Die obligatorische Abwesenheitsnotiz: Wie automatisierte Antworten mit Witz und Esprit im Urlaub für Klarheit sorgen können.
Von Karsten-Thilo Raab
Die Sommerzeit ist für viele Urlaubszeit. Die Kaffeemaschine schaltet in den Stand-by-Modus. Das Quietschen und Knarren des Bürostuhls verstummt, der Computer wird runtergefahren. Selbst das Mail-Postfach schlummert vor sich hin; lediglich die automatisierte Antwort steht in permanenter Alarmbereitschaft. Sie reagiert ganz ungefragt und mit stoischer Ruhe. Willkommen in der Hochsaison der Abwesenheitsnotiz: jenem digitalen Lächeln, das uns mitteilt, dass jemand gerade lieber mit den Füßen im Sand statt am Schreibtisch sitzt.
Automatische Mailantworten im Sommer sind wie Flip-Flops im Büro – nicht jeder trägt sie mit Stil, aber irgendwie gehören sie doch dazu. Und während manche Nachrichten wie die literarische Wiedergeburt von Loriot klingen, schaffen andere es, den Absender maximal zu verwirren oder zu verärgern: „Diese E-Mail wird nicht gelesen.“ Auch ein „Ich bin bis auf Weiteres nicht erreichbar“ klingt wie ein Rätsel im Escape Room. Ist der Empfänger womöglich schwer erkrankt? Nimmt er oder sie sich eine längere Auszeit? Oder ist die Person womöglich in einem einsamen Berghotel oder einer noch einsameren Insel ohne WLAN-Empfang gestrandet?
Vorteile der Abwesenheitsnotiz
Zugegeben diese Form des digitalen „Bitte nicht stören“-Schild für das Büro- und Arbeitsleben bietet auch Vorteile. Der Absender weiß in Sekundenschnelle, dass er zeitnah keine Antwort erwarten kann oder im besten Fall, wer ihm weiter zu helfen vermag, sofern eine Vertretung in der standardisierten Antwort ausgewiesen ist. Das nennt man wohl effektives Erwartungsmanagement. Niemand wartet vergeblich auf eine Rückmeldung. Es sei denn, es poppt ein „Bin am 15. Juli zurück“ auf – und es ist bereits August. Noch schlimmer mutet lediglich ein in Anlehnung an Hape Kerkeling gewähltes, schlichtes „Ich bin dann mal weg“ an. Kein Hinweis darauf, wohin, warum oder ob man jemals zurückzukehren beabsichtigt.
Doch es geht auch mit Esprit. Eine geistreiche Abwesenheitsnotiz kostet im Vorfeld etwas Gehirnschmalz, sorgt aber nicht selten für ein Schmunzeln und vor allem dafür, dass der Empfänger im besten Fall in Gönnermanier der Nichterreichbarkeit positiv gegenübersteht. So etwa ein „Ich bin kurz mit dem Sommer durchgebrannt – aber keine Sorge, meine Mails sind treu und warten auf mich. Antwort gibt es ab dem 15.“ Durchaus augenzwinkernd klingt auch ein: „Ich bin derzeit auf Bildungsreise im Liegestuhl – Fortbildung in den Disziplinen Dolce Via und Cocktailkunde. Wieder erreichbar ab dem 21. August.“ – wobei diese Formulierung vom geneigten Leser schnell fehlinterpretiert werden könnte. Klingt Cocktailkunde doch ein wenig nach großem Alkoholgenuss. Für andere wiederum liegt der Deutungsschwerpunkt auf dem Genussaspekt.
Kreativität und Esprit sind gefragt
Ob nun mit Charme oder trockenem Pflichtgefühl – der Abwesenheitsassistent ist ein Spiegel des digitalen Selbst. Wer in den Urlaub startet, sollte nicht nur die Sonnenbrille einpacken, sondern ein kleines bisschen Kreativität in die Abwesenheitsnotiz stecken. Denn mal ehrlich: Eine originelle Antwort ist fast wie ein kleines Geschenk für die Zurückgebliebenen im Büroalltag. Wie wäre es also mit einem launigen „Ich bin derzeit auf einem Selbstfindungstrip. Bisher habe ich mich in Cafés in Tanger und Madrid gefunden, vielleicht morgen in einem Strandkorb an der Ostsee. Wieder voll verfügbar bin ich ab dem 9. September.“
Büro-Poeten würden vermutlich eher ein „Ich bin auf einer Konferenz für gedankliche Klarheit und seelisches Gleichgewicht. Der Veranstaltungsort nennt sich Balkonien“ als Auto-Reply einstellen. Derweil ist vom Büro-Nerd wohl so etwas wie „Der Absender wurde vorübergehend deaktiviert. Fehlercode: U-R-L-A-U-B. Versuchen Sie es später erneut oder wenden Sie sich an das Backup-System: [Name des Vertreters]“ zu erwarten.
Wo Sonnencremepflicht besteht
Vielleicht auch ein „Ihre E-Mail wird derzeit vom Postfach-Urlaubsmodus absorbiert. Bitte tragen Sie Ihr Anliegen erneut nach dem 1. September vor.“ Was allerdings abschreckende Wirkung haben könnte und einen negativen Eindruck von der Arbeitsmoral vermittelt. Dann doch lieber ein „Bis zum 30. bin ich auf einer intergalaktischen Mission im Entspannungsuniversum. Mein Stellvertreter auf Planet Büro ist: [Name].“
Durchaus amüsant wirken daneben Formulierungen wie „Ich bin aktuell auf dem zweiten Bildungsweg – Studium der Siesta und Praxis in Müßiggang. Antworten gibt es wieder, wenn ich meinen Abschluss habe (voraussichtlich 22. August)“ oder ein „Aktuell beschäftige ich mich intensiv mit der Erholung. Antworten gibt’s wieder ab dem 17. August, wenn mein Kaffeeverbrauch sich wieder auf Normalmaß eingependelt hat.“ Anders ausgedrückt: der Kreativität für den eigenen Abwesenheitsassistenten sind keine Grenzen gesetzt. In diesem Sinne: „Ich bin dann mal dort, wo Sonnencremepflicht besteht…“