf dem roten Planeten nach Leben und bringt Gestein von dort zu Erde – und dies alles dank Open-Source-Software.»
Für KMU bleiben jedoch noch einige Fragen offen: Wie können KMU von Open Source profitieren, auch wenn sie über keine eigenen Fachkräfte verfügen? Welche Lösungen gibt es konkret? Welche Hürden gilt es zu berücksichtigen? Zur Beantwortung dieser Fragen lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit.
Über Open-Source-Software
Das Prinzip offener Software ist fast so alt wie der Computer selbst. In der Pionierzeit der IT war es üblich, mit dem Erwerb der Software auch deren Quellcode zu erhalten, um selbst neue Funktionen hinzuzufügen oder Fehler beseitigen zu können. Da unter den frühen Anwendern von Computern viele Universitäten waren und es in der Forscher-Community die Norm war, wurden viele der dort entwickelten Modifikationen gemäss den akademischen Grundsätzen des Wissensaustauschs offen geteilt, und es entstanden Organisationen, die diesen Austausch erleichtern sollten. Schnell wurden eigene Projekte auf die Beine gestellt, die gemeinsam entwickelt wurden, etwa das «A-2-System» für den Grossrechner UNIVAC, die Simulationssoftware «SPICE» oder das Textsatzprogramm «TeX», das bis heute weiterentwickelt und verwendet wird.
Meilensteine in der Open-Source-Geschichte waren die Initiative «GNU Project» im Jahr 1983, die gegen Ende der 80er-Jahre eine eigene Lizenz für freie Software herausgeben sollte, die Gründung der «Free Software Foundation» 1985 und vor allem die Publikation der ersten Version des Linux-Kernels durch den finnischen Informatiker Linus Torvalds. Mit der Erfindung von Linux erfüllte Torvalds ein grosses Ziel des GNU-Projekts, die Entwicklung des ersten komplett freien Betriebssystems für Computer, und legte damit den Grundstein nicht nur für eine grosse Entwickler-Community, sondern auch für zahlreiche Projekte und Distributionen, die auf dem Linux-Kernel aufbauen, etwa «Red Hat Enterprise Linux». In der Folge nahmen die Verbreitung und der Bekanntheitsgrad von Linux und anderer freier Software in der Unternehmenswelt stetig zu, ob es sich nun um Software für Server, Büroprogramme für Desktop-PCs oder Virtualisierungs-Tools für Cloud-Plattformen handelte. Seit Ende der 90er-Jahre ist dabei generell von Open Source die Rede.
Vom Forscher-Tool zur Innovationsmaschine
Open-Source-Software ist aus der Business-IT heute nicht mehr wegzudenken, und es gibt zahlreiche Lösungen für alle denkbaren Anwendungsgebiete. Ob Kubernetes (Verwaltung von Container-Anwendungen), Android (Mobile-Betriebssystem), Red Hat Ansible (Computer-Administrationswerkzeug) oder Python (Programmiersprache) – oftmals unsichtbar kommt freie Software in Unternehmen jeder Grösse zum Einsatz. Dass es dennoch Firmen und Behörden gibt, die sich mit der Nutzung gemeinschaftlich entwickelter Software schwertun, hat laut der «Open Source Studie Schweiz» verschiedene Gründe.
Das wichtigste Argument gegen den Einsatz von Open-Source-Software ist laut der Umfrage aktuell die «unsichere Zukunft von Open-Source-Projekten und das unklare Geschäftsmodell» der Firmen dahinter. Der am zweithäufigsten genannte Hinderungsgrund sind «fehlende Schnittstellen zu anderen Systemen und Integrationsschwierigkeiten». Die Erklärung hierfür sei, dass heutige IT-Landschaften oftmals wenige Schnittstellen anböten, an die Open-Source-Plattformen andocken könnten. Einige Hersteller proprietärer Software würden die Integration von Lösungen aus dem eigenen Ökosystem erleichtern und die Einbettung von Open Source erschweren, vermuten die Autoren. Dies spiele auch beim drittwichtigsten Hinderungsgrund eine Rolle, den technologischen Abhängigkeiten von bestehenden Systemen in den Unternehmen.
