Chaos an den Grenzen, Lieferverzögerungen, Flugzeuge am Boden … die Horrorszenarien eines ungeregelten Brexits waren vor dem 29. März, an dem der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ursprünglich angesetzt worden war, über Monate in aller Munde. Dieser Stichtag liegt nun hinter uns; wie viele Seiten im Brexit-Krimi noch geschrieben werden, ist allerdings auch heute noch schwer einschätzbar.
Lassen Sie mich den Brexit (kurz für «British» und «exit») historisch einordnen. Politische Ereignisse mit erheblichen negativen wirtschaftlichen Auswirkungen kommen glücklicherweise nicht allzu oft vor. In den letzten Jahrzehnten gab es kaum vergleichbare Fälle; aus der EU ist beispielsweise noch nie ein Mitgliedsland ausgetreten. Es waren vor allem innenpolitische Ereignisse, welche die Schweizer Wirtschaft vor grosse Herausforderungen gestellt haben. Dazu gehört zum Beispiel die Ablehnung des EWR-Beitritts Ende 1992 oder die Aufhebung des EU-Mindestkurses durch die Nationalbank im Januar 2015.
Entscheide wie diese haben jedoch weitreichende Folgen. Ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zieht auch für die Schweiz massive Konsequenzen nach sich. Trotz all der Unsicherheiten bin ich persönlich aber zuversichtlich. Unsere Schweizer Unternehmen haben die vergangenen wirtschaftlichen und politischen Krisen bestens bewältigt.
Mit oder ohne Brexit, Einflüsse auf die Finanzmärkte sind immer schwer einzuschätzen. Nehmen wir an, dass das Vereinigten Königreich in eine Rezession fällt, dann hat dies auch Konsequenzen für die Konjunktur in der gesamten Eurozone und letztlich auch für die Schweiz. Nicht nur weil unsere Exportwirtschaft wesentlich von der Eurozone abhängt, sondern weil auch der Schweizer Franken dann noch stärker wird. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen uns, dass der Franken in unbeständigen Zeiten als sicherer Wert gilt und dementsprechend aufgewertet wird.
Die Problematik schwankender Wechselkurse wird auch in Zukunft eine der grössten Herausforderungen für Schweizer Unternehmen sein. Ich werde oft gefragt, wie ein Unternehmen die Risiken bei drohenden Währungsschwankungen reduzieren kann.
Mein Rat: Holen Sie sich rechtzeitig Unterstützung bei Ihrer Bank. Ihre Beraterin oder Ihr Berater hilft Ihnen dabei, aus der Vielzahl an Produkten eine für Sie passende Absicherungsstrategie auszuarbeiten.
Kommen wir zurück zum Thema Brexit. Gemäss aktueller Aussenhandelsstatistik liegt der britische Markt für den Schweizer Export auf Rang sechs. Die Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich basierten ursprünglich massgeblich auf den mit der EU abgeschlossenen bilateralen Abkommen. Im Hinblick auf den schwer einschätzbaren Ausgang des Brexits hat der Bundesrat seine Hausaufgaben jedoch gemacht. Um Lücken in den Handelsbeziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Schweiz bestmöglich zu verhindern, hat er entsprechende Abkommen unterzeichnet. Dazu gehört beispielsweise eines, das den Briten und Schweizern ihre bestehenden, auf das Freizügigkeitsabkommen gestützten Rechte weiterhin sichert.
Unabhängig vom Brexit oder anderen wirtschaftspolitischen Einflüssen empfehle ich allen Unternehmen mit Auslandgeschäften, die wichtigsten Geschäftsbeziehungen regelmässig einem Export- / Import-Fitnesstest zu unterziehen.
Bleiben Sie und Ihr Unternehmen nach guter englischer Art bereit für die Zukunft: «Keep calm and carry on!» oder auf gut Deutsch: Ruhe bewahren und weitermachen!
Anmerkung
1) Der Inhalt dieser Kolumne basiert auf dem Informations- und Wissensstand vom 04.03.2019