Die berufliche Vorsorge wird als strategisches Thema immer bedeutsamer. Denn Firmen haben, je nachdem, wo sie im Lebenszyklus stehen, ganz unterschiedliche Ansprüche an ihre Pensionskasse. Dabei stellt sich nicht nur die Frage nach der passenden Lösung, sondern ganz generell nach dem passenden Vorsorgeanbieter und der richtigen Modellwahl. es gilt, die verschiedenen Indikatoren sorgfältig abzuwägen und eine ganzheitliche Betrachtung einzunehmen.
Vollversicherung oder teilautonome Lösung? Der Markt geht klar in Richtung teilautonome Vorsorgelösungen, da das Marktumfeld schwierig ist, um die nötigen Erträge zu erwirtschaften. Hinzu kommt die finanzielle Belastung aufgrund der hohen gesetzlichen Umwandlungssätze. Deshalb entscheiden sich immer mehr Anbieter für teilautonome Vorsorgelösungen. Vor allem bei der Kapitalanlage unterscheiden sich die Modelle: Bei einer teilautonomen Lösung tragen die Versicherungsnehmer das Anlagerisiko ihrer Pensionskassengelder selbst, partizipieren aber auch an den Anlageerträgen. Wie viel kostet die Sicherheit in der Vollversicherung? Wie gross ist das Risiko im teilautonomen Modell? Und welche Faktoren sind bei der Wahl der passenden Pensionskasse relevant?
Anlagegarantien oder höhere Renten?
Vollversicherungslösungen stehen für Sicherheit, doch diese kostet: Zins- und Kapitalgarantien beruhen auf dem vom Aktionär zur Verfügung gestellten Kapital, und daher erwartet er eine risikoadäquate
Entschädigung. Durch eine sicherheitsorientierte Kapitalanlagestrategie versuchen die Versicherer deshalb, mit möglichst wenig Risikokapital auszukommen. Zusätzlich generieren sie über höhere Risiko- und Verwaltungsbeiträge Zusatzerträge. Für den Versicherten bedeutet dies, dass die zur Verfügung gestellten Garantien keineswegs zum Nulltarif erhältlich sind. Der Preis für die gewährten Garantien besteht in geringen Kapitalerträgen auf den angesparten Altersguthaben aufgrund der defensiven Anlagepolitik und der erhöhten Kosten für die Risikoabdeckung.
Die anhaltend tiefen Zinsen und das enge Anlagenkorsett führten in den letzten Jahren zu einem immer unvorteilhafteren Kosten-Nutzen-Verhältnis für den Versicherten: Der Preis ist laufend gestiegen, die Verzinsung der Altersguthaben sowie die Umwandlungssätze sind jedoch gesunken.
Wer den Markt beobachtet, sieht, dass im teilautonomen Modell im Schnitt eine höhere Rendite erreicht wird. Bei teilautonomen Vorsorgeeinrichtungen fliessen die Kapitalerträge den Versicherten zu, was zu einer höheren Verzinsung führt. Vielfach sind im teilautonomen Modell aber auch die notwendigen Risikobeiträge für Versicherte und Arbeitgeber vorteilhafter.
Die Risiken des Teilautonomen Modells
Mit dem Entscheid für eine teilautonome Vorsorgelösung tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anlagerisiken. Die Altersguthaben sind nicht mehr zu jeder Zeit zu 100 Prozent gedeckt. Kurz- und mittelfristige Schwankungen an den Finanzmärkten können temporär zwar zu einer Unterdeckung der Kasse führen, dies hat jedoch keine unmittelbaren Konsequenzen für die Versicherten. Erst bei einer länger dauernden und substanziellen Unterdeckung muss die Vorsorgeeinrichtung Sanierungsmassnahmen prüfen. Dabei greift die schärfste Sanierungsmassnahme erst sehr spät, nämlich die Erhebung von Zusatzbeiträgen. Selbst während der Finanzmarktkrise 2008 / 09 genügten weitaus weniger einschneidende Massnahmen wie die Mindestverzinsung der Überobligatorischen Altersguthaben, um eine nachhaltige Gesundung einzelner Vorsorgeeinrichtungen einzuleiten. Dies macht deutlich, dass das Risiko einer längerfristigen Unterdeckung bei einer umsichtigen Stiftungsführung und professioneller Anlage
verwaltung gering ist. Denn auch bei teilautonomen Versicherungslösungen unterliegt die Anlageverwaltung strengen gesetzlichen Vorschriften und wirksamen Schutzmechanismen.
