© Automobili Pininfarina

Mit eleganten Linienführungen und rassiger Eleganz bereichert das renommierte italienische Designstudio «Pininfarina» seit fast 95 Jahren die Autowelt mit extravaganten Entwürfen. Die Geschichte begann im Jahr 1930, als der Gründer Battista «Pinin» Farina sich zum Ziel setzte, sich auf Design und die Details von luxuriösen Sportwagen in limitierter Auflage zu konzentrieren. Die grösste Bekanntheit erlangte die Turiner Karosserie schmiede mit ihren Arbeiten für Ferrari, wenngleich von Pininfarina über 1200 Autos – vom Sportwagen bis zum
Kleinwage – entworfen wurden. PRESTIGE sprach mit dem Chefdesigner des Unternehmens, Dave Amantea, über die verantwortungsvolle Aufgabe als Designer und die epochalen Entwicklungen im Zeitalter der Elektroautos.

PRESTIGE BUSINESS: Herr Amantea, das Jahr 2023 war von zahlreichen Awards für Pininfarina geprägt, und das Jahr 2024 hat bereits mit drei Auszeichnungen begonnen. Ich nehme an, es geht Ihnen gut?
Dave Amantea: Ich bin unglaublich glücklich über die Auszeichnungen, welche wir in den letzten Jahren bei Automobili Pininfarina erhalten haben. Gewiss entsteht dadurch ein enormer Druck, dem Namen Pininfarina gerecht zu werden, aber ich glaube wirklich, dass unsere Vorfahren stolz darauf wären, was wir bislang erreicht haben.

Glück empfinden, aber vermutlich entsteht zugleich ein gewisser Erwartungsdruck …
Der benannte Druck entsteht natürlich, weil wir die Geschichte des Unternehmens mit dem lang gehegten Traum des Gründungsvaters, ein eigenes Pininfarina-Auto zu entwickeln, nun in eine neue Ära gebracht haben. Mit dem Elektro-Hypercar «Battista» wurde dieser Traum im Jahr 2018 vollbracht und fortan steht «Designed and produced by Pininfarina» nicht nur auf der Karosserie von anderen Autos, sondern ebenfalls auf unseren selbst
entwickelten Autos.

Der Zeitalter der Elektrifizierung wird sicherlich neue spannende Möglichkeiten in der Automobilgeschichte ermöglichen. Wir stehen gegenwärtig an einem bedeutsamen Punkt in der technologischen Entwicklung und die Elektrifizierung ist der Funke, der es uns ermöglicht, noch weitere 100 Jahre Designgeschichte zu schreiben. Automobili Pininfarina möchte in diesem «Rennen der Giganten» nicht auf Platz zwei kommen, sondern Pionier sein. Das elektrische Zeitalter hat gerade erst begonnen, und das Beste steht uns noch bevor. Mit dem «Battista» wollten wir für Furore sorgen und einen Meilenstein in der Geschichte von Pininfarina setzen. Es war das erste italienische Elektro-Hypercar das zugelassen wurde – mit hypermodernen Technologien und einer fesselnden Silhouette, welche zugleich das Erbe der Vergangenheit von Pininfarina würdigt. Dieses Auto ist bereits
jetzt eine Ikone und daher sind die Erwartungen dementsprechend auch sehr hoch.

Kann man nach ein paar Jahren auf dem Markt bereits von einer Ikone sprechen?
Wenn wir über eine Ikone sprechen, betrifft das nicht nur das Design, sondern eine Reihe von Faktoren, die zusammen eine elementare Rolle spielen. Mit dem «Battista» war es unser Ziel, die beste italienische Maschine zu entwickeln: fast 2000PS gepaart mit den besten Technologien der Welt. Wir haben etwas Einzigartiges entworfen. Ausserdem werden nur 150Stück davon produziert und diese sind limitiert auf fünf Design-Editionen sowie weitere massgeschneiderte Editionen. Jeder «Battista» übertrifft alles, was wir in der Vergangenheit gesehen haben.

Der «Battista» war die Verwirklichung des Traums des Gründervaters Battista «Pinin» Farina. Laut Aufzeichnungen sagte der Visionär bereits 1959: «Die nächste Revolution in der Automobilindustrie wird sein, wenn sich die Autos von den Zwängen des Verbrennungsmotors befreien können.» Was würde er wohl sagen, wenn er das erste Auto des Unternehmens, das nach ihm benannt ist, gesehen hätte?
Ich hoffe, er würde «Wow» sagen, und ich denke, dass er mit Stolz auf uns und unser Design herabblickt. Er war ein Visionär auf seinem Gebiet – er hatte recht, als er sagte, dass dieser technologische Wandel ein weiteres Kapitel in der Entwicklung des Sektors aufschlagen wird.

Welche Bedeutung hat Pininfarinas erstes eigenes Auto für das Unternehmen?
Ich kann die Bedeutung des «Battista» gar nicht hoch genug einschätzen. Dieser Hyper-GT ist das leistungsstärkste italienische Auto, das je produziert wurde, und er ist das erste Auto, das die Marke Automobili Pininfarina trägt. Der Battista verkörpert unser Kernziel: «Dream Cars. Made Real.» Der Battista ist nicht nur schön, er ist auch der Schlüssel zur Geschichte einer erstaunlichen und ikonischen Familie.

