New Business, das heisst der Aufbau neuer Wachstumsgeschäfte, steht bei fast allen Unternehmen ganz oben auf der Prioritätenliste. Dies liegt nicht nur am hohen Wertpotenzial neuer Geschäfte, sondern auch daran, dass neue Technologien und digitale Wettbewerber fast alle Unternehmen dazu zwingen, ihr heutiges Geschäft neu zu erfinden.
Schaut man sich die erfolgreichsten Unternehmen der letzten Jahrzehnte an, so zeigt sich, dass viele davon im Silicon Valley sitzen und unter Einsatz von Venture Capital erfolgreich geworden sind. Die Unternehmensberatung mm1 und die WHU Otto Beisheim School of Management haben daher eine umfangreiche Studie gemeinsam mit 25 Venture Capital Unternehmen in Europa durchgeführt, um im Detail zu verstehen, wo die New-Business-Herausforderungen liegen und wie nicht nur Start-ups, sondern gerade auch etablierte Unternehmen ihren New-Business-Erfolg deutlich steigern können.
Die Studie hat gezeigt, dass der New-Business-Erfolg in einer zunehmend digitalen Welt immer schwieriger zu erreichen ist. Die vier Haupterkenntnisse sind dabei:
1. Der grosse New-Business-Erfolg ist die grosse Ausnahme: Nur eine von 1000 New-Business-Konzepten wird zum angestrebten Erfolg
Seit einigen Jahren gibt es eine grosse Begeisterung für Start-ups. Fast jedes Grossunternehmen hat einen Inkubator, einen Accelerator oder eine «Garage» gegründet. New Business Tools oder Methoden wie der «Business Model Canvas» oder «Lean Start-up» stossen auf sehr grosses Interesse. Dass die Realität aber eine ganz andere ist und die New-Business-Erfolgschancen zumeist stark überschätzt werden, zählt zu den wichtigsten Ergebnissen der Studie. Die Realität zeigt, dass bei Venture-Capital-Unternehmen nur eines von Tausend (Quote 0.1 Prozent) eingereichten New-Business-Konzepten ein grosser Erfolg wird, und einen neugeschaffenen Unternehmenswert von grösser als 50 Millionen Franken erzielt. Die meisten Vorschläge werden aufgrund zu geringer Erfolgschancen früh aussortiert und nur 0.4 Prozent aller eingereichten New-Business-Konzepte erhalten überhaupt eine Venture-Capital-Finanzierung.
2. Für immer mehr Wachstumsgeschäfte gilt «The Winners take it all»: Es gibt nur wenige Gewinner, diese sind dafür extrem erfolgreich
In den meisten Branchen führt die zunehmende Digitalisierung zu einem paradoxen Effekt: Auf der einen Seite ist es einfacher geworden, neue Angebote zu entwickeln – auf der anderen Seite ist der unternehmerische Erfolg viel schwieriger zu erreichen, da sich der Erfolg auf immer weniger Anbieter konzentriert. Ein Beispiel: In der Schweiz gibt es aktuell knapp 3000 Banken – aber mit PayPal nur einen dominanten Online-Bezahldienstleister. mm1 nennt dies den «Winner takes it all»-Effekt. Es reicht nicht mehr aus, nur ein sehr gutes Produkt zu haben, sondern es muss schnell eine führende Position im relevanten Markt erreichen, die sich langfristig verteidigen lässt.
3. New Business ist ein Marathon und kein Sprint
Amazon wurde 1984 gegründet und erzielte den ersten Jahresgewinn erst zehn Jahre später – und in den ersten Jahren war der spätere Erfolg alles andere als sicher. Das gleiche Bild zeigt sich auch bei Apple oder Google: Die späteren enormen Erfolge sind nur im Rückblick selbstverständlich; entlang des Weges gab es viele Unwägbarkeiten und grosse Risiken. Gerade die heute weltweit erfolgreichsten Unternehmen zeigen, dass New Business ein Marathon ist, der grosses Durchhaltevermögen erfordert. In den letzten Jahren hat das Verständnis des «Winners take it all»-Effekts die Intensität des Wettbewerbs bei den grossen Themen weiter verschärft und das erforderliche Durchhaltevermögen erhöht. Denn viele Investoren sind bereit, grosse Beträge zu investieren und langjährige Verluste in Kauf zu nehmen, wenn sie die Chance sehen, anschliessend zu den wenigen Gewinnern zu gehören.
