Seit Jahrzehnten geniesst das Restaurant Stucki weit über die Grenzen hinaus den Ruf, aussergewöhnliche Kochkultur mit grosser Gastlichkeit zu verbinden. Seit Tanja Grandits 2008 auf dem Bruderholz das Szepter übernommen hat, kam eine neue kulinarische Dimension dazu. Mit ihrer kreativen Aromaküche kochte sie sich nicht nur in die Herzen ihrer Gäste, sondern begeisterte auch die Kritiker. Aktuell 2 Michelin Sterne und 18 Punkte des Restaurant Guides GaultMillau, der gleichzeitig Tanja Grandits den Titel Koch des Jahres 2014 verlieh, sind das Resultat.
Aufgewachsen im süddeutschen Albstadt studierte Tanja Grandits zunächst einige Semester Chemie, bevor sie sich der Gastronomie zuwandte und eine Kochlehre im renommierten Luxushotel Traube Tonbach absolvierte. Schon damals war sie von Gewürzen und Zutaten fasziniert, eine Leidenschaft, die sie künftig nicht mehr los lassen sollte. Ihr Berufsweg führte sie nach London ins Nobelhotel Claridge‘s und ins südfranzösische Château de Montcaud in Bagnol-sur-Cèze, wo sie auch René Graf kennenlente. 2001 eröffneten die beiden in Eschikofen (TG) das Thurtal und Tanja Grandits wurde mit ihren Aroma-Kreationen schnell zu einer viel beachteten Gastronomin, die 2006 vom GaultMillau zur «Köchin des Jahres» gewählt wurde.
2008 übernahm sie dann als Pächterin das Stucki auf dem Bruderholz, wo sie ihre kreative Aroma-Küche vervollkommnete und weiter entwickelte. Dabei komponiert sie eine Harmonie aus Gegensätzen, bei der sich alles um Gewürze und Farbe dreht, wo gelungene Würzkombinationen süss und scharf vereinen und dabei dem Gaumen auf fast schon spielerische Weise erstaunliche, sinnliche Erlebnisse offenbaren und sprichwörtlich den (Geschmacks-) Nerv ihrer Gäste treffen.
Tanja Grandits ist nicht nur eine Künstlerin am Herd, sie hat auch einige Kochbücher in Zusammenarbeit mit dem renommierten Food-Fotografen Michael Wissing herausgegeben. «Aromapur», «Alles Klar – im Glas gekocht, im Glas serviert», «Eingemacht & Ausgepackt Geschenke aus meiner Küche» und der von der Gastronomischen Akademie Deutschlands mit Gold ausgzeichnete Titel «Gewürze» sind allesamt Bestseller geworden und dokumentieren nicht nur die schier grenzenlose Kreativität von Tanja Grandits, sondern sind auch eine Quelle der Inspiration für alle, die sich für aussergewöhnliche Gerichte interessieren oder sich sogar selbst als Koch probieren wollen.
Ihre Aromenküche kann man aber nicht nur im Restaurant geniessen. Die Spitzenköchin hat sie zusätzlich in der TANJA GRANDITS COLLECTION in 83 Produkte verpackt, die mit viel Herz und Sorgfalt in Basel hergestellt werden. Von der Linsensuppe bis zum köstlichen Zimtblüte Fencheltee, aber auch selbst gebackenes Brot oder von besten Lieferanten geliefertes Fleisch oder Fisch ist alles im schönen Delikatessladen im Stucki Basel erhältlich.
Im Interview mit dem Geschäftsführer spricht Tanja Grandits über ihren Werdegang, ihre Motivation, immer wieder Neues auszuprobieren, aber auch wie sie mit Druck umgeht oder die Mehrfachbelastung als Köchin, Unternehmerin, Autorin und Mutter bewältigt.
Geschäftsführer: Hans Stucki hat mir vor vielen Jahren erzählt, dass er nach getaner Arbeit im Restaurant zuhause durchaus auch mal eine Dose mit Spargeln aufmacht und ein paar Spargelbrötchen vertilgt. Geht es bei Ihnen zu Hause auch so frugal zu und her?