Welche Vorsorge am besten zur unternehmerischen Situation passt, hängt von verschiedenen Faktoren ab – eine isolierte Betrachtung ist wenig zielführend. Dabei ist nicht nur zwischen Risiko und Sicherheit abzuwägen, auch technische Indikatoren sind zu vergleichen, was nicht immer leicht ist.
Der Umwandlungssatz als Indikator
Der Umwandlungssatz ist der Umrechnungsfaktor, der bestimmt, wie das angesparte Vorsorgekapital in eine jährliche Rente umgewandelt wird. In die Berechnung des Umwandlungssatzes fliessen Annahmen über die Lebenserwartung, die zukünftige Verzinsung (= technischer Zins) des Kapitals sowie über die anwartschaftlichen Leistungen wie Ehegattenrente oder Kinderrente ein.Bei der Wahl einer Vorsorgelösung sollte die Thematik Umwandlungssatz differenziert betrachtet werden. Das Gesetz schreibt im Bereich des BVGObligatoriums einen Mindest-Umwandlungssatz von 6.8 Prozent vor, das heisst, ein Kapital von 100‘000 Franken ergibt eine jährliche Rente von 6‘800 Franken. Zur Erinnerung: Bei der Einführung des BVG im Jahr 1985 belief sich der Umwandlungssatz auf 7,2 Prozent. Aktuell bewegt sich der mathematische korrekte Satz um die fünf Prozent. Auf politischer Ebene ist trotz starken Drucks wenig geschehen; die Politiker sind sich nicht einig, wie sie der Thematik des Umwandlungssatzes begegnen sollen.
Das Kapitaldeckungsverfahren im BVG ist im Gegensatz zum Umlageverfahren bei der AHV so ausgelegt, dass jeder Versicherte mit seinem Kapital seine eigene, lebenslange Rente finanzieren kann. Die Herausforderungen für die Vorsorgeanbieter sind aufgrund der steigenden Lebenserwartungen und geringer Kapitalerträge enorm. Daher senken diverse Vorsorgeeinrichtungen, so auch die Sammelstiftung Vita, die Umwandlungsätze. Aus Versichertensicht werden diese Senkungen grundsätzlich als schlecht empfunden. Verschiedene Anbieter – mit derzeit noch höheren Umwandlungssätzen – versuchen, die Gunst der Stunde zu nutzen, um neue Kunden zu gewinnen. Es ist davon auszugehen, dass früher oder später die Mehrheit der Vorsorgeanbieter ihre Umwandlungssätze nach unten korrigieren muss.
Die Pensionskassen müssen den Versicherten eine lebenslange Altersrente garantieren. Da die Versicherten immer länger leben und das persönlich angesparte Alterskapital für ihre Rentenzahlungen nicht ausreicht, müssen zusätzliche Gelder zur Verfügung gestellt werden. Nur so kann die Pensionskasse den Rentenverpflichtungen nachkommen. Diese zusätzlichen Gelder gehen zulasten der aktiven Versicherten, denn einen externen Sponsor gibt es leider nicht. Diese sogenannte Umverteilung beläuft sich gemäss Auswertungen der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge im Vorsorgemarkt Schweiz auf jährlich rund 6.7 Milliarden Schweizer Franken bezogen auf die Jahre 2014 bis 2018.
Fazit: Ein niedriger Umwandlungssatz ist per se nicht schlecht, sondern bedeutet, dass die Pensionskasse ihre Hausaufgaben bereits gemacht und die Weichen für eine solide Zukunft gestellt hat. Besonders die aktiven Versicherten müssten sich eigentlich über jede Senkung des Umwandlungssatzes in ihrer Pensionskasse freuen, denn dies bedeutet für sie eine höhere Verzinsung ihrer Altersguthaben. Höhere Altersguthaben führen bei einem reduzierten Umwandlungssatz unter Umständen zu einer ähnlichen Rentenhöhe wie vor der Senkung des Umwandlungssatzes.
Der Technische Zinssatz als Indikator
Der technische Zinssatz ist der Diskontsatz (oder Bewertungszinssatz), mit dem für die Berechnung der Vorsorgekapitalien und technischen Rückstellungen die erwartete Rendite auf diesen Kapitalien berücksichtigt wird. Er dient somit der Rechnungsannahme: Wie hoch kann das für die Rentenzahlungen zurückgestellte Kapital verzinst werden? Diese Annahme hängt von der Erwartung der Finanzmarktentwicklung ab. Je nach Renditeerwartung ergibt sich für dasselbe Kapital eine höhere oder tiefere Altersrente – zu berücksichtigen ist zusätzlich die bereits erwähnte Lebenserwartung. Der technische Zinssatz ist eine wichtige Grundlage für die Festlegung des Umwandlungssatzes. Doch Vorsicht, mit der Verzinsung der Altersguthaben der aktiven Versicherten hat er nichts zu tun, vielmehr ist er eine rechnerische Annahmegrösse.
