Überall im Untergrund ist Grundwasser vorhanden, sichtbar wird es jedoch nur selten – in Quellaustritten, in Baggerseen oder in Grundwasserbrunnen. Rund 150 Milliarden Kubikmeter und damit rund 40 Prozent der Wasservorräte der Schweiz sind im Untergrund gespeichert3. Dies ist mehr als das das Doppelte der jährlichen Niederschlagsmenge in der Schweiz.
Das Grundwasser spielt eine wichtige Rolle im Wasserhaushalt. Es speist Quellen und Flüsse, die deshalb auch einige Zeit nach Niederschlägen noch Wasser führen. Verschiedene Tier- und Pflanzengesellschaften sind auf Lebensräume im Bereich des Grund- oder Quellwassers angewiesen. Gut zehn Prozent der im Untergrund gespeicherten Wassermenge oder 18 Milliarden Kubikmeter könnten theoretisch jährlich genutzt werden3. Tatsächlich nutzen wir jährlich etwa 0.75 Milliarden Kubikmeter Grund- und Quellwasser, also weniger als 10 Prozent davon (Stand 2014 – Freiburghaus 2015) und decken damit mehr als 80 Prozent unseres Wasserbedarfs.
Grundwasser bildet sich laufend neu – teils durch flächige Versickerung von Niederschlagswasser, teils durch Infiltration von Fluss- oder Seewasser in den Untergrund. Flusstäler in der Schweiz weisen gut durchlässige, kiesige Talfüllungen auf, in welchen ergiebige Grundwasservorkommen liegen. Abseits der Flusstäler sind im geklüfteten oder verkarsteten Fels ebenfalls grosse Grundwasservorkommen vorhanden.
Versickerndes Regenwasser, Fluss- und Seewasser enthalten in jedem Wassertropfen Hunderttausende von Mikroorganismen und andere Kleinlebewesen. Zudem sind organische Stoffe in erheblicher Konzentration enthalten, die grösstenteils natürlicher Herkunft sind. Daneben kommen auch Stoffe vor, die vom Menschen hergestellt und freigesetzt wurden. Beim Eintritt in den Untergrund durchquert das Wasser meist eine biologisch und chemisch sehr aktive Schicht – die belebte Bodenschicht (Humusschicht) oder die biologisch aktive Flusssohle. Hier werden Mikroorganismen wie auch gelöste Stoffe grösstenteils zurückgehalten, umgewandelt oder abgebaut6.
Planerischer Schutz und Schadstoffmonitoring
Rund um Trinkwasserfassungen werden gemäss dem Gewässerschutzgesetz Grundwasserschutzzonen ausgeschieden. Neubauten und Grabarbeiten sind hier nicht oder nur unter strengen Auflagen zulässig – unter anderem zum Erhalt der schützenden Bodenschicht. Der Transport, die Verwendung und die Lagerung von wassergefährdenden Flüssigkeiten sind reglementiert. In unserer immer dichter bebauten, durch Verkehrswege und Erschliessungen zerschnittenen Landschaft werden die Ausscheidung und der Erhalt von Schutzzonen allerdings zunehmend schwieriger.
Im Boden und im natürlichen Untergrund werden die meisten Schadstoffe zurückgehalten – aber nicht alle. Die Schadstoffbelastung des Grundwassers wird durch das Bundesamt für Umwelt (BAFU) in Zusammenarbeit mit den Kantonen im Rahmen der Nationalen Grundwasserbeobachtung NAQUA landesweit dokumentiert. In den Jahren 2004 bis 2006 wurden schweizweit rund 500 Grundwasser-Messstellen beprobt. Die Resultate wurden im «Ergebnisbericht NAQUA» 2009 dargestellt und bewertet2. Die Resultate der jüngeren Untersuchungen sind auf der Homepage des BAFU dargestellt (z. B. NAQUA 2013).
