Manuela Beer leitet seit 2015 die PKZ-Gruppe, ein Schweizer Traditionsunternehmen im Kleiderhandel. Insbesondere jüngere Kund:innen seien bereit, für nachhaltige Mode mehr zu bezahlen, sagt die Ökonomin.
Die Geschichte des Familienkonzerns PKZ ist lang und reich an Wendungen. Sie begann 1881 mit einer Kleiderfabrik in Winterthur. Heute zählt das Unternehmen 600 Mitarbeiter:innen, verkauft 170 Bekleidungsmarken und über 15’000 Produkte. Aktuell ist das Unternehmen in der Schweiz an 40 Standort präsent.
Für 2021 vermeldete die PKZ-Gruppe einen Jahresumsatz von 170 Millionen Franken. Im Vergleich zum vorpandemischen Jahr 2019 sei trotz rückläufigem Schweizer Markt ein Wachstum von 20% erreicht worden, vermeldete der Konzern.
Im Interview sagt die Chefin unter anderem, weshalb Erfolg im Inland für Ihr Unternehmen nicht zum Schritt ins Ausland führt.
Frau Beer, was war bisher die schwierigste Zeit in der über hundertjährigen Geschichte von PKZ?
Manuela Beer: 1974 musste PKZ die Schweizer Kleiderproduktion wegen der Ölkrise und des starken Frankens einstellen. In unseren beiden Fabriken in Zürich und im Tessin waren damals rund 1000 Personen beschäftigt.
Als Folge konnten die eigenen Kollektionen nicht mehr exportiert werden. Seitdem konzentriert sich PKZ auf den Einzelhandel in der Schweiz.
In welchen Ländern werden heute die Kleider für Ihre Kollektionen hergestellt?
In unseren 40 Geschäften in der Schweiz verkaufen wir nicht nur rund 170 internationale Marken, sondern auch unsere Eigenmarken, konkret Paul Kehl, Paul, Pauline und Burger Collection. Diese sind sehr erfolgreich. Die Kleider werden in der Schweiz entworfen, die Herstellung haben wir unter anderem nach Portugal, Tschechien und China ausgelagert.
Warum vermarkten Sie Ihre Eigenmarken nicht weltweit?
Unsere eigenen Marken sind sowohl in unseren Geschäften als auch auf unserer Website sehr beliebt. Wir bieten unseren Kunden eine attraktive Auswahl. Aber der Aufbau zu Weltmarken würde jedoch unverhältnismässig hohe Werbeinvestitionen erfordern. Wir hatten in der Vergangenheit Schweizer Läden, die auf unsere Eigenmarken spezialisiert waren, aber das Konzept kam bei unseren Kund:innen nicht gut an.
Planen Sie den Schritt ins Ausland, etwa in die angrenzenden Länder?
Nein, denn die Kosten in der Schweiz würden es uns nicht erlauben, zum Beispiel in Deutschland oder Frankreich konkurrenzfähige Preise anzubieten. Ausserdem haben wir in der Schweiz noch genügend Wachstumsmöglichkeiten, indem wir neue Geschäfte eröffnen. So 2023 eine neue Filiale in Pfäffikon im Kanton Schwyz.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihr Sortiment von aktuell rund 170 Marken und 15’000 Produkten aus?
Der analytische Teil ist für mich sehr wichtig. Aus diesem Grund schauen wir uns die Verkaufszahlen unseres Sortiments an und nehmen die Marktentwicklungen unter die Lupe. Dieser Ansatz ist wichtig, da unsere Branche sehr wettbewerbsintensiv ist. Ausserdem sind in letzter Zeit einige Konkurrenten verschwunden.
Darüber hinaus beobachten wir minutiös die Modetrends. Unsere Designer:innen präsentieren uns ständig neue Kreationen, und unser Einkaufsteam und ich besuchen Messen und Ausstellungen in Modemetropolen wie Mailand, Paris oder London.
Wir lassen uns auch von digitalen Kanälen inspirieren. Letztendlich ist es wichtig, dass wir den Geschmack unserer Kundschaft treffen.
Wie entwickelt sich das Online-Geschäft?