Tanja Grandits: (lacht) Das kommt schon öfters vor, dass ich für meine Tochter und mich Spaghetti mit einer einfachen Tomatensauce oder Gschwellti mit Käse – allerdings eher gehobener Provenienz, ich habe ja Zugang zu einer grossen Auswahl – serviere!
Immer noch scheint Spitzengastronomie mehrheitlich fest in Männerhand zu sein – sind Männer die besseren Köche als Frauen?
Das glaube ich nicht. Viel mehr hat es damit zu tun, dass Gastronomiebetriebe teilweise schwere körperliche Arbeit und familienunfreundliche Arbeitszeiten mit sich bringen, was gerade für Frauen mit Kindern nicht einfach zu managen ist. Ausserdem geht es in der Küche oft hektisch zu und her und der Umgangston ist dementsprechend. Ich habe in London als einzige Frau zusammen mit 50 Männern gearbeitet und weiss, von was ich rede! Glücklicherweise bin ich mit einem dicken Fell gesegnet, bin gesund und kann gut mit Stress und Druck umgehen. Ich stelle auch fest, dass in letzter Zeit immer mehr junge und talentierte Frauen sich in dieser vermeintlichen Männerdomäne durchsetzen. Für mich basiert die Arbeit in der Küche vor allem auch auf Teamwork, wo die verschiedenen Rädchen in sich greifen müssen, und wenn man als Frau Leistung erbringt, wird das auch von den Männern akzeptiert.
Mit Stress bei der Arbeit umgehen ist das Eine, wie sieht es aber mit dem Druck und den Erwartungen aus, die entstehen, wenn einem die Kritik zum Beispiel zum Koch des Jahres wählt?
Ich empfinde keinerlei diesbezüglichen Druck. Natürlich bin ich stolz auf Auszeichnungen, freue mich darüber und weiss auch, dass sie für das Geschäft wichtig sind. Aber sie sind nicht der Antrieb für meine Arbeit. Meine Kreationen kommen aus mir heraus und es liegt in meiner Natur, ständig neue Sachen auszuprobieren und zu komponieren.
Sie haben mal Chemie studiert, inwieweit spielen solche Kenntnisse eine Rolle für Ihre Arbeit?
(lacht) Vordergründig natürlich keine, Chemie werden Sie in meinen Gerichten vergeblich suchen! Aber tatsächlich hat Kochen natürlich auch mit chemischen und physikalischen Prozessen tun. Lebensmittel, Gewürze, Aromen verändern sich durch die Zubereitung, durch das Erwärmen oder das Zusammenfügen verschiedener Komponenten, und ich kenne diese Prozesse.
Sie sind im Schwabenland aufgewachsen, das ja, wie ich mir sagen liess, für seine deftige Küche bekannt ist – das scheint Sie doch eher weniger geprägt zu haben?
Das stimmt. Meine Mutter hat sehr rustikal gekocht und ich bin mit Schweinebraten, Linsen und Spätzle gross geworden. Aber offenbar war das nicht so mein Stil, denn ich habe schon als Teenager begonnen, diese Gerichte abzuwandeln und zu modifizieren.
Was hat Sie dann geprägt?
Ich würde nicht von einer eigentlichen Prägung sprechen, sondern von einem permanenten Aufsaugen von Gerüchen und Eindrücken. Ich reise viel in ferne Länder, zum Beispiel nach Vietnam, das noch ehesten meinen Vorstellungen einer Lieblingsküche entspricht, denn dort ist das Essen so leicht, würzig und warm. Da gibt es als Gegenpol zu den Gewürzen frische Kräuter, keine Fertigprodukte und alles wird frisch gekocht – einfach grossartig und eine unglaubliche Inspiration für mich. Aber es gibt überall auf der Welt immer wieder Neues zu entdecken. Und je mehr ich kenne, desto mehr kann ich auch verschiedene Dinge zusammenbringen, kombinieren und komponieren. Daraus entstehen neue Geschmackskombinationen, und das ist es, was mich fasziniert und die Grundlage für meine Kreationen ist.
