Hybrid Working wird bleiben und weite Kreise strategischer Veränderungen nach sich ziehen: Bestehende Vorgaben der Leistungsbewertung gelten nicht mehr und vorhandene Strukturen zur beruflichen Weiterentwicklung müssen neu justiert werden. Sechs Best Practices zeigen, wie das Konzept des Blended Learnings auf unterschiedlichen Ebenen die Entwicklung von Hybrid-Working-Umgebungen effektiv unterstützen kann.
Zunächst stehen Führungskräfte vor der Aufgabe, wie sie dezentrale Teams effizient koordinieren und die Kluft zwischen den Kollegen vor Ort und denen im Home Office vermeiden können. Und für jeden einzelnen Mitarbeiter wird es zur Herausforderung, im virtuellen Umfeld seine berufliche Rolle, Wertschätzung und Weiterentwicklung neu zu definieren.
Laut einem aktuellen Bericht des Capgemini Research Institute befürchten 54 Prozent der Mitarbeiter in Unternehmen, dass sich Remote Work negativ auf ihre Karriere auswirkt: 61 Prozent sagen, dass sie weniger Möglichkeiten haben, sich mit Kollegen und Führungskräften zu vernetzen, über die Hälfte fühlt sich abgeschnitten von der Organisation und den Kollegen. Und 52 Prozent sehen ihre Position gefährdet, wenn ihr Unternehmen aufgrund von Hybrid-Working-Strukturen global Talente rekrutiert.
Dies sind durchaus ernstzunehmende Ängste, auf die Unternehmen und ihre Führungskräfte nachhaltige Antworten finden müssen, damit die Organisation insgesamt nicht aus dem Gleichgewicht gerät. Denn: Drei Viertel der Unternehmen erwarten, dass 30 Prozent oder mehr ihrer Mitarbeiter aus der Ferne arbeiten werden, und mehr als ein Viertel geht davon aus, dass über 70 Prozent auch künftig Remote Working nutzen. Gleichzeitig zeigt der Capgemini-Bericht, dass sich mehr als die Hälfte der Mitarbeiter im Home Office ausgebrannt fühlt. Bei Mitarbeitern im Alter von 31 bis 40 Jahren steigt dieser Wert sogar auf 61 Prozent.
Wird Arbeit ortsunabhängig, braucht es ebensolche Strukturen für die Entwicklung von Teams und Talenten beziehungsweise von Kompetenzen und beruflichen Perspektiven. So zeigt eine Studie von StepStone, dass neben dem Gehalt und der Möglichkeit für flexibles Arbeiten die Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die Unternehmenskultur und sinnhafte Aufgaben zu den fünf wichtigsten Kriterien gehören, die Mitarbeiter an ein Unternehmen stellen.
Technologisch rücken hier Blended-Learning-Plattformen in den Fokus, die digitales Lernen sowie das Qualifizierungs- und Weiterbildungsmanagement mit Präsenztrainings verbinden.
Doch es geht nicht nur um den reinen Wissenstransfer. Blended Learning als Prinzip ist auch ein strategisches Werkzeug für Unternehmen, um den Risiken und Ängsten, die mit Hybrid Working verbunden sind, effizient zu begegnen und ihre Unternehmenskultur entsprechend weiterzuentwickeln. Dies ist nicht zu unterschätzen, wie die StepStone-Studie zeigt: Neun von zehn Mitarbeitern schauen bei der Unternehmenskultur ganz genau hin – und stellen ihrem Arbeitgeber ein schlechtes Zeugnis aus: Gerade einmal 18 Prozent behaupten, ihr Unternehmen punkte mit einer attraktiven Corporate Culture.
Aus der Projektpraxis von Rise Up mit Blended-Learning-Lösungen zeigen sich dafür die folgenden sechs wichtigsten Best Practices:
- Talente nicht verlieren
Zunächst braucht Hybrid Working Hybrid-Learning-Konzepte. Viel diskutiert wird derzeit die Gefahr, dass durch hybride Arbeitsmodelle eine Zwei-Klassen-Gesellschaft im Unternehmen entsteht, durch die die Mitarbeiter im Home Office in ihren Karrierechancen benachteiligt werden. Wichtig ist daher, den Mix an digitalen und physisch präsenten Arbeitsprozessen auch in den Trainings- und Weiterbildungsangeboten abzubilden. Haben alle Beteiligten über einheitliche Blended-Learning-Plattformen den gleichen Zugang zu individuellen Entwicklungsplänen ihrer beruflichen Qualifikation, ist ein wichtiger Baustein der Gleichbehandlung für weitere Karriereschritte geschaffen – so fallen auch Talente in Hybrid-Working-Umgebungen nicht durchs Raster.