Im Jahr 2023 hat Automobili Pininfarina gleich drei Autos vorgestellt. Wofür stehen diese drei neuen Modelle?
Das Jahr war sensationell und es wurden ebenfalls drei sensationelle Fahrzeuge vorgestellt: der «Battista Edizione Nino Farina», der «B95 Barchetta» und das Designkonzept «PURA Vision». Der «Battista» war die erste Brücke vom Jahr 2019 in die Gegenwart, der «PURA Vision» ist die Vorlage für die Zukunft und schlägt die Brücke von der Vergangenheit in die Zukunft. Der «B95», unsere Hyper-Barchetta, ist der erste Beweis dafür, wie wir die
«PURA Vision» in unsere Entwürfe einfliessen lassen.

Der Begriff «PURA Vision» ist nun ein paar Mal gefallen. Sie sind quasi der «Pate» dieser Designphilosophie, die als Inspirationsquelle für Automobili Pininfarinas zukünftiges Fahrzeugportfolio dienen wird. Können Sie uns Ihre Intentionen hinter diesem Konzept erläutern?
Die «PURA Vision» ist die Kunst des Gleichgewichts von Designzutaten, die verwendet werden, um die Schönheit der Einfachheit zu entwerfen. Unsere «PURA»-Designphilosophie umfasst die DNA der ikonischen Fahrzeuge aus der Vergangenheit von Pininfarina und interpretiert sie für eine moderne Ära neu. Sie steht für zeitloses Design, Eleganz, schöne Details und klassische Proportionen.

Der Einfluss des «PURA Vision»-Designkonzepts wuchs mit der Zeit mit dem Ziel, etwas Zeitloses zu schaffen, das die Vorlage für zukünftige Modelle bilden soll. Die ersten Entwürfe wurden im Jahr 2019 auf dem Genfer Autosalon zusammen mit einem massstabsgetreuen Modell präsentiert. Anhand des Feedbacks wurde die Vision perfektioniert, aber bedauerlicherweise bremste Covid-19 unsere Plänen – es hat uns jedoch nicht zum Stillstand gebracht. Das Konzept wurde weiterentwickelt und letztlich bot uns die Monterey Car Week 2023 die Möglichkeit, die Vision der «PURA»-Designphilosophie,
die in zwei Fahrzeugen – dem «PURA Vision Design Concept» und dem «B95 Barchetta» – verkörpert wird, zu demonstrieren.

Als der «B95» auf der Monterey Car Week vorgestellt wurde, waren der
Empfang und die Begeisterung von Presse und Publikum so, wie Sie es erwartet hatten?
Die Resonanz war erstaunlich! Es ist immer etwas nervenaufreibend zu hören, was die
Leute denken, und wir haben uns für eine mutige Art entschieden, das Fahrzeug der
Öffentlichkeit vorzustellen. Es war absolut perfekt!

Woher kam die Inspiration für das weltweit erste elektrische «Barchetta» Super Sports Car, den «B95»?
Wir haben den Geist eines Rennwagens aus den 60er-Jahren aufgegriffen, des offenen Le-Mans-Rennwagens, aber auch den futuristischen Ansatz eines modernen F1-Wagens. Die Inspiration kam jedoch auch von früheren Pininfarina-Modellen wie dem Maserati «Birdcage 75th Anniversary», dem Ferrari «Testarossa Lamelles», dem Pininfarina «Abarth Prototyp» und natürlich dem «Pura Vision» und dem «Battista».

Automobili Pininfarinas Engagement für Designinnovationen und dessen Führungsrolle im Bereich der Luxus-Elektrofahrzeuge ist kaum zu übertreffen.
Welche Herausforderungen gilt es zu bewältigen, um den Vorsprung gegenüber der Konkurrenz zu halten?
Wir arbeiten daran, die nächsten 100Jahre des Erfolgs des Familiennamens zu gestalten. Die wichtigste Herausforderung besteht darin, als Erster ein Risiko einzugehen. Zum Beispiel die Entwicklung eines hyperelektrischen Autos mit fast 2000PS, das die Vergangenheit respektiert, aber in die Zukunft blickt.

Gibt es eine andere Kategorie von Autos, mit denen Automobili Pininfarina spekuliert?
Das ist in der Tat eine sehr häufige Frage und wenn man bedenkt, dass es nur 150
Personen gibt, die einen Battista kaufen können, ist es zurecht auch eine legitime
Frage. Wir produzieren erst seit fünf Jahren Autos im eigenen Namen, haben zwar eine
Meile an Entwicklung zurückgelegt, der Weg ist jedoch noch lang. Daher lautet die
Antwort auf die Frage: Ja, und wir werden Schritt für Schritt etwas unternehmen, um
die Stückzahlen zu vergrössern. Dennoch wollen wir unsere «Pininfarina-Seele» bewahren und den Fokus auf limitierte Serien von Fahrzeugen legen.