4. Für den New Business Erfolg kommt es auf sechs entscheidende Erfolgsfaktoren an
In der Studie mit den 25 Venture Capital Unternehmen konnten sechs Faktoren für den New-Business-Erfolg identifiziert werden, die in wettbewerbsorientierten Geschäften alle erfüllt sein müssen. Erstens, eine hohe Kundenrelevanz des Themas – das heisst, es muss entweder ein echtes Problem des Kunden lösen oder neue Möglichkeiten für den Kunden schaffen. Zweitens, ein grosses Marktpotenzial. Drittens, ein herausragendes Team. Viertens, ein überlegenes Produkt. Fünftens, eine führende und nachhaltig verteidigbare Marktposition und, sechstens, das erforderliche Commitment, Ressourcen und Durchhaltevermögen. Wir sehen aktuell in den «Winners take it all»-Märkten, dass der Invest in den Aufbau einer führenden Marktpositionen genauso viel Aufmerksamkeit und meist mehr Ressourcen in Anspruch nimmt, als die Entwicklung überlegener Produkte. Wer dazu nicht bereit oder in der Lage ist, braucht in vielen Märkten gar nicht mehr antreten.
Da New Business immer schwieriger wird und immer grössere Einsätze erfordert, sind folgende Vorgehensweisen empfehlenswert:
Mehr und radikalere New-Business-Ideen entwickeln
Wenn nur ein kleiner Teil der New-Business-Ideen zum Erfolg führt, dann brauchen Unternehmen mehr und auch radikalere New-Business-Ideen. Das bedeutet gerade nicht, dass alle Ideen dann auch realisiert werden. Es bedeutet aber schon, dass man mit der gleichen Radikalität an das Thema New Business herangeht, wie potenzielle Neueinsteiger, die sich ohne die «Scheuklappen der Vergangenheit» überlegen, wie sie heutige Geschäfte umgestalten oder neue Mehrwerte für die Kunden schaffen können. Ganz so, wie es der Zen-Meister Shrunryu Suzuki formuliert: «Der Neuling kann sich viele Möglichkeiten vorstellen, der Experte nur noch wenige».
Die Ideen mit der gleichen Strenge bewerten und optimieren wie Venture-Capital-Unternehmen
Mit der gleichen Radikalität an das Thema New Business heranzugehen wie potenzielle Neueinsteiger bedeutet auch, die New-Business-Ideen dem gleichen strengen Auswahlprozess zu unterziehen, um die Ideen mit dem grössten Potenzial herauszufiltern.
«Ganz oder gar nicht» bei der Umsetzung grosser New-Business-Themen
Der «Winners take it all»-Effekt verändert das New-Business-Spielfeld in einer zunehmend digitalen Welt. Denn die Bereitschaft für hohe Investitionen in die grossen Themen ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Wenn sich Unternehmen mit ihren New-Business-Konzepten in einem solchen Umfeld befinden, dann gilt «ganz oder gar nicht. Wem es gelingt, frühzeitig eine starke Marktposition zu erreichen und diese kontinuierlich auszubauen, hat gute Chancen, im New-Business-Wettstreit vorne zu liegen – Vorsicht und Zurückhaltung sind in einer zunehmend digitalen Welt also der falsche Weg. «Ganz oder gar nicht» lässt sich dabei in drei Bestandteile runterbrechen: schnelle Fortschritte in der Produktentwicklung und am Markt, Weitblick und Commitment zu einer langfristigen Perspektive und zum voraussichtlichen Ressourceneinsatz und die beste Mannschaft beziehungsweise das beste Know-how, auch wenn diese noch nicht in der eigenen Organisation vorhanden sind.
Diese Themen bedeuten gerade für mittelständische Unternehmen grosse Herausforderungen. Die «New Business Checklist» und die «New Business Formula» von mm1 sind hier hilfreich. Mit der «Checklist» können New-Business-Konzepte entlang der sechs Erfolgsfaktoren anhand von 30 Fragen detailliert analysiert und Verbesserungsbedarfe systematisch ermittelt werden. Darauf aufbauend bietet die «New Business Formula» einen agilen Prozess und wirkungsvolle Methoden, um die New-Business-Konzepte gezielt zu verbessern und zum Erfolg zu führen.