- Innovationsfähig bleiben
Digitalisierte Werkzeuge für Führungskräfte sind eine wichtige Grundlage für die Mitarbeiterentwicklung. Mit dezentralen Mitarbeitern sind Führungskräfte stärker auf digitalisierte Management-Werkzeuge angewiesen, um die berufliche Entwicklung ihrer Mitarbeiter mit individuellen Plänen zu fördern, Trainingsfortschritte und Ziele abzustimmen und in der Gesamtsicht auf die Teams die nötigen Kompetenzen zu steuern, die für Innovationsfähigkeit und geschäftlichen Erfolg erforderlich sind. Hier unterstützen Blended-Learning-Plattformen, die in Lernmanagementsysteme eingebunden und mit den bestehenden Unternehmenssystemen – insbesondere für das Personalmanagement und Enterprise Resource Planning (ERP) – kompatibel sind. So wird Weiterbildung ein durchgängiger Prozess zwischen individuellen Entwicklungszielen und unternehmerischen Anforderungen.
- Teambildung stärken
Hybrid Working benötigen vielfältige Räume zur sozialen Interaktion. Wie wichtig der Austausch mit Kollegen und Spass abseits der eigentlichen Arbeit ist, zeigen nicht nur Studienergebnisse wie etwa von Xing, sondern auch die durchaus kreativen «Socializing»-Videocall-Formate, die viele Teams für sich entwickelt haben: von Walk-and-Talk über Freitags-Feierabend-Calls bis hin zu separaten Intranet-Foren für den informellen Austausch. Eine Weiterbildung in Hybrid-Working-Umgebungen kann diese Bedürfnisse umfassend berücksichtigen und einbeziehen – beispielsweise mit Gamification-Funktionen in Blended-Learning-Angeboten, um die Interaktion der Kursteilnehmer bei den digitalen Lernmodulen zu fördern, etwa mithilfe von Quiz-Formaten, Wettbewerben oder Communitys. So wird Lernen zu einem Weg, um Inspiration, Motivation und das Gefühl der Zusammengehörigkeit zu einem Team und einem Unternehmen zu pflegen und zu fördern und gleichzeitig Kompetenzen und Fähigkeiten zu erweitern.
- Den eigenen Weg entwickeln
Lernprozesse im Rahmen von Hybrid Working sollten als Merkpunkt ganz oben auf der Agenda stehen. Den optimalen Umgang mit Hybrid Working muss jedes Unternehmen für sich finden, ein «One-fits-all» gibt es nicht. Hier die geeigneten Standards und Regelungen zu definieren, um produktiv zu sein und eine Vertrauenskultur zu schaffen, kann nur in einem gemeinsamen Prozess des Lernens entwickelt werden. Um dies anzustossen, weiterzuführen und mit neuen Technologien und Prozessen zu beleben, können sich Unternehmen Blended-Learning-Konzepte zunutze machen – und so Zusammenarbeit, Ideenentwicklung und Wissensvermittlung auf digitalem und physisch präsentem Weg zu einer produktiven Normalität gestalten.
- Silos verhindern
An diesem Punkt gilt es, Transparenz zu thematisieren. Talente brauchen abteilungsübergreifende Einblicke. Die Herausforderung, Talente zu halten oder zu rekrutieren, ist nicht neu, aber durch dezentrales Arbeiten grösser geworden. Genauso ist es für Mitarbeiter schwieriger, sich für weitere Karriereschritte über Abteilungsgrenzen hinweg zu vernetzen. Berufliche Perspektiven zu bieten, heisst für Unternehmen daher nicht nur, die formal nötigen Weiterbildungsangebote anzubieten. Wichtig ist auch, Mitarbeitern in hybriden Arbeitsumgebungen Wege für Perspektiven in neuen Aufgabenfeldern und Abteilungen zu öffnen. Daher sollten Blended-Learning-Programme insbesondere auch genutzt werden, um verschiedene Verantwortungsbereiche und Teams in Verbindung zu bringen und den Austausch zu fördern.
- Onboarding beschleunigen
Neue Mitarbeiter brauchen digitale Mentoring-Programme. Der Onboarding-Prozess neuer Mitarbeiter im Unternehmen oder in Teams beruhte bislang vor allem auf dem täglichen Miteinander und Austausch vor Ort. Viele Fragen konnten häufig schnell zwischen Kollegen geklärt werden, ob am Arbeitsplatz, in Meetings oder in der Kaffeeküche. Fällt dies in weiten Teilen weg, müssen andere Lösungen gefunden werden – virtuelle Videocalls genügen nicht. Hier sind moderne Lernplattformen gefragt, die insbesondere auch digitale Mentoring-Programme unterstützen und – auch informell – auf allen Ebenen einen Prozess des Austausches sowie des gegenseitigen Kennen- und Schätzenlernens ermöglichen.
Kleines Fazit
Die vermeintlich plötzliche Umstellung auf Hybrid Working hat nur eine Entwicklung beschleunigt, die in vielen Branchen bereits verbreitet ist: die Anforderung, in dezentralen Teams und mit externen Partnern über geografische Entfernungen und sogar Zeitzonen hinweg erfolgreich zusammenzuarbeiten, Vertrauen zu schaffen und innovativ zu sein. Die praktische Umsetzung war bislang oft den Betroffenen selbst überlassen. Nun gilt es für Unternehmen, systematisch Strukturen zu schaffen – für eine Organisation, deren Wettbewerbsstärke und Innovationsfähigkeit nicht zwingend von einem zentralen Arbeitsort abhängt.