Pflanzenschutzmittel (PSM)
In 57 Prozent der untersuchten Grundwasser-Messstelle wurden 2013 Spuren von Pflanzenschutzmitteln (PSM) festgestellt (NAQUA 2013). Dies ist wenig erstaunlich, werden doch etwa 25 Prozent der Fläche in der Schweiz landwirtschaftlich genutzt, davon etwa 38 Prozent intensiv, als Ackerland oder Kunstwiese (Bundesamt für Statistik 2015). Zwar liegen die Konzentrationen durchwegs im Spurenbereich unterhalb von 1 µg/l (ein Mikrogramm pro Liter = Millionstel Gramm pro Liter). Der Anforderungswert der Gewässerschutzverordnung (GSchV) von 0.1 µg / l pro Einzelsubstanz wurde aber von 16 verschiedenen Wirkstoffen und ihren Abbauprodukten mindestens ein Mal überschritten. Es handelte sich grösstenteils um Abbauprodukte der beiden Herbizide Chloridazon und Metolachlor. Die Konzentrationen des 2011 verbotenen, aber im Untergrund immer noch vorhandenen Atrazins und der Abbauprodukte von Atrazin weisen inzwischen rückgängige Konzentrationen auf und überschreiten den Anforderungswert der Gewässerschutzverordnung nur noch ganz vereinzelt. Erhöhte Belastungen liegen schwergewichtig in ackerbaulich intensiv genutzten Gebieten im Mittelland, im Rhonetal, im Tessin und im Jura – aber auch in städtischen Gebieten, wo Biozide bei der Umgebungspflege von Gebäuden und Verkehrsflächen zur Anwendung kommen. Zudem werden Herbizide und Pestizide in der Bausubstanz eingesetzt, zum Schutz von Fassaden und Dächern vor Algen- und Pilzbewuchs. So ist zum Beispiel das Herbizid MCPP («Mecoprop») im Regenabwasser von Siedlungen nachweisbar und in Spuren bereits auch im Grundwasser angekommen.
Zwar stellen die PSM in den gemessenen Konzentrationen gemäss heutigem Wissensstand für den Menschen nur eine vernachlässigbar kleine Gesundheitsgefährdung dar7. Die Spurenverunreinigungen im Grundwasser sind dennoch nicht unbedenklich, zumal die Wechselwirkungen der einzelnen Stoffe untereinander noch nicht im Detail bekannt sind.
Erhöhte Nitratgehalte
In Wald- und Berggebieten liegen die Nitratgehalte des Grundwassers generell unter 10 mg/l. Im Mittelland werden meistens deutlich höhere Gehalte festgestellt. Schweizweit wurde der Anforderungswert der GSchV von 25 mg/l in 15 Prozent der Grundwasser-Messstellen mindestens einmal überschritten (NAQUA 2013). Vereinzelt wurde auch der Trinkwassertoleranzwert der Fremd- und Inhaltsstoffverordnung (FIV) von 40 mg/l überschritten. Wasser mit Nitratgehalten über 40 mg/l ist für die Ernährung von Säuglingen ungeeignet, da es deren Gesundheit schädigen kann. Zudem besteht der Verdacht, dass es zu krebserregenden Substanzen umgewandelt werden kann1. Die erhöhten Nitratgehalte sind in erster Linie auf die Auswaschung landwirtschaftlich intensiv genutzter und gedüngter Ackerböden zurückzuführen. Seit mehr als 20 Jahren werden daher Anstrengungen zur Reduktion der Nitrat-Auswaschung unternommen, zum Beispiel durch Anpassungen der Landbewirtschaftung. Seit wenigen Jahren können gebietsweise sinkende Belastungen des Nitratgehaltes beobachtet werden5.
Spurenstoffe aus dem Abwasser
In Oberflächengewässern wurden neben PSM auch zahlreiche Rückstände von Nahrungsmittelzusätzen, Arzneimitteln, Reinigungsmitteln, Körperpflegeprodukten, Bioziden und technischen Stoffen mit «hormonartiger» Wirkung festgestellt7. Sie stammen aus Haushalt, Industrie und Gewerbe und werden in den heutigen Kläranlagen (ARA) nur zum Teil zurückgehalten. Trotz ihrer tiefen Konzentrationen wirken sich diese Mikroverunreinigungen zum Teil nachteilig auf die Umwelt aus8. Einige davon sind bereits in extrem tiefen Konzentrationen gesundheitsschädlich und können sich in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken, wobei die Auswirkungen im Detail nicht bekannt sind7. Das Parlament hat daher 2014 beschlossen, 100 ausgewählte ARA mit einer weiteren Reinigungsstufe auszurüsten, welche die Mikroverunreinigungen aus dem Abwasser entfernen soll. In einzelnen ARA sind bereits Pilotanlagen im Betrieb. Zudem wird mit der Umsetzung des 2011 revidierten Gewässerschutzgesetzes der Gewässerraum ausgeweitet, was den direkten Eintrag von Insektiziden und Pestiziden ins Fliessgewässer ebenfalls vermindern wird.