Sie wurden kürzlich von Bloomberg Businessweek als eine von nur 50 Personen auf der «Ones to Watch»-Liste 2023 genannt. Welche Gefühle löst das in Ihnen aus, wenn Sie an die Verleihung dieser ehrenvollen Auszeichnung denken?
Ich fühle mich geehrt, eine solche Nominierung zu erhalten. Es ist der Lohn für all die Anstrengungen, die ich unternommen habe, um so weit zu kommen, wie ich jetzt bin. Gleichwohl geht ein grosses Dankeschön an mein Team, denn es ist meine Geheimwaffe, die es mir ermöglicht, vor allen anderen zu glänzen. Dies ist jedoch keineswegs der Endpunkt, sondern der Anfang.

Als Designer müssen Sie Ihrer Zeit immer voraus sein und die Trends von morgen schon heute erkennen. Wie funktioniert das?
Das ist eine grossartige Frage, und ich könnte gewiss drei Stunden lang darüber reden. Ehrlich gesagt, geht es um Vision, Intuition und ein bisschen Glück. Ich betrachte etwas gerne aus allen Blickwinkeln und denke darüber nach, wie ich in Zukunft leben werde.

Wann betrachten Sie ein Fahrzeug als besonders erfolgreich?
Wenn ein Auto als schön erkannt wird, ist das ein Erfolg. Aber noch mehr, wenn ein Auto mit einer kulturellen Bewegung oder einer Epoche verbunden wird. An diesem Punkt
wird es zu einer Design-Ikone, was ein sehr seltener und besonderer Moment ist.

Welches Auto hat Sie am meisten beeindruckt, als Sie jung waren?
Es gibt sehr viele schöne Autos, von denen ich seit der Kindheit träume, jedoch wird mir immer eine Begegnung in Erinnerung bleiben: Ich war ungefähr acht Jahre alt und mit meinem Vater unterwegs. Auf einem grossen Areal standen sehr viele Autos herum und hier entdeckte ich einen Ferrari Testarossa. Es war «Liebe auf den ersten Blick». Wie das Schicksal es so wollte, liess mich der Besitzer in das Auto sitzen, während er den Motor
startete. In diesem Moment war es um mich geschehen – und fast 30 Jahre später kann ich zurückblicken und Dankbarkeit dafür empfinden, dass ich für ein Unternehmen arbeiten darf, das dieses Auto entworfen hat.

Somit können wir festhalten, dass Pininfarina der Grund dafür ist, dass Sie Autodesigner geworden sind?
In der Tat kann ich diese Frage mit Ja beantworten, und es ist ein grosses Privileg für mich, als Chefdesigner für Automobili Pininfarina tätig zu sein. Es ist sogar fast wie ein Schicksal,
denn ich wurde in Turin geboren und ging dort sogar auf die Pininfarina-Schule.

Was sind die grössten Vorteile in Bezug auf die künstlerische Freiheit und die Möglichkeiten beim Design eines Elektroautos im Vergleich zu einem Auto mit Verbrennungsmotor?
Die Architektur eines Elektroautos bietet eine gewisse Freiheit, die es uns ermöglicht, eine schöne Silhouette zu gestalten und einen unglaublich niedrigen Schwerpunkt zu erreichen. Ich versuche, ein Designer zu sein, was etwas anderes als ein Künstler ist. Der Grossmeister des italienischen Autodesigns, Herr Giugiaro, sagte mir, dass Künstler ein gutes Händchen für Skizzen und gute Ideen haben, aber Designer haben die Kontrolle über die Gesamtsituation. Und obwohl Künstler mehr künstlerisches Geschick haben, sind Designer geschickt darin, Konzepte vom Papier in die Produktion zu übertragen und dabei dem Geist des Originals treu zu bleiben. Hinzu kommt die fantastische Arbeit, welche unsere Ingenieure geleistet haben, um unseren Kunden das bestmögliche Fahrerlebnis zu bieten.

Und wenn Sie keine Autos designen würden, was dann?
Mein absoluter Traum wäre, zusammen mit dem legendären «Hollywood-Designer» Daniel Simon Fahrzeuge jeglicher Art – ob Raumschiffe, Autos oder Motorräder – für Hollywood-Filme zu entwickeln. Hier muss man auch nicht mit den Ingenieuren über die Konstruktionsweise diskutieren (lacht), sondern man hat nur Spass, verrückte Science-Fiction-Ideen auszuleben.

Progressives Design ist ein zentraler Bestandteil der Unternehmensphilosophie von Automobili Pininfarina, das im Jahr 2055 sein 125-jähriges Bestehen feiern wird. Ein Blick in die Zukunft: Wie wird das Jubiläumsauto im Jahr 2055 aussehen?
Im Zeitalter der Elektrifizierung wird es interessant sein zu sehen, wie weit man gehen kann, aber das Jubiläumsauto wird definitiv ungeheuer schön sein.

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