Ihr Name steht vor allem für die sogenannte Aroma-Küche – was fasziniert Sie an Aromen?
Natürlich sollte man nur die qualitativ besten Lebensmittel verwenden. Gewürze und Aromen geben den Gerichten zusätzliche Tiefe und Zauber. Gewürze stimmen froh und schmeicheln nicht nur dem Gaumen, sondern vor allem der Seele.
… und dem Bauch? …
… natürlich. Es gibt übrigens Forscher, die sprechen vom so genannten Bauchgehirn quasi als eine Kopie des Gehirns, denn die Zelltypen des Magen-Darmtraktes seien identisch mit denen des Gehirns und kommunizieren miteinander über ihre eigenen Botenstoffe. Das Bauchgehirn sendet Informationen vom Bauch an das Großhirn und ist somit auch wichtig für Stimmungen und Emotionen.
Stimmt der Ausspruch «das Auge isst mit» ?
Definitiv, und ich rede dabei nicht vom «mise en place», sondern vor allem vom Faktor Farbe, der bei meinen Kreationen neben den Gewürzen und Aromen eine wichtige Rolle spielt. Jedes Gericht hat seine eigene Farbe, verschiedenfarbige Beilagen auf einem Teller gibt es nicht. Das bringt Harmonie und man kann sich besser auf den Geschmack konzentrieren. In der Folge der Speisen wechseln auch die Farben. Dahinter steckt eine regelrechte Dramaturgie, alles ist immer durchdacht, mutig, heiter und harmonisch auf dem Teller arrangiert. Ich möchte, dass sich alles rund präsentiert, deshalb mag ich auch keine eckigen Teller!
Wie entstehen Ihre Kreationen, durch Ausprobieren oder im Kopf?
Meine Kreationen entstehen im Kopf. Ich bin glücklicherweise mit der Gabe gesegnet, mir vorstellen zu können, wie etwas schmeckt und welche Komponenten zusammenpassen. Ich mache mir einfach Gedanken, welche Grundprodukte, welche Gemüse, welche Gewürze, Farben und Öle ich verwenden möchte, überlege mir mögliche Zubereitungsarten und halte das auf einem Notizblock fest. Meistens geschieht das ganz spontan und ohne Plan und ich beginne dann regelrecht zu komponieren.
… die planlose Spitzenköchin? …
(lacht) So würde ich das nicht gerade formulieren. Aber in Bezug auf meine Kreativität oder die Karriereplanung stimmt das schon ein bisschen, denn ich nehme mir nicht speziell vor, ein bestimmtes Gericht zu kreieren oder ein definiertes Karriereziel zu erreichen. Viele Dinge in meinem Leben passieren einfach, weil ich es zulasse. Dann verfolge ich das aber ziemlich konsequent. Und man kann sich ja vorstellen, dass das Führen eines Gastronomiebetriebes mit rund 30 Mitarbeitenden ohne Planung nicht möglich ist. Gottseidank kann ich mich auf mein eingespieltes Team huntertprozentig verlassen, denn ohne das Engagement der Mitarbeitenden wäre das alles nicht möglich.
Die Basler gelten ja als ziemlich kritisch und zurückhaltend – welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Als ich auf dem Bruderholz angefangen habe, wusste ich das natürlich schon. Aber ich merkte schnell, dass das Publikum hier in der Region auch sehr weltoffen und interessiert ist. Und da ich mit den Gästen viel kommuniziere, ihnen meine Philosophie erkläre oder sie auch über unsere Angebot und meine TANJA GRANDITS COLLECTION im Delikatessladen informiere, haben sich schnell herzliche und persönliche Kontakte ergeben. Jedenfalls fühle ich mich von den Baslerinnen und Baslern sehr gut angenommen und bin mehr als glücklich, hier arbeiten zu können.
Weitere Informationen:
Restaurant STUCKI
Bruderholzallee 42
CH-4059 Basel
Telefon +41 (0)61 361 82 22
Telefax +41 (0)61 361 82 03
[email protected]
www.stuckibasel.ch