Im Grundwasser wurden bisher nur einzelne Mikroverunreinigungen in sehr geringer Konzentration festgestellt, so zum Beispiel im Grundwasser entlang der stark mit Abwasser belasteten Glatt im Zürcher Unterland7. Hier wurden synthetische Süssstoffe festgestellt, insbesondere Acesulfam, sowie einzelne Arzneimittel und technische Stoffe mit «hormonartiger» Wirkung, unter anderem Bisphenol-A. Die Gehalte dieser Stoffe lagen durchwegs unter 0.2 µg/l und damit in einem Bereich, in welchem gemäss heutigem Kenntnisstand auch bei regelmässigem Konsum keine gesundheitliche Beeinträchtigung zu erwarten ist4. Dennoch ist eine Belastung des Grundwassers und damit des Trinkwassers mit diesen Stoffen aus vorsorglichen Gründen möglichst zu vermeiden.
Emissionen von Altlasten
Auch Altlasten können Schadstoffbelastungen des Grundwassers verursachen. Chlorierte Lösungsmittel wurden ab 1960 verbreitet zur Entfettung eingesetzt, unter anderem in der metallverarbeitenden Industrie und in chemischen Reinigungen. Chlorierte Lösungsmittel versickern besonders leicht in den Untergrund. Sie können zudem auf dem Luftweg verfrachtet werden und grossflächig in den Untergrund gelangen. In Siedlungsgebieten werden schweizweit fast überall Spuren von chlorierten Lösungsmitteln im Grundwasser gemessen. Die Anforderungswerte der GSchV für Grundwasser wurden im Zeitraum 2004 – 2006 in etwa sieben Prozent der Standorte überschritten2. Aufgrund von punktuell hohen Belastungen mit Überschreitung von FIV-Grenzwerten mussten in den 1990er-Jahren einzelne Grundwasserfassungen sogar stillgelegt werden. Chlorierte Lösungsmittel können Organschäden verursachen und sind teilweise krebserregend. Sie wurden in den letzten Jahrzehnten durch andere Produkte ersetzt, was unter anderem durch Lenkungsabgaben erreicht wurde. Die Spurenkonzentration der chlorierten Lösungsmittel weist seither eine sinkende Tendenz auf.
Undichte Deponien können ebenfalls Schadstoffe ins Grundwasser emittieren. Durch aufwändige Einbauten in den Untergrund oder durch hydraulische Barrieren kann das schadstoffbelastete Grundwasser fallweise von den Fassungen ferngehalten werden. In Einzelfällen müssen Fassungen aufgegeben oder verlegt werden. Altlasten sollen gemäss dem Programm des BAFU innerhalb der kommenden Generation saniert werden, das heisst, die Schadstoff-Emissionen ins Grundwasser sollen unterbunden und damit das Problem an der Quelle gelöst werden.
Natürliche Schadstoffe
Regen- und Flusswasser sind relativ schwach mineralisiert. Im Untergrund tritt das Grundwasser mit den umgebenden Gesteinen in Wechselwirkung und löst einen Teil der enthaltenen Mineralien. In den kiesigen Grundwasserleitern des schweizerischen Mittellandes werden unter anderem Kalziumkarbonat und Magnesiumkarbonat gelöst – das Grundwasser wird nach und nach härter. Für den Trinkwasserkonsum ist dies unbedenklich oder sogar erwünscht, für die technische Verwendung ist hartes Wasser aufgrund möglicher Kalk- Ablagerungen unerwünscht. Stark salziges und Sulfat-haltiges Wasser ist aufgrund seiner korrosiven Wirkung in technischer Hinsicht problematisch.
Je nach chemischem Milieu und Gesteinszusammensetzung können auch Schwermetalle in Lösung gehen, zum Beispiel Arsen oder Uran. Weltweit stellt die Kontamination von Wasserressourcen mit natürlichem Arsen ein grosses Gesundheitsproblem dar, von welchem mehr als 200 Millionen Menschen betroffen sind9. Wird ein Arsengehalt von 10 µg/l im Trinkwasser für längere Zeit überschritten, so drohen zum Beispiel chronische Schädigungen der Haut und des Immunsystems, welche mit Krebserkrankungen einhergehen. Uran schädigt auch die Nieren. Zudem kann seine natürliche Radioaktivität Krebs verursachen.