Der technische Zinssatz darf maximal der effektiven langfristigen Nettorendite eines Vorsorgewerkes entsprechen. Da die künftige Nettorendite unbekannt ist, sollte der technische Zins mindestens 0,5–0,75 Prozent unter der erwarteten Nettorendite liegen. Der Stiftungsrat legt den Wert fest, in Anlehnung an den von der Kammer der Pensionskassenexperten definierten technischen Referenzzinssatz. Aktuell liegt dieser bei zwei Prozent.
Der Deckungsgrad als Indikator
Der Deckungsgrad ist eine Kennzahl, die das Vorsorgevermögen ins Verhältnis zu den Verpflichtungen setzt. Er gibt an, zu wie viel Prozent die Verpflichtungen einer Vorsorgeeinrichtung an einem bestimmten Stichtag mit ihren Vermögenswerten gedeckt sind. Ein Deckungsgrad von 100 Prozent besagt, dass alle Verpflichtungen durch die Anlagen gedeckt sind. Um die finanzielle Situation von Pensionskassen zu vergleichen, wird häufig der Deckungsgrad betrachtet. Es ist jedoch viel zu einfach zu meinen, dass eine Pensionskasse mit einem Deckungsgrad von beispielsweise 105 Prozent automatisch schlechter dasteht, als eine mit einem Deckungsgrad von 110 Prozent. Daher ist von einer isolierten Betrachtung abzuraten. Es gilt auf das «Kleingedruckte» des Geschäftsberichtes zu achten: zum Beispiel auf die Höhe des technischen Zinssatzes, das Verhältnis von Aktiven zu Rentnern oder die Höhe des Umwandlungssatzes. So muss davon ausgegangen werden, dass ein technischer Zinssatz von beispielsweise 2.75 Prozent im Normalfall ziemlich rasch nach unten korrigiert werden muss. Wichtig zu wissen ist, dass eine Senkung des technischen Zinssatzes um 0,5 Prozent zu einer Senkung des Deckungsgrades von rund fünf Prozent führt.
Um einen wirklich entscheidungsrelevanten Vergleich machen zu können, sollte das Zusammenspiel der relevanten Faktoren verstanden werden. So auch das Verhältnis zwischen Aktiven zu Rentnern: Je weniger Rentner in einer Pensionskasse sind, desto geringer fällt die Umverteilung von «Jung» zu «Alt» aus. Sollte es zu einer Unterdeckungssituation kommen, lässt sich ein Vorsorgeanbieter mit wenigen Rentnern deutlich einfacher sanieren als einer mit einem grossen Rentnerbestand.
Ganzheitliche Betrachtung
Der Entscheid für die passende Vorsorgelösung bedarf einer ganzheitlichen Betrachtung. Die relevanten Indikatoren und Faktoren sollten sorgfältig abgewogen werden. Ein Vorsorgeanbieter, der die Umwandlungssätze senkt und die technischen Parameter den Marktgegebenheiten anpasst, handelt verantwortungsvoll, weitsichtig und im Interesse der aktiven Versicherten. Was die verschiedenen Modelle anbelangt, so haben teilautonome Vorsorgelösungen ihre Leistungsfähigkeit schon lange unter Beweis gestellt. Der Wechsel aus einer Vollversicherung in ein teilautonomes Vorsorgemodell bleibt ein wichtiger Entscheid. Bei einem sachlichen Vergleich der Risiken und Chancen schlägt das Pendel heute tendenziell zugunsten des teilautonomen Modelles aus. Die Chancen auf eine marktkonforme Verzinsung der Altersguthaben sowie kostengünstige Beiträge Arbeitgeber- und Versichertenbeiträge werden von Entscheidungsträgern weitaus höher gewichtet als die begrenzte Wahrscheinlichkeit einer langfristigen Unterdeckung. Eine bessere Verzinsung und im Marktvergleich attraktive Umwandlungssätze eröffnen die Aussicht auf substanziell höhere Renten – davon haben die Versicherten im Alter mehr als von einer teuren Anlagegarantie.