Bis vor kurzem war ich eher skeptisch, was die Rentabilität des E-Commerce betrifft, obwohl PKZ mit seinem Online-Shop in der Schweiz Pionierarbeit geleistet hat.
Glücklicherweise habe ich mich geirrt. Unsere Online-Verkäufe entwickeln sich äusserst erfreulich. Während der Pandemie haben sie sich sogar verdoppelt. Der E-Commerce schreibt nun schwarze Zahlen und macht 12% unseres Umsatzes aus, mit einem Wachstum von 27% bis 2022. Ausserdem haben wir gerade in ein neues Logistikzentrum investiert.
Was sind die Vor- und Nachteile Ihrer Multichannel-Strategie?
Ich sehe vor allem Synergien zwischen dem Verkauf im Laden und im Internet. Unser Sortiment ist identisch, so dass beide Kanäle von unserem Marketing profitieren. Insbesondere unsere vierteljährlich erscheinende Zeitschrift „Inside Magazine“ mit einer Auflage von 400’000 Exemplaren zielt auf beide Bereiche ab.
Und wenn ein bestimmter Artikel, eine bestimmte Grösse oder Farbe in einem Geschäft nicht verfügbar ist, kann unser Verkaufspersonal sofort online eine Bestellung aufgeben, die dann nach Hause oder in ein Geschäft geliefert wird.
Wie werden unverkaufte Artikel verkauft?
Manche Artikel sind nie ausverkauft. Dies gilt etwa für die weissen Herrenhemden, die konstant nachgefragt werden. Doch der überwiegende Teil ist saisonabhängig. Daher ist es entscheidend, die passenden Stücke auszuwählen und die richtigen Mengen zu bestellen.
Wenn die Verkäufe Ende Saison nicht unseren Erwartungen entsprechen, bieten wir in unseren Geschäften während des Schlussverkaufs Artikel zu reduzierten Preisen an. Ausserdem haben wir bei einigen Marken die Möglichkeit, unverkaufte Waren zurückzugeben oder uns schnell zusätzliche Mengen liefern zu lassen.
Deshalb ist es wichtig, mit einer begrenzten Anzahl sorgfältig ausgewählter Marken zu arbeiten und enge Beziehungen zu ihnen zu pflegen.
Kleidergeschäfte verkaufen ihre Ware, die in den Gestellen bleibt, in Geschäften in Osteuropa. Machen Sie das auch?
Nein, und wir sind auch nicht in Outlets wie Foxtown vertreten. Wir organisieren jedoch gelegentlich Aktionen für unsere Mitarbeitenden und deren Bekannte, bei denen wir Sonderpreise anbieten.
Wie steht es um die Nachhaltigkeit?
Wie die Digitalisierung ist auch die Nachhaltigkeit für unsere Kund:innen und uns zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Bis zur vollständigen Nachhaltigkeit ist es jedoch ein langer Weg, und wir gehen Schritt für Schritt.
Generell ist es wichtig, ein Gleichgewicht zwischen drei Faktoren zu halten: Wirtschaftlichkeit, Ökologie und soziales Engagement. Nachhaltigkeit wird oft mit höheren Kosten und Preisen gleichgesetzt. Aber die heutigen Kund:innen, insbesondere die Generation Z, sind bereit, für nachhaltige Produkte etwas mehr zu bezahlen.
Ist es in Ihrer Rolle als CEO eigentlich ein Vor- oder ein Nachteil, eine Frau zu sein?
Sowohl in meiner jetzigen Position als auch in meinen früheren Jobs und während der Schulzeit hat es keine Rolle gespielt, ob ich eine Frau bin oder nicht. Ausserdem hatte ich das Glück, für Vorgesetzte zu arbeiten, die Väter von Töchtern sind. Sie haben mich stets unterstützt und ermutigt.
Dennoch stelle ich fest, dass viele Karrierefrauen Schwierigkeiten haben, vor allem, weil das derzeitige Betreuungssystem und die Schulzeiten noch zu wenig auf die beruflichen Bedürfnisse von Frauen und auch Männern abgestimmt sind.
Quelle: https://www.swissinfo.ch/ Philippe Monnier