In der Schweiz wurde das Trinkwasser erst in einigen Kantonen breit auf Arsen und Uran untersucht9. Dabei wurden in sieben Prozent der Proben Arsengehalte über 10 µg/l und in 0.3 Prozent der Proben Urangehalte über 30 µg/l festgestellt. Vereinzelte Mineralquellen weisen noch höhere Gehalte auf. Die WHO (World Health Organisation) empfiehlt Grenzwerte für Arsen und Uran von je 10 µg/l. In der Schweiz wurde im Jahr 2014 der Arsen-Grenzwert von 10 µg/l in die FIV übernommen. Für Uran wurde der Grenzwert auf 30 µg/l festgelegt. Die Wasserversorgungen haben eine Übergangsfrist bis Ende 2018, um Massnahmen zur Einhaltung dieser Grenzwerte zu treffen. Hochschulen und Wirtschaft arbeiten an der Entwicklung von kostengünstigen Aufbereitungsanlagen zur Abscheidung der Schwermetalle aus dem Trinkwasser9.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Schweiz ist aus klimatischen und topografischen Gründen in der glücklichen Lage, über grosse Grundwasser-Ressourcen von überwiegend sehr guter Qualität zu verfügen. Der Bedarf an qualitativ einwandfreiem Trink- und Brauchwasser kann insgesamt mit wenig Aufwand gedeckt werden. Die Gehalte an Schadstoffen sind grösstenteils so gering, dass eine Gesundheitsgefährdung durch Trinkwasserkonsum gemäss heutigem Kenntnisstand auszuschliessen ist. Dies ist einerseits auf das natürliche Reinigungsvermögen des Untergrundes und auf den planerischen Grundwasserschutz zurückzuführen. Zudem werden Belastungen durch gesetzliche Vorschriften, Anreize, Lenkungsabgaben und technische Massnahmen möglichst an der Quelle reduziert und sollen aus vorsorglichen Gründen noch weiter vermindert werden. Der Erfolg tritt dabei häufig verzögert ein. Der Erhalt der Grundwasserqualität erfordert ein langfristiges Denken und Handeln.
Die vorhandenen Belastungen des Grundwassers werden von den zuständigen Behörden weiterhin aufmerksam verfolgt. Nicht nur für Nitrat, sondern auch für Pflanzenschutzmittel und im Fassadenbereich eingesetzte Biozide fordern sie eine Senkung der Belastungen2. Zwar werden Produkte und Wirkstoffe vom Markt genommen oder verboten, wie z. B. das Atrazin. Es werden jedoch laufend auch neue Wirkstoffe zugelassen, wovon sich immer wieder einige als problematisch erweisen – trotz sorgfältiger Prüfung durch die Zulassungsbehörde. Eine relevante Abnahme der Belastungen durch Pflanzenschutzmittel ist bisher nicht erkennbar.
Quellen
1) Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft AWEL Kt. ZH (2006): Wasserqualität der Seen, Fliessgewässer und des Grundwassers
2) Bundesamt für Umwelt BAFU (2009: Ergebnisse der Grundwasserbeobachtung Schweiz (NAQUA). Zustand und Entwicklung 2004–2006. BAFU, 2009.
3) Sinreich M., Kozel R., Lützenkirchen V., Matousek F., Jeannin P.-Y., Löw S., Stauffer F. (2012): Grundwasserressourcen der Schweiz. Aqua & GAS 12/09.
4) Bundesamt für Gesundheit BAG (2012): Umgang mit nicht geregelten Fremdstoffen im Trinkwasser. Leitfaden des BAG erstellt in Zusammenarbeit mit dem BAFU.
5) Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft AWEL, Kt. ZH (2012): Zürcher Gewässer 2012 – Zustand – Entwicklung – Ausblick.
6) Kozel R. (2013): Grundwasser in der Schweiz. aqua viva 2/2013.
7) Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft AWEL Kt. ZH (2013): Mikroverunreinigungen in der Glatt und im Grundwasser des Glattales. Ergebnisse der Untersuchungskampagne 2012/13. Schriftenreihe Umweltpraxis, Baudepartement Kt. Zürich.
8) Bundesamt für Umwelt BAFU/Wasser/Abwasserreinigung (2014): Moderne Abwasseranlagen halten auch Spurenstoffe zurück.
9) Bohrer P., Hug St., Sonderegger R. (2015): Entfernung von Arsen und Uran. Aqua & Gas 4/2015.
Weitere Informationen:
www.jaeckli.ch