Datensicherheit, fehlendes Know-how und mangelnde Daten heisst der Dreiklang der Herausforderungen für die Automobilindustrie und ihre Zulieferer. Können die Verantwortlichen den Anschluss herstellen? Wir präsentieren dazu die Ergebnisse einer Studie.
Das Thema Big Data & Analytics ist im Zuge neuer Technologien und digitaler Innovationen in der Automobilindustrie immer stärker im Kommen und wird von der Mehrheit der Unternehmen bereits als zunehmend relevant eingestuft. Dabei geht es vor allem um die Analyse von Kunden- und die Auswertung von Fahrzeugdaten sowie die Vorhersage von -Service- und Produkttrends. Allerdings steht die Branche diesbezüglich noch vor grossen Herausforderungen. Den Unternehmen fehlt es an einem umfassenden -Datenzugang sowie einer bereichsübergreifenden Datenbereitstellung. Zudem mangelt es in der gesamten Automobilbranche an interner Expertise und Ressourcen. Dies zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Studie meines Hauses der Unternehmens-beratung BearingPoint. Im Rahmen der -Untersuchung wurden 120 Entscheider der grossen Automobilhersteller und Tier-1–Zulieferer aus ganz Europa befragt.
Potenzial bleibt noch unausgeschöpft
Laut Studie ist der Technologietrend Big Data & Analytics in der Automobilindustrie bereits für 94 Prozent der Befragten relevant, jedoch nur bei sieben Prozent voll im Einsatz. Weitere 24 Prozent haben Big Data & Analytics gerade eingeführt, wobei Automobilzulieferer im Vergleich zu den Herstellern einen Aufholbedarf haben. Die Hälfte der Befragten von Herstellern antwortete auf die Frage «Wie ist der aktuelle Status zu Big Data & Analytics in Ihrem Unternehmen?» mit «Pilotieren und experimentieren».
Längst beschränkt sich die Technologie nicht mehr nur auf den Bereich Marketing & Sales. Zukünftig werden sich die Schwerpunkte von Big-Data-&-Analytics-Anwendungen auch auf weitere Unternehmensbereiche verteilen, die Studienteilnehmer vermuten die grössten Chancen hierbei im Bereich der Forschung & Entwicklung. Schnell steigende Einsatzpotenziale und ein hoher Nutzen werden entlang der gesamten Wertschöpfungskette gesehen. Dazu zählen Kundenverständnis und -steuerung, schnelle Identifizierung von relevanten Trends sowie verbesserte Produkte und Dienstleistungen. Auch im Bereich der digitalen Produktion liegen dank Predictive Maintenance viele Möglichkeiten: So können heute weniger als ein Viertel der Befragten Produktionsanlagen Sensor- und Maschinendaten nach bislang unentdeckten Fehlermustern absuchen und so beispielsweise Probleme frühzeitig entdecken und aufzeigen oder die Leistungsfähigkeit der bestehenden Produktion optimieren.
Die grossen Baustellen
Mit 50 Prozent stehen der Datenschutz und die Datensicherheit an erster Stelle der noch zu bewältigenden Herausforderungen. Das ist ein allgemeines, branchenübergreifendes Problem, da die Unternehmen sowohl gesetzliche als auch unternehmens-interne sowie vertragliche Regelungen beachten müssen. Die fehlende Expertise (44 Prozent) ist eine weitere Barriere für den Ausbau und die Umsetzung von -Big–Data-&-Analytics-Anwendungen. Nur 13 Prozent der Befragten gaben an, dass in ihrem Unternehmen das Know-how in diesem Bereich intern vorliegt. Die restlichen 87 Prozent müssen auf externes Expertenwissen zurückgreifen. Als einen Grund hierfür nennt ein Grossteil der Befragten, dass kein qualifiziertes Personal mit den erforderlichen Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt verfügbar ist. Zum anderen berichtete aber auch über die Hälfte der Studienteilnehmer, dass in ihrem Unternehmen nicht ausreichend Stellen für Big Data & Analytics vorgehalten werden. Das führt dazu, dass immer mehr Unternehmen stark auf externe IT-Dienstleister und Beratungen angewiesen sind.
Die drittgrösste Herausforderung ist bei 43 Prozent die mangelnde Verfügbarkeit der Daten, da es an einem übergreifenden Datenaustausch entlang der gesamten Wertschöpfungskette fehlt und so das Potenzial von Big Data & Analytics nicht völlig ausgeschöpft werden kann. Für die Mehrheit der Befragten wäre ein bereichs-übergreifender Datenpool die Lösung zur Vereinfachung der Datenbeschaffung und -analyse. Auch die technischen Voraussetzungen müssen zum Teil noch geschaffen werden. So sind zwar Cloud-Plattformen als auch Big Data Lakes als Ansätze vorhanden, allerdings sind Datenverarbeitung als auch automatisierte Schnittstellen noch nicht ausreichend leistungsfähig. Lediglich in den Unternehmen von 18 Prozent der Studienteilnehmer sind die technischen Voraussetzungen zum Einsatz von Big Data & Analytics bereits vollständig gegeben.
Als weitere Barrieren bei der Einführung von Big Data und Analytics im Unternehmen wurden mangelnde Bekanntheit der Einsatzmöglichkeiten, Technologien und / oder Anbieter, mangelnde Investitionsbereitschaft beziehungsweise fehlendes Budget oder dringendere Prioritäten sowie die erforderlichen Prozesse und Organisationsstruk-turen genannt.
Erstes Fazit
Durch die zunehmende Digitalisierung der Automobilindustrie wächst auch die Bedeutung von Big Data & Analytics. Die Megatrends Industrie 4.0 und Connected Cars treiben das Thema schnell voran. Es ist erfreulich, dass die Mehrheit der Automobildienstleister die grossen Chancen von Big Data & Analytics erkannt haben und immer mehr in deren Entwicklung investieren. Dies wird mit den geplanten Investitionen von über zehn Prozent verdeutlicht. Jedoch steckt das Ganze noch in den Kinderschuhen. Wie unsere Studie zeigt, müssen die Potenziale noch stärker ausgeschöpft werden.
Über die Studie
Zum Thema «Big Data & Analytics in der Automobilindustrie» wurden im Rahmen einer Online-Befragung 120 Teilnehmer der grossen Automobilhersteller sowie der Tier-1-Zulieferer befragt. Zwei Drittel der Befragten waren direkt von Automobilherstellern. Insgesamt ein Drittel der Teilnehmer sind dem mittleren und oberen Management zuzuordnen, ein Drittel Projektleitern und das letzte Drittel fachlichen Experten. Rund die Hälfte der Befragten ist oder war bereits in ein Big-Data-Projekt involviert.
Die Studie fand im Juni 2016 statt und umfasste Teilnehmer aus ganz Europa.
Die Gesamtstudie kann unter www.bearingpoint.com heruntergeladen werden.
Handlungsempfehlungen für die Automobilindustrie
Um das Potenzial von Big Data & Analytics nutzen zu können, werden aus der Studie folgende Handlungsempfehlungen abgeleitet:
- Big-Data-&-Analytics-Anwendungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette einsetzen
- Bereichsübergreifenden Datenaustausch ermöglichen
- Big Data & Analytics als die Kerntechnologie der Unternehmensdigitalisierung etablieren, als Basis für die Erschliessung neuer Eco-Systeme
- Unternehmensweite Big-Data-&-Analytics-Strategie definieren und konsequent umsetzen
- Stellen für qualifizierte Big-Data-&-Analytics-Spezialisten gezielt aus- und aufbauen
Weitere Informationen:
www.bearingpoint.com