Gute Gründe für Open Source
Für die meisten Teilnehmer der «Open Source Studie Schweiz» wiegen allerdings die Vorteile von Open Source schwerer als die Hürden. Als Hauptgrund für den Einsatz von offener Software werden in der Umfrage die «offenen Standards» genannt, die Open Source zugrunde liegen. Dies zeige, dass Interoperabilität heute zentral sei, da monolithische IT-Systeme ausgedient hätten. Von Business-Anwendungen würden offene Schnittstellen via Application Programming Interfaces erwartet, über die etwa Microservices-Daten ausgetauscht werden könnten. Der zweitwichtigste Grund für die Nutzung von Open-Source-Software ist die enorme Auswahl an frei verfügbaren Komponenten und Tools. IT-Entscheidungen orientierten sich oft an dem, was andere tun, schreiben die Autoren. Und so multipliziere die steigende Verbreitung von Open-Source-Software deren Popularität – vor allem im Server-Umfeld, wo die Verbreitung ohnehin bereits hoch sei.
Auf Platz drei der Studie findet sich der Vorteil, dass bei vielen Open-Source-Projekten eine hilfsbereite Community bereitsteht, mit welcher Wissen und Erfahrungen ausgetauscht werden können. In der dynamischen IT-Welt sei dieser Zugang zu kompetenten Fachleuten einer der wichtigsten Gründe für den Einsatz von Open-Source-Software. Ausserdem schafft die Verbreitung von Open-Source-Know-how auch die Grundlage für professionellen Support und letztlich die Möglichkeit, erfahrene Open-Source-Fachleute auch direkt anstellen zu können. So wird Open Source zu einem Trumpf im Kampf um IT-Talente, denn die Technologie macht Unternehmen für sie attraktiv. Ein weiteres zentrales Argument auf Platz vier ist die erhöhte Sicherheit, die unter anderem durch schnelle Software-Updates erreicht wird. Die Angst vor fehlerhaften Open-Source-Lösungen sei deutlich gesunken, heisst es in der Studie.
Ein letztes Argument für Open Source, das in den vergangenen Jahren immer wichtiger wurde, ist die «digitale Souveränität», also die Fähigkeit zu selbstbestimmtem Handeln und Entscheiden im digitalen Raum. Anwender von Open-Source-Software haben die Bedeutung der reduzierten Abhängigkeit und der dadurch besseren Verhandlungsmöglichkeiten bei Software-Anschaffungen mittlerweile erkannt. Ebenfalls stark an Relevanz gewonnen hat die Möglichkeit, dass Business-Innovationen mit Open-Source-Software rascher realisiert werden können. Weil die interne IT-Abteilung oftmals ohne externe Hilfe Open-Source-Tools und -Komponenten nutzen kann, lassen sich technische Anforderungen mit Open Source typischerweise schneller lösen als mit proprietärer Software.
Die Popularität von Open Source bestätigt auch die Studie selbst: Zwei Drittel der in ihrem Rahmen Befragten sind der Meinung, dass die Relevanz von Open-Source-Software für die heutige ICT zugenommen habe. Open Source dringt in immer mehr Bereiche der Informatik vor und ist relevant in der fortschreitenden digitalen Transformation, schreiben die Verfasser. Diese Argumente greifen natürlich auch bei KMU und helfen, die eingangs erwähnten Zweifel aus dem Weg zu räumen.
Kontrolle trotz Outsourcing
Zusammen ergeben all diese Vorteile ein klares Bild: Open-Source-Software ist ein Innovationstreiber für Unternehmen, unabhängig von deren Grösse oder Branche. Die frei entwickelten Lösungen gewähren ihren Nutzern Zugang zu State-of-the-Art-Software, modernen Automatisierungswerkzeugen sowie Internet-of-Things- und Edge-Lösungen. Vor allem aber behalten ihre Nutzer dank des offenen Codes und offener Standards die Kontrolle über ihre IT, auch wenn sie Teile davon in Public-Cloud-Plattformen auslagern. So können KMU von einem der zentralen Motoren der Digitalisierung – der Nutzung von Cloud-Plattformen – profitieren, ohne sich Anbietern proprietärer Software